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Das große Missverständnis

Klaus Esterluss
19. Februar 2018

Denken wir an den Wolf, denken die meisten an das Tier, das Rotkäppchen gefressen hat und des Nachts den Mond anheult. Stimmt aber nicht, zumindest das mit dem Mond. Unser Phänomen der Woche.

Ein Wolf hat den Kopf in den Nacken geworfen, im Hintergrund der Mond
Bild: Imago/Anka Agency International/G. Lacz

Gehen wir mal für einen Moment in uns und denken an Wölfe. Woran denken wir zuerst? Märchen sicherlich, Wald, dunkle Nacht, böser Schafräuber, funkelnde Augen, oder? Sehr wahrscheinlich haben viele von uns auch dieses eine Bild im Kopf: Der scharf abgesetzte Schatten eines Wolfs ist darauf zu sehen, er hat den Kopf in den Nacken geworfen und klagt (oder heult) den Mond an, der kühl und blau, riesengroß hinter ihm zu sehen ist.

Seit Hunderten von Jahren ist die Figur des Wolfs ein Begleiter des Menschen. In Fabeln oder Märchen ist er oft stark, rücksichtslos, bösartig und ziemlich dumm. Er wird vom Jäger übertölpelt, von einem Zicklein und seiner Mutter, vom Fuchs. Und auch ein modernerer Wolf ist nicht wirklich ein friedlicher, freundlicher Zeitgenosse. Haben Sie eventuell mal Michael Jacksons Video zum Song "Thriller" gesehen? Da heult auch einer wild und laut, ist sogar ein Werwolf, im Prinzip also noch gemeiner und unberechenbarer.

Warum ist das so?

Kurz gesagt: Nein, der Wolf steht nicht nachts auf einem Hügel, um den Mond anzuheulen.

Oder nicht direkt, lautet die kurze und ganz allgemeine Antwort. Die Geschichte mit der Nacht stimmt allerdings. Denn Wölfe sind nachtaktiv, man hört sie also durchaus heulen, wenn andere schlafen. Auch wahr ist, dass Wölfe den Kopf in den Nacken legen. Dadurch erzeugen sie einfach einen lauteren Ruf, sie können sich über weitere Distanzen verständigen, sagt Lucas Ende, der beimWolfprojekt des NABU arbeitet.

Sind Wölfe demnach nachts unterwegs, liegen mitunter größere Distanzen zwischen den einzelnen Tieres eines Rudels, Lautstärke ist notwendig. In Europa besetzt ein Rudel ein Revier von 200-300 Quadratkilometern Größe. Viel Platz für eine überschaubare Gruppe, die "aus einem Elternpaar, Welpen des aktuellen Jahrgangs und noch nicht abgewanderten Jungtieren aus dem Vorjahr" besteht, erklärt Ende.

Niedlich und missverstanden - Wölfe sind zwar nicht vom Aussterben bedroht, aber ihr Bestand ist nicht überall stabilBild: Imago/blickwinkel/H. Pieper

Mit dem Mond hat das Ganze nichts zu tun. Wölfe heulen oder vielmehr: rufen, auch in anderen Nächten. Allerdings nicht nur.

"Wölfe kommunizieren vorrangig non-verbal mit Hilfe von Ohrenhaltung, Gesichtsausdruck und Körpersprache", sagt der Forscher. "Je nach Lebensphase, in der sich ein Wolf befindet, ist er Familientier oder Einzelwolf."

Und als solcher ist er nicht leicht zu finden, denn Menschen geht Isegrim weitgehend aus dem Weg. Unter anderem in Deutschland gelten die Tiere derzeit als gefährdet. 2017 gab es 140 bis 160 erwachsene, fortpflanzungsfähige Tiere im Land. Das gilt noch nicht als "eine gesicherte Bestandsgröße", so Ende. Global gesehen ist das Bild etwas positiver, denn Wölfe gibt es in vielen Teilen der Welt.

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