Im Viertelfinale der Champions League ist für den FC Bayern München gegen Manchester City Endstation. Das Rückspiel gegen Erling Haaland und Co. macht einmal mehr deutlich, dass den Münchenern ein echter Torjäger fehlt.
Bayern-Angreifer Leroy Sané und seine Sturmkollegen können das Aus nicht verhindernBild: Andreas Schaad/AP/picture alliance
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Das erste Ziel von Thomas Tuchel hat seine Mannschaft nicht umsetzen können: "Wir wollen die erste Halbzeit gewinnen", hatte der Trainer des FC Bayern vor dem Rückspiel im Viertelfinale der Champions League im DAZN-Interview gefordert. Nach der deutlichen 0:3-Pleite im Hinspiel vor einer Woche, wollte Tuchel gar nicht von einem "Wunder" sprechen, sondern die schier unmögliche Aufgabe stattdessen Schritt für Schritt angehen: mit einer Führung in die Halbzeit gehen, dann in den zweiten 45 Minuten nachlegen und den Drei-Tore-Rückstand nach und nach abknabbern. Beides misslang jedoch: Das Spiel endete 1:1, weil, wenn man es auf eine einfache Formel bringt, die Gäste einen Torjäger in ihren Reihen haben, der FC Bayern dagegen nicht.
Haaland macht vor, wie es geht
Dabei sah Tuchel einige gute Offensivaktionen seiner Mannschaft - allerdings nur bis zum gegnerischen Strafraum. Gefährliche Abschlüsse auf das Tor Manchester Citys gab es nur selten. "Ich glaube, wir hatten sie wieder am Haken, noch mehr, als wir sie schon in Manchester am Haken hatten", bewertete Tuchel die Leistung seiner Mannschaft nach dem Spiel am DAZN-Mikrofon positiv. "Aber wir haben in 180 Minuten wirklich gar nichts bekommen als Verstärkung und Mutmacher, um es dann wirklich umzudrehen. Wir haben überhaupt nichts an Spielglück gekriegt, in keiner Phase der beiden Matches."
Immer wieder fehlte beim letzten Pass die Präzision oder blieb der Torabschluss am Gegner, manchmal sogar am eigenen Mitspieler hängen. Auf der anderen Seite zeigte Erling Haaland, wie man es besser macht. Zwar hatte der Norweger nicht viele gute Aktionen, ein Tor gelang ihm trotzdem. Nachdem er in der ersten Halbzeit einen Handelfmeter noch über das von Yann Sommer gehütete Tor gedroschen hatte, nutzte er nach einer knappen Stunde seine zweite Möglichkeit eiskalt aus und schloss einen Konter ungehindert ab (57. Minute). Ungehindert, weil Bayern-Innenverteidiger Dayot Upamecano, der im Hinspiel total neben sich gestanden hatte, im entscheidenden Zweikampf ausrutschte und sich auf den Hosenboden setzte.
Manchesters Torjäger Erling Haaland (r.) brauchte nicht viele Chancen, um sein Tor zu machenBild: Matthias Schrader/AP/picture alliance
Dass den Bayern ein treffsicherer Mittelstürmer fehlt, war bereits vor dem Spiel ein Thema: Da gab sich Münchens Vorstandschef Oliver Kahn trotz der sportlichen Rückschläge "immer noch überzeugt von diesem Kader" und wollte den Vorwurf, in Sachen Mittelstürmer habe man die Kaderplanung verfehlt, nicht gelten lassen. "Ich glaube nicht, dass wir das verpasst haben", sagte er bei DAZN. Nach dem Abgang von Robert Lewandowski habe man sich natürlich umgeschaut. Allerdings: "Einen Top-Stürmer zu bekommen, da gibt es Einfacheres. Vor allem in welchem Preissegment es bei Top-Stürmern in Europa anfängt." Zugleich betonte Kahn, dass es Eric Maxim Choupo-Moting in der Mittelstürmer-Position bislang hervorragend gemacht habe. "Er hat in einer wichtigen Phase wichtige Tore erzielt", sagte Kahn. Nach dem Spiel wollte sich dann keiner der Bayern-Verantwortlichen mehr vor der Kamera äußern.
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Choupo-Moting außer Form, Mané und Müller nur Ersatz
Erfüllen konnte Choupo-Moting die in ihn gesetzten Erwartungen zuvor nicht. Seine treffsichere Phase liegt auch schon ein wenig in der Vergangenheit. Nach längerer Verletzungspause wirkte der Kameruner gegen Manchester noch nicht wieder einhundertprozentig fit - herausragenden offensiven Esprit versprühte er bis zu seiner Auswechslung in der 71. Minute jedenfalls nicht. Auf einen Einsatz von Sadio Mané in der Startelf hatte Tuchel verzichtet. Der Senegalese, der im Grunde seit seinem Wechsel vom FC Liverpool nach München seine Form sucht, wurde erst in der 64. Minute eingewechselt. Thomas Müller, früher die offensive Allzweckwaffe der Bayern, blieb sogar noch länger draußen. Fast schon bezeichnend, fiel der einzige Bayern-Treffer in 180 Viertelfinal-Minuten gegen Manchester City durch einen schmeichelhaften Handelfmeter - geschossen von Joshua Kimmich, einem Defensivspieler.
