Linkspartei in der Bredouille
4. April 2014Zu den Grundüberzeugungen der Linkspartei gehört, Auslandseinsätze der Bundeswehr abzulehnen. Nun aber will die Bundesregierung ein Kriegsschiff samt 300 Soldaten entsenden, um das US-Schiff "Cape Ray" zu beschützen, das Chemiewaffen aus Syrien hydrolysiert, also mit Hilfe von Wasser entschärft. Diese multinationale UN-Mission an sich ist weit davon entfernt, ein militärisches Unterfangen zu sein. Schließlich geht es darum, Massenvernichtungswaffen zu vernichten. Das weiß auch die Linke. Trotzdem zeigte sie sich am Freitag (04.04.2014) im Bundestag abweisend.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sagte in der Debatte, sie hoffe, dass das ganze Haus für das Mandat stimme. Wer bei Abrüstung glaubwürdig sein wolle, dürfe sich der Mission nicht verschließen, so von der Leyen zu den Abgeordneten auf der linken Seite des Plenarsaals. Allein wegen des "potenziellen Einsatzes von Verteidigungsmaßnahmen" hält die Bundesregierung ein Bundestagsmandat für erforderlich.
"Lächerlicher Eiertanz"
Sie sei "skeptisch", sagte die Linken-Politikerin Christine Buchholz im Bundestag. Denn ursprünglich sei doch nur von einem Einsatz im Mittelmeer die Rede gewesen - nun aber im Nordatlantik und den angrenzenden Seegebieten. Außerdem würde die "Cape Ray" doch bereits von anderen US-Schiffen geschützt. Der deutsche Einsatz habe daher wohl nur eine militärisch symbolische Funktion, vermutete Buchholz: Die noch immer skeptische Bevölkerung solle an mehr Auslandseinsätze der Bundeswehr und damit an Deutschland neue außenpolitische Strategie gewöhnt werden.
Reinhard Brandl von der CSU antwortete mit den Worten, dieser "Eiertanz" sei lächerlich - wie "blind doch Ideologie" mache könne. Das größere Einsatzgebiet sei allein der Tatsache geschuldet, der "Cape Ray" zu ermöglichen, schlechtem Wetter auf See auszuweichen.
"Erziehungsversuch am falschen Objekt"
Doch auch aus der anderen Oppositionsfraktion im Bundestag, den Grünen, kamen Fragen. Die Vernichtung der Chemiewaffen war ursprünglich als gemeinsame Aktion von Nato und Russland geplant. Im Zuge der Krim-Krise hat die Nato dann Russland von der Beteiligung ausgeschlossen. Das sei ein "Erziehungsversuch am falschen Objekt", sagte Christian Ströbele von den Grünen.
Parteikollegin Agnieszka Brugger brachte noch einen anderen Punkt zur Sprache. Es sei erschreckend, dass sich die Bundesregierung weigere, die Namen der 50 deutschen Firmen herauszugeben, die zum Beispiel mit Pumpen und Steuerungsanlagen von 1982 bis 1993 am Aufbau des syrischen Chemiewaffenarsenals beteiligt gewesen sein sollen. Die Rüstungsexportkontrolle sollte dahingehend verschärft werden, "dass deutsche Unternehmen mit einem solchen Programm kein Geld mehr verdienen können". Und selbst zu Beginn des Bürgerkriegs habe Deutschland 2011 noch so genannte Dual-Use-Chemikalien an Syrien geliefert, an sich harmlose Chemikalien, mit denen aber auch Chemiewaffen herstellbar sind. "Wir fordern, die Ausfuhr und Kontrolle dieser Stoffe national und international zu verschärfen", so Brugger.
Endstation Munster
Bereits in der kommenden Woche soll der Einsatz im Bundestag beschlossen werden. Eine große Mehrheit dafür ist sicher. Auch die Grünen bekundeten schließlich ihre Zustimmung. Wie die Linken letzlich abstimmen werden, bleibt offen. Die Fraktion diskutiere noch kontrovers, sagte Buchholz in ihrer Rede im Bundestag.
Einig zeigten sich die Vertreter alle Bundestagsparteien bei der Bewertung des zweiten deutschen Beitrags zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen. Die nach der Hydrolyse entstandenen verwässerten Chemikalien sollen im niedersächsischen Munster verbrannt werden. So könnten dort von der "Gesellschaft zur Entsorgung von chemischen Kampfstoffen und Rüstungsaltlasten" 370 Tonnen Senfgashydrolysat vernichtet werden. Die Operation beginne frühestens Mitte April, sagte Vizeregierungssprecher Georg Streiter in Berlin.