Die von Donald Trump begonnene und vom jetzigen Präsidenten Joe Biden übernommene US-Handelspolitik erhöht einer Studie zufolge die Unsicherheit an den Finanzmärkten - für Deutschland könnte sie gefährlich werden.
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Die Börsen haben auf Zollerhöhungen für Importe und andere restriktive Maßnahmen der Trump-Regierung ab bis zu 100 Handelstage signifikant negativ reagiert. Das geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hervor.
"Nach neuen handelspolitischen Ankündigungen der US-Regierung gaben die Aktien- und Anleihemärkte deutlich nach", sagte Studienautor Malte Rieth. "Nur der Dollar wertet als sicherer Hafen auf, was aber dem US-Export nicht förderlich ist." US-Produkte werden dadurch im Ausland teurer. Auch die Anleiherenditen seien gesunken, da eine Wachstumsabschwächung befürchtet werde.
Doppelter Schaden für US-Wirtschaft
Vor allem die Aktienkurse von in China engagierten US-Firmen wurden durch die Restriktionen beeinträchtigt, zeigt ein für diese Auswertung zusammengestellter Index. Ihre Börsenwerte gaben demnach nach neuen Ankündigungen von Zollerhöhungen im Schnitt um ein Prozent nach.
Nur wenige US-Branchen wie die exportunabhängigen Versorger oder Immobilienunternehmen ließ die protektionistische Handelspolitik weitestgehend unbeeindruckt.
Die übrigen neun US-Branchen mussten aber signifikante Kurseinbußen hinnehmen - insbesondere der Technologiesektor und die Industrie. Chinas Vergeltungsmaßnahmen wirken zusätzlich negativ, wodurch die US-Realwirtschaft doppelt getroffen werde.
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US-Protektionismus gilt auch für US-Industrie
Die US-Maßnahmen gegen China belasteten auch die Aktienleitindizes sehr vieler US-Handelspartner, vor allem in Lateinamerika und Europa. Die neue US-Regierung von Biden behält die restriktive Handelspolitik bei und fährt vor allem gegen China einen harten Kurs.
Biden will die heimische Industrie mit einer Ausweitung des "Buy-American"-Programms unterstützen. Nach monatelangen Verhandlungen zwischen US-Behörden und -Unternehmen vor wenigen Tagen hatte er am Mittwoch neue Vorschriften vorgestellt, die Zulieferern mehr Bauteile aus amerikanischer Fertigung in deren Endprodukten vorschreiben. In einem ersten Schritt soll der Mindestanteil demnach von jetzt 55 auf 60 Prozent steigen und bis 2029 schließlich 75 Prozent erreichen.
USA sind wichtigster deutscher Exportmarkt
Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) befürchtet dadurch negative Effekte. "Eine weitere Verschärfung der Buy-American-Regeln in den USA kann gerade für die hoch internationalisierte deutsche Wirtschaft negative Auswirkungen haben", sagte Ilja Nothnagel, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung. "Die USA sind ein wichtiger Auslandsmarkt für deutsche Unternehmen, auch im öffentlichen Beschaffungsbereich."
Bereits die bestehenden Lokalisierungspflichten bei öffentlichen US-Aufträgen machten es der deutschen Wirtschaft nicht leicht, sich an solchen Aufträgen zu beteiligen. Die Exporte deutscher Betriebe in die USA beliefen sich 2020 auf 103,8 Milliarden Euro, was das Land zum wichtigsten deutschen Exportmarkt und drittgrößten Handelspartner macht. Der US-Beschaffungsmarkt beläuft sich auf rund zwei Billionen Euro.
dk/hb (rtr)
"Strafe" und "Vergeltung" durch Importzölle
Die USA und China steuern auf einen Handelskrieg zu. Am Freitag treten US-Strafzölle auf chinesische Importe im Umfang von 34 Milliarden Dollar in Kraft, ebenso Chinas Vergeltungszölle. Wie kam es dazu?
Bild: picture-alliance/Minneapolis Star Tribune
US-Handelsbauftragter auf Anti-China-Kurs
Anfang 2017, kurz nach dem Amtseintritt von US-Präsident Trump, kündigte der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer an, Untersuchungen gegen unfaire Handelspraktiken Chinas einzuleiten. Die rechtliche Grundlage ist Paragraf 301 eines Handelsgesetzes von 1974, nach dem der Präsident ohne Zustimmung des Kongresses und auf unbestimmte Dauer Strafzölle erheben darf.
