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Politik

CDU gibt Weg frei für AKK und GroKo

Kay-Alexander Scholz
26. Februar 2018

CDU-Parteitage können dröge sein - dieser war es nicht. In Berlin wurde kontrovers diskutiert. Trotzdem bewiesen die Christdemokraten ihr Gespür für politische Verantwortung.

Deutschland Annegret Kramp-Karrenbauer ist neue Generalsekretärin der CDU
Zwischen die beiden passt kein Blatt Papier: Angela Merkel gratuliert Annegret Kramp-Karrenbauer, kurz AKKBild: Reuters/H. Hanschke

Trotz aller Kritik stimmte der Parteitag den beiden zentralen Punkten mit großer Mehrheit zu. Alle bis auf 27 der insgesamt 975 Stimmberechtigten votierten für den Koalitionsvertrag. Über die Auswahl der Minister wurde dabei nicht abgestimmt, weil das allein in der Hoheit der Kanzlerin und Parteivorsitzenden liegt.

Der Personalie Annegret Kramp-Karrenbauer, also der Wahl zu einer neuen Generalsekretärin für die Partei, stimmte der Parteitag mit 98,87 Prozent zu. Es gab nur neun Gegenstimmen. Dieses Ergebnis ist auch historisch außerordentlich gut. Die Kandidatin hatte sich aber zuvor auch gekonnt ins Zeug gelegt.

"Der Star ist die Mannschaft"

In einer engagierten und mitreißenden Bewerbungsrede hatte es AKK, wie Annegret Kramp-Karrenbauer wegen ihrer Initialen oft genannt wird, zuvor abgelehnt, die Partei inhaltlich zu verengen - so wie es manche in der CDU fordern, die eine stärkere konservative Ausrichtung wünschen. Es müsse darum gehen, "alle Menschen in die Mitte zu nehmen und alle Wurzeln zu bespielen". Das sind in der CDU neben der konservativen, auch die liberalen und christlich-sozialen Wurzeln.

Keine Überraschung: Auch Angela Merkel stimmt für den KoalitionsvertragBild: Reuters/F. Bensch

Sie kündigte an, einen breiten Diskussionsprozess starten zu wollen und als erstes den Bürgern zuhören zu wollen. Als Vorbild für die CDU nannte sie am Ende der Rede die Eishockey-Olympiamannschaft, die gerade überraschend eine Silbermedaille gewonnen hatte. Deren Motto sei gewesen: Der Star ist die Mannschaft! Das müsse nun auch für die CDU gelten. Am Ende gab es tosenden Applaus. Selbst Merkel auf dem Podium freute sich sichtbar und klatschte heftig. AKK, ihr Vorschlag, hat die erste Bewährungsprobe gemeistert.

Verhaltene Stimmung

Dabei sah die Stimmung anfangs noch ganz anders aus. Merkel hatte in ihrer rund einstündigen Rede aber auch wenig unternommen, um den Saal "zum Kochen" zu bringen. Nun ist Angela Merkel generell nicht als große Rhetorikerin bekannt, aber ihre Rede auf dem 30. Parteitag der CDU mit 1000 Delegierten in Berlin blieb nüchtern. Obwohl es doch, wie Merkel sagte, um einen "neuen Aufbruch und neue Dynamik für einen neuen Zusammenhalt" gehen soll.

Delegierte stimmen beim CDU-Parteitag in Berlin abBild: Reuters/H. Hanschke

Die Parteivorsitzende warb in weiten Teilen für Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag, den die CDU zusammen mit der bayerischen Schwesterpartei, der CSU, und den Sozialdemokraten (SPD) verhandelt hat. Vor allem für die Bereiche Familie, Bildung, Renten, Sicherheit und Integration stellte Merkel gute Verhandlungsergebnisse heraus. So werde die Integrationsbeauftragte im Kanzleramt nun wieder von der CDU und nicht mehr von der SPD gestellt. Nun müsse gelten: "keine falsch verstandene Toleranz, aber auch keine populistische Hetze". Gegen "Hass und wüste Beschimpfungen" kündigte Merkel "entschlossenen Widerstand" an. "Ausländerhass, Antisemitismus und extreme Gewalt von rechts oder links" seien nicht zu akzeptieren, sagte Merkel. Die CDU setze dagegen auf ein Deutschland, in dem Zusammenhalt im Fokus stehe, so wie es die vielen Ehrenamtlichen beweisen würden. Zur Konkurrenz durch die "Alternative für Deutschland" (AfD) sagt Merkel dann direkt, das sei "eine völlig neue Herausforderung".

