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Politik

Libyens Schicksalsgeneral

Chase Winter glh
5. April 2019

Chalifa Haftars Geschichte liest sich wie eine US-Actionserie: Vom Gaddafi-Getreuen wurde er zum US-gestützten Gaddafi-Gegner. Der Anführer der Libyschen Nationalen Armee ist eine Schlüsselfigur für die Zukunft Libyens.

Khalifa Haftar
Chalifa Haftar bei einem Treffen in Italien im November 2018Bild: Getty Images/AFP/F. Monteforte

Der Mann, der zurzeit mit über Libyens Zukunft entscheidet, begann seine Karriere als Offizier der libyschen Armee. 1969 nahm er an dem Putsch teil, der König Idris verdrängte und Muammar al-Gadhafi an die Macht brachte. Er wurde zum Gaddafi-Unterstützer und kommandierte die libyschen Truppen im Tschad-Krieg, verstritt sich nach der Niederlage 1987 allerdings mit Gaddafi. Haftar wurde vom Tschad gefangen genommen, konnte um 1990 mit Hilfe der CIA aber ins Exil in die Vereinigten Staaten gehen.

Dort wurde er Teil einer von der CIA unterstützten Anti-Gaddafi-Opposition. In den Vororten Washingtons verbrachte er die nächsten zwei Jahrzehnte damit, eine Verschwörung zu planen, um den damaligen Machthaber Gaddafi zu stürzen und zu ermorden.

Während des von der NATO unterstützten Aufstands im Jahr 2011 kehrte Haftar nach Libyen zurück. Gaddafi wurde gestürzt und von Rebellen getötet. Haftar stellte sich an die Spitze der Allianz "Würde gegen islamistische Milizen" und wurde so zu einem der führenden Militärkommandanten des Landes.

Abstieg in den Bürgerkrieg

Kämpfer der LNA patroullieren in der libyschen Stadt SebhaBild: Getty Images/AFP/A. Doma

Im Frühjahr 2014 versuchte Haftar die Macht im Land an sich zu reißen. Er verkündete die Auflösung des damaligen - inzwischen nicht mehr bestehenden - Allgemeinen Nationalkongresses (GNC) im Fernsehen und forderte die Libyer auf, sich gegen den Nationalkongress zu erheben. So sollte der Weg für Neuwahlen geebnet werden.

Im Juni 2014 fanden Parlamentswahlen statt. Das antiislamistische Bündnis um Haftar gewann. Doch der Konflikt eskalierte und entwickelte sich zum nächsten Bürgerkrieg. Denn die islamistische Opposition wollte das Ergebnis nicht anerkennen. Harte Kämpfe zwischen den Islamisten auf der einen und den Haftar-treuen Kräften auf der anderen Seite führten schließlich dazu, dass das neu gewählte Repräsentantenhaus um Haftar aus Tripolis in die östliche Stadt Tobruk fliehen musste. In der Hauptstadt Tripolis wurde von den Islamisten ebenfalls eine Verwaltung aufgebaut.

Haftar gegen Al-Sarradsch

Die Ernennung Chalifa Haftars zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte Libyens (LNA) 2015 führte zu einer weiteren militärischen Eskalation im Land. Die UN starteten einen neuen Versuch, die beiden rivalisierenden Lager zusammenzubringen. Die sogenannte Einheitsregierung unter der Leitung von Fajis al-Sarradsch wurde eingerichtet. Seit Anfang 2016 regierte die international anerkannte Einheitsregierung in Tripolis, schafft es jedoch bis heute nicht, das Land zu kontrollieren.

Die LNA besteht aus ehemaligen Soldaten, Polizeibeamten und RebellengruppenBild: Getty Images/A. Doma

Ein Grund dafür: General Haftar und seine politischen Organe wollen die Regierung nicht anerkennen. Vermittlungsversuche durch die UN, die Golf-Staaten, Frankreich und Italien zwischen Haftar und Al-Sarradsch bleiben erfolglos, ein Ende des Bürgerkrieg ist nicht in Sicht. Die nächste Runde der jetzt anstehenden von den Vereinten Nationen unterstützten Gespräche zielt darauf ab, einen neuen Fahrplan für Parlaments- und Präsidentschaftswahlen zu entwickeln - um das Land endlich zu einen.

Doch Chalifa Haftar soll bereits genaue Vorstellungen davon haben, wie ein mögliches neues Abkommen aussehen soll. Er will die Führung der libyschen Armee übernehmen und seine LNA in diese integrieren, andere Quellen sprechen gar davon, dass er die Nachfolge des gestürzten Gaddafis antreten will.

Haftar und Al-Sarradsch hatten sich mehrfach zu Wahlen bekannt, zuletzt im Februar bei einem Treffen in Abu Dhabi. Die UN sprachen von einem Termin in diesem Jahr, ein konkretes Datum gibt es aber bisher nicht. Die Ankündigung Haftars, nun Tripolis militärisch zu erobern, löst international Besorgnis aus.

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