Bild: Reuters/K. Lamarque
China schickt Wirtschaftsstrategen Liu He
Liu He, engster wirtschaftspolitischer Berater von Staatspräsident Xi Jinping, besuchte im März die USA, noch bevor er zum Vizepremier berufen wurde. In Washington besprache Liu mit US-Finanzminister Mnuchin und Handelsbeauftragtem Lighthizer die "Zusammenarbeit in den Bereichen der Wirtschaft und des Handels". Seine Mission: Eine Eskalation zu vermeiden.
Bild: Reuters/J. Lee
Trump meint es ernst
Am 22. März 2018 unterschreibt US-Präsident Trump ein Dekret: Chinesische Importe im Wert von etwa 60 Milliarden US-Dollar sollen mit Strafzöllen belegt werden. Trump wirft China unter anderem den Diebstahl geistigen Eigentums vor. Er sagt, man sei mit China in Verhandlungen, schreite aber in der Zwischenzeit voran.
Bild: Reuters/J. Ernst
Sojabohnen schweinisch teuer
Chinas Handelsministerium reagiert mit Ankündigungen von Strafzöllen auf 106 US-Waren im Volumen von zunächst drei, später 50 Milliarden US-Dollar. Wie die USA erheben die Chinesen Strafabgaben von 25 Prozent. Betroffen sind Sojabohnen, Rindfleisch und Whiskey, die aus jenen Regionen kommen, wo es besonders viele Wähler von Donald Trump gibt.
Bild: picture-alliance/dpa
Ein bisschen Marktöffnung
China will Einfuhrzölle auf Autos senken und den Schutz von Urheberrechten verbessern, kündigt Chinas Präsident Xi auf einem Wirtschaftsforum in Hainan im April an. Auch die Obergrenze für ausländische Beteiligungen bei Gemeinschaftsunternehmen im Kfz-Sektor wird abgebaut. Ein Entgegenkommen gegenüber den USA? Nein, sagt das Handelsministerium in Peking.
Bild: picture-alliance/Xinhua/Li Xueren
USA bringen ZTE zum Wanken
Am 16. April 2018 verhängen die USA ein Embargo gegen den chinesischen Handyhersteller und Netzwerkausrüster ZTE. Der Grund: Verschwiegene Geschäfte mit dem Iran und Nordkorea trotz Verstoßes gegen US-Sanktionen. ZTE kann ohne die Belieferung mit entscheidenden US-Komponenten wie Mikroprozessoren nicht überleben.
Bild: Getty Images/AFP/L. Gene
Handelspolitik zum schwindelig werden
Mit einem Tweet verkündet Trump vier Wochen später die Kehrtwende. Das Embargo wird aufgehoben, gegen ein Bußgeld von 1,7 Milliarden Dollar kann ZTE den normalen Betrieb fortsetzen.Kurz danach erzielt Trumps Tochter Ivanka einen wirtschaftlichen Erfolg in China: Ihr werden sieben neue Markenrechte für ihre Modemarke "Ivanka Trump" zugesprochen.
Bild: Getty Images/AFP/L. Gene
Angebot Chinas - oder doch nicht?
Im Mai besucht Vizepremier Liu He noch einmal die USA. Er soll den Abbau von jährlich 200 Milliarden Dollar US-Handelsüberschuss angeboten haben, heißt es aus Verhandlungskreisen. Damit würde China im Handelsstreit auf Trump zugehen. Das chinesische Außenministerium jedoch dementiert: "Fake news!"
Bild: picture-alliance/Xinhua News Agency
"Take that"
Am 29. Mai kündigt das Weiße Haus an, eine Liste der betroffenen Waren im Gegenwert von 50 Milliarden US-Dollar bekannt zu geben, die mit 25 Prozent Strafzöllen belegt werden sollen. Die USA wollen außerdem den Technologietransfer einschränken wie bestimmte chinesische Investitionen. Pekings Außenministerium wiederholt seine Position: "China will keinen Handelskrieg, scheut ihn aber nicht."
Bild: picture-alliance/MediaPunch/CNP/C. Kleponis
Angebot reicht nicht
Am 6. Juni treffen sich US-Handelsminister Wilbur Ross und Chinas Vizepremier Liu in Peking zusammen. China bietet den USA weitere 70 Milliarden Dollar US-Importe an, berichtet die Agentur Reuters. Dazu gehören Agrarprodukte und einige Industriegüter. Als Gegenleistung wird der Verzicht auf Strafzölle erwartet. China hat einen Handelsüberschuss von 375 Milliarden Dollar mit den USA.
Bild: Reuters
Esst mehr Obst aus heimischem Anbau
Am 15.6. kündigen die USA an, Strafzölle ab Freitag (6.7.) für 818 Waren vorerst im Wert von 34 Milliarden Dollar einzuführen. Einen Tag später stellt Peking seine Liste mit Sojabohnen und Obst vor, die ebenfalls Wert von 34 Milliarden hat.