Prof. Karl-Rudolf KorteBild: picture-alliance/dpa

Wie raus aus dem Stimmungstief?

Derzeit hat die CDU in Deutschland bundesweite Zustimmungswerte um die 30 Prozent. Das ist nach eigener Vorstellung zu wenig. Denn eigentlich ist die CDU "40 plus" gewohnt. Geht es mit der CDU weiter nach unten, so wie bei der anderen Volkspartei in Deutschland, der SPD? Er mache sich da wenig Sorgen, sagt der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte am Rande des Parteitags. Weil die Partei "still und diszipliniert leide". Doch es gebe auch echte starke Signale. Vor allem die Ernennung der neuen Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sei ein solches Signal. Denn dass eine amtierende Ministerpräsidentin, Kramp-Karrenbauer stammt aus dem Saarland, nach Berlin wechsle, sei außerordentlich. Die anderen Parteien fiele es derzeit schwer, so Korte, Personal in die Hauptstadt zu holen.

Auch die Riege der neuen und vor allem jungen CDU-Ministerpräsidenten sei ein Zeichen. Merkel habe demonstriert, wie viel Macht sie - trotz gewisser Einbußen - noch immer habe. Allerdings, merkt Korte an, sei Verjüngung noch kein Garant für Erneuerung. Der "Youngster" Spahn habe schließlich schon viele Jahre als Berufspolitiker hinter sich.  

Ungewohnt kontroverse Diskussion

Doch so "still", wie Korte beschrieb, blieb das "Leiden" in der Partei nicht, sondern zeigte sich in offener Kritik. Sie war in rund der Hälfte der mehr als 50 Diskussionsbeiträge nach Merkels Rede zu hören.

Laut Werner Bahlsen vom CDU-Wirtschaftsrat könne das Präsidium des Wirtschaftsrates dem Koalitionsvertrag nicht zustimmen. Die Gründe: Eine Verteilungswirtschaft stehe zur sehr im Vordergrund, eine Vergemeinschaftung der Schulden in Europa drohe. Norbert Röttgen, ein von Merkel vor einigen Jahren geschasster Bundesminister, sagte, er vermisse eine Antwort auf die kollektive Schwäche der Volksparteien. Röttgen forderte, inhaltliche Orientierung zu geben. Außerdem gebe es große Baustellen, warnte er: Es brauche ein völlig neues Konzept für bislang gescheiterte Integration. Kritisch sehe er die angedachte "Bekämpfung von Fluchtursachen" in der Flüchtlingspolitik. Das werde schon seit 30 Jahren vergeblich versucht, warum soll es denn jetzt gelingen, fragte Röttgen.

Jung und recht dynamisch: Jens SpahnBild: Getty Images

Jens Spahn - der neue Hoffnungsträger der "Konservativen"?

Schon vor Beginn des Parteitags hatte am Eingang die Werteunion einen Stand aufgebaut und mit "No GroKo", also der Ablehnung des Koalitionsvertrages geworben. Die Werteunion, die sich "Freiheitlich-konservativer Aufbruch" nennt, ist ein vor rund einem Jahr gegründeter Dachverband konservativer Initiativen aus den Bundesländern. Sie lehnen den Kurs der Union unter Merkel ab. Von Spahn und seinem Konservativ-Image sehen sie sich - als "echte" Konservative - jedenfalls nicht vertreten. Schließlich sei er auch ein "Merkelianer", hieß es am Stand. Dennoch vertrete er richtige Positionen, die er hoffentlich aber nicht vergessen werde, wenn er als Gesundheitsminister erst mit am Kabinettstisch sitze.

Spahn äußerte sich in der Diskussion. Er kündigte an, die AfD überflüssig machen zu wollen und nicht mit ihnen zu koalieren. Zu den AfD-Funktionären brauche es "klare Abgrenzung". Es ginge darum, Vertrauen zurück zu gewinnen. Als Punkte hierfür nannte Spahn die Themen "kulturelle Sicherheit und Ordnung".

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