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Deutscher Cannabisanbau wird vertagt

28. März 2018

2019 sollte erstmals medizinisches Cannabis in Deutschland geerntet werden. Doch daraus wird jetzt erstmal nichts. Ein herber Schlag für einige Unternehmen und viele Patienten. Nicolas Martin aus Düsseldorf.

Cannabis - illegaler Anbau - Symbolbild
Bild: picture alliance/dpa/O. Berg

Für Hendrik Knopp stand viel auf dem Spiel. Ein Jahr hat der Deutschland-Chef von Nuuvera an der staatlichen Ausschreibung zum Anbau von Cannabis gearbeitet und viel Geld investiert. "Wir sind enttäuscht, dass die Arbeit jetzt erst mal umsonst war".

Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf stoppte nun eine Ausschreibung für den Anbau und die Lieferung von zunächst 6,6 Tonnen Cannabis. Es untersagte dem ausschreibenden Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), einen Zuschlag zu erteilen.

Anbauziele können nicht mehr erreicht werden

Die Richter gaben damit einem Kläger recht. Dieser hatte moniert, dass eine Frist zur Nachbesserung des Angebots zu knapp bemessen war. "Es ist traurig, dass es nun an dieser Formalie scheitert", so Knopp.

Für das BfArM ist das Urteil eine herbe Schlappe. Die Ausschreibung läuft bereits seit einem Jahr. Knapp 120 Unternehmen hatten sich beworben. Zehn davon waren aufgefordert, ein letztes Angebot einzureichen. Die erste Ernte im Auftrag des Staates war für 2019 geplant.

Dieses Ziel könne nun nicht mehr erreicht werden, teilte das BfArM auf DW-Anfrage mit. Man werden nun zunächst die Beschlussbegründung des Senats prüfen und anschließend die notwendigen Entscheidungen treffen, "um schnellstmöglich ein neues Ausschreibungsverfahren starten zu können".

"Bei einer Neuausschreibung gehen wir von bis zu einem weiteren Jahr aus", kommentiert der 47-jährige Knopp das Urteil. Die Entscheidung hatte sich bereits während der Verhandlung abgezeichnet. So appellierte die für das BfArM anwesende Richterin mehrmals an den Vergabesenat, die Versorgungssicherheit der Patienten in das Urteil einzubeziehen.

Hendrik Knopp, Deutschland-Chef von Nuuvera, ist "enttäuscht, dass die Arbeit jetzt erst mal umsonst war".Bild: DW/N. Martin

Steigende Nachfrage und Lieferengpässe

Seit März 2017 übernehmen die Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für medizinisches Cannabis bei schwerkranken Menschen. Die Zahlen seien von Quartal zu Quartal steigend, heißt es bei der Bundesapothekenkammer. Offizielle Zahlen gibt es nicht. Die Schätzungen schwanken zwischen 12.000 und 30.000 Patienten. Damit liegt die Nachfrage deutlich über den Erwartungen der Bundesregierung: Die war bei der gesetzlichen Einführung von Cannabis als Medizin vor einem Jahr noch von knapp 700 neuen Patienten jährlich ausgegangen.

Bisher wird der Bedarf über Importe aus den Niederlanden und zunehmend auch aus Kanada gedeckt. Doch Patienten und Apotheken haben in der Vergangenheit immer wieder über Lieferengpässe geklagt. Der Anbau in Deutschland sollte diese Versorgungslücke schließen. "Tatsächlich sind die Patienten die größten Verlierer dieses Ergebnisses", kommentiert Knopp.

Prestige und viel Geld

Der Unternehmer fährt zweigleisig. So baut sein Nuuvera derzeit ein Betäubungsmittellager in Deutschland. Dort soll schon bald kanadisches Cannabis gelagert und an Apotheken verteilt werden. Nuuvera gehört seit Kurzem einer kanadischen Firma, die nach eigenen Angaben bereits 40.000 Patienten mit medizinischem Cannabis versorgt. Gerade in Kanada und den USA steckt in dem noch jungen Markt viel Geld. So erwirtschafteten Unternehmen - in den US-Bundesstaaten, in denen Cannabis als Medizin verkauft wird - im Jahr 2017 knapp acht Milliarden Dollar.

Deutschland ist von solchen Umsätzen noch weit entfernt. Dennoch sei es das erste Land in Europa, das überhaupt den Anbau auf diesem Niveau ausschreibe. "Das ist ein Leuchtturmprojekt", so Knopp. "Jeder, der es hier schafft, kann zeigen, dass er in extrem hoher Qualität anbauen kann - es geht auch um Prestige."

Wie schwierig das ist, hat das Urteil des Oberlandesgerichts gezeigt. Für alle Firmen, die nicht im Finale der Ausschreibung landeten, könnten sich nun die Türen wieder öffnen. Für den Cannabis-Unternehmer Hendrik Knopp heißt es nun wohl einmal mehr: Anträge schreiben und Gutachten einholen. "Falls es sein muss, dann bewerben wir uns natürlich erneut. Dabei wird uns die ganze Vorarbeit hoffentlich eine gute Ausgangsposition verschaffen."

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