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Politik

Die belgische Region pokert weiter um CETA

Barbara Wesel
20. Oktober 2016

Vor der Sitzung beim EU Gipfeltreffen, wo eine Kuh namens "CETA "vom Eis geholt werden soll, blockiert die Wallonie weiter. Sie sieht noch nicht all ihre Forderungen erfüllt. In Brüssel reißt fast der Geduldsfaden.

Belgien Wallonisches Wappentier Hahn QUERFORMAT
Bild: DW/B. Wesel

Das Regierungsgebäude im Hauptstädtchen der Wallonie heißt "Elysette", was soviel wie kleiner Elysee-Palast bedeutet. Eine grandiose Übertreibung, wie überhaupt der Ort Namur keine Metropole ist. Dennoch schlägt der wallonische Hahn gewaltig mit den Flügeln und lässt sein Krähen europaweit hören: Am Tag vor der entscheidenden Sitzung beim EU-Gipfel in Brüssel, blockiert die belgische Region weiter das Freihandelsabkommen mit Kanada. Und Ministerpräsident Paul Magnette findet überhaupt nicht, dass er sich dafür entschuldigen muss. Die Nervosität in Brüssel steigt: am Abend wird ein weiteres Krisentreffen angesetzt.  

Wackelt hier der Schwanz mit dem Hund?

27einhalb EU-Länder, und zu denen gehört die belgische Provinz Flandern, haben Ceta inzwischen zugestimmt. Ob er sich jetzt wie Asterix gegen die Römer fühlt? "Es tut mir leid, dass unsere Region relativ klein ist. Trotzdem ist die Wallonie noch größer als sieben andere Mitgliedsstaaten der EU," betont Paul Magnette im Interview mit der DW. Und der junge Regierungschef scheint seinen Augenblick auf der internationalen Bühne zu genießen: "Dieses Abkommen wird für 500 Millionen Europäer und 35 Millionen Kanadier über einen langen Zeitraum gelten. Es soll ein Modell sein für weitere Verträge, die die EU für uns abschließen will. Deswegen ist es besser, wir nehmen uns Zeit und es wird schließlich ein sehr guter Deal".

Aber warum soviel Drama auf den letzten Metern bei einem Abkommen, über das bereits seit sieben Jahren verhandelt wird? Das sei nicht seine Schuld, erklärt Magnette, er habe schon im vorigen Jahr die EU-Kommission über seine Bedenken informiert. "Aber die hat erst am 5. Oktober mit mir geredet. Hätten wir früher angefangen, wären wir jetzt nicht so unter Druck". Und von Ultimaten hält er überhaupt nichts. Wenn der EU-Kanada-Gipfel nächste Woche seinetwegen nicht stattfinden kann - sei's drum.

Die Tür ist noch einen Spalt weit offen

Ministerpräsident Paul Magnette verteidigt seine unbeugsame Haltung Bild: DW/D. Pundy

Noch schließt der wallonische Ministerpräsident eine Einigung in letzter Sekunde nicht aus: "Heute liegt der Ball wirklich bei der Kommission. Ich habe ihr gestern so klar wie möglich unsere Probleme erklärt. Ich habe auch schon mit den Kanadiern gesprochen, die sehr offen waren, genauso wie bei Sigmar Gabriel, der ja auch in Ottawa war. Ich erwarte nun ein Dokument in den kommenden Stunden und auf dieser Basis werden wir entscheiden".

Nicht alle Wallonen sagen Nein

CETA scheint Haupt-Gesprächsthema in der Region. Jedenfalls haben Jung und Alt auf der Hauptstraße in Namur dazu eine Meinung: "TTIP und CETA, das ist doch alles das gleiche", sagt eine junge Frau, sie sei gegen die Globalisierung. Eine ältere Passantin im zotteligen Öko-Look ist der gleichen Meinung: "Ich bin für die Regionen, das ist nicht das Richtige mit dem Welthandel". Und ein junger Mann beim Einkaufen stimmt den beiden zu: "Die haben doch da drüben ihre eigenen Normen von Ethik und Ökologie - das ist für uns nicht gut, weil es unsere Standards senkt". Sie alle wollen den Versicherungen aus Brüssel und in den Medien nicht glauben, dass CETA  ein gutes Abkommen sei: "Ich lese das anders auf den Websites der NGO's", sagt die Globalisierungsgegnerin.

Nicht alle Wallonen wollen in Europa die Blockierer sein Bild: DW/D. Pundy

Aber nicht alle unterstützen die Blockadefront. Marinot bleibt kurz auf der Brücke über die Meuse stehen: "Ich finde es nicht demokratisch, dass eine kleine Region wie die Wallonie ganz Europa aufhalten kann. Was ist denn das für eine schräge Sache? Was sollen Frankreich, Deutschland oder Großbritannien von uns denken?" Und ein Anwohner, der seinen Hund ausführt, hält das Demokratie-Gerede für verfehlt: "Der kleine Bürger hat hier nichts zu sagen. Wir warten nur darauf, was die Regierung sagt. Und wir wären ja eigentlich für das Abkommen".

Die Bauern sind weiter das Hindernis

Freihandel nutzt nur den Großen, sagt Bauer Michel Doens Bild: DW/D. Pundy

Imker Jaques Marr auf dem Wochenmarkt ist CETA egal: "Ich bin so ein kleiner Landwirt, mich berührt das nicht. Aber meine größeren Nachbarn sind alle dagegen". Eine viertel Stunde außerhalb der Stadt liegt das kleine Dorf Bouge. Michel Doens betreibt da seinen Bilderbuch-Hof, mit Milchkühen und Futtermittel-Anbau. "Ich glaube, der Freihandel ist nicht gut für die Bauern, sondern nur für die Großbetriebe. Kann schon sein, dass die Wallonie jetzt in Europa isoliert ist, aber wir haben unsere guten Gründe". Weder er noch die Bauernverbände vertrauen den Garantien der EU-Kommission, dass europäische Standards, Umwelt- und Sozialnormen bei CETA gewahrt werden bleiben. Und wenn seine Regierung bis zum bitteren Ende Nein sagen sollte, dann findet Bauer Michel das ganz in Ordnung.   

 

 

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