Als "Königstransfer" im Sommer gekommen - mittlerweile meistens Bankdrücker: Sadio ManéBild: Sebastian El-Saqqa/firo Sportphoto/picture alliance
Mit dem Ausscheiden in der Champions League ist für den FC Bayern auch die zweite von drei Titelchancen dahin. Zuvor war man bereits im DFB-Pokal-Viertelfinale am SC Freiburg gescheitert. Es bleibt somit "nur noch" die Meisterschaft, deren Gewinn angesichts der vielen Baustellen der Münchener aber auch kein Selbstläufer wird. Zwar haben die Bayern es bei zwei Punkten Vorsprung auf Borussia Dortmund selbst in der Hand. Sie müssen einfach nur alle restlichen Spiele gewinnen, dann sind sie zum elften Mal in Folge deutscher Meister. Aber um Spiele zu gewinnen, muss man ab und zu auch mal ein Tor schießen.
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FC Bayern München - Manchester City 1:1 (0:0) / Hinspiel: 0:3
Besondere Vorkommnisse: Erling Haaland (Manchester) schießt Handelfmeter über das Tor (37.), Bayern-Trainer Thomas Tuchel sieht die gelb-rote Karte (86.), Bayern-Co-Trainer Zsolt Löw sieht die rote Karte (87.)
Zuschauer: 75.000 (ausverkauft)
Die Top-Torjäger der Champions League
Nachdem mit Cristiano Ronaldo, Lionel Messi und Karim Benzema drei der Top-Torjäger der Champions League Europa verlassen haben, sind mit Thomas Müller und Robert Lewandowski zwei Stürmer der ewigen Top-Ten noch aktiv.
Bild: Ulrich Hufnagel/IMAGO
Zlatan Ibrahimovic - 48 Tore
Der schwedische Stürmer ist ein Wandervogel. Da überrascht es kaum, dass Zlatan Ibrahimovic seine insgesamt 48 Treffer in der Champions League für sechs verschiedene Vereine erzielt: Ajax Amsterdam (6), Juventus Turin (3), Inter Mailand (6), FC Barcelona (4), AC Mailand (9) und Paris St. Germain (20). Gewinnen kann er die Champions League aber nie.
Bild: Reuters
Andriy Shevchenko - 48 Tore
Der Ukrainer trifft - wie Ibrahimovic - in der Champions League 48-mal. Im Unterschied zum Schweden darf Shevchenko den "Henkelpott" aber einmal als Sieger in die Höhe stemmen: 2003 mit der AC Mailand. 29 Champions-League-Tore erzielt der Stürmer für Milan, 15 für Dynamo Kiew und vier für den FC Chelsea.
Bild: Sergey Dolzhenko/epa/dpa/picture-alliance
Alfredo di Stefano - 49 Tore
Elf Jahre lang spielt der argentinische Stürmer für Real Madrid. Die Champions League heißt damals noch Europapokal der Landesmeister. Fünfmal in Serie, von 1956 bis 1960, triumphieren die "Königlichen" in der Königsklasse - nicht zuletzt dank der 49 Tore Alfredo di Stefanos. Der Argentinier, der 2014 verstirbt, gehört damals zu den besten Spielern der Welt.
Bild: picture-alliance/dpa
Thierry Henry - 50 Tore
Ein halbes Hundert Treffer in der Champions League steuert der Stürmer aus Frankreich in seiner langen Karriere bei: für die AS Monaco (7), den FC Arsenal (35) und den FC Barcelona (8). Einmal - mit Barça - gewinnt der Weltmeister von 1998 auch die Trophäe. Am Stadion des FC Arsenal steht eine Bronzestatue Henrys. Der Franzose ist Rekordtorschütze der "Gunners".
Bild: augenklick/firo Sportphoto/picture alliance
Thomas Müller - 54 Tore*
Die Champions League und Thomas Müller, das scheint zu passen. Gleich bei seinem Debüt in der Königsklasse, beim 7:1 des FC Bayern gegen Sporting Lissabon im März 2009, erzielt der damals 19-Jährige den ersten seiner bislang 53 Champions-League-Treffer. Zweimal - 2013 und 2020 - gewinnt er mit den Münchenern die begehrte Trophäe. (*Stand 6. März 2024)
Bild: Andreas Gebert/REUTERS
Ruud van Nistelrooy - 56 Tore
Für drei Vereine trifft der niederländische Mittelstürmer Rutgerus Johannes Martinus van Nistelrooij, wie er eigentlich korrekt heißt, in der Champions League: erst für die PSV Eindhoven (8 Tore), dann für Manchester United (35) und schließlich auch für Real Madrid (13). Zu einem Champions-League-Titel reicht es für van Nistelrooy nicht, in drei Saisons wird er aber Torschützenkönig.
Bild: Martin Rickett/empics/picture alliance
Raúl Gonzalez Blanco - 71 Tore
Raúl ist bei Real Madrid eine Legende. Der langjährige Kapitän bestreitet für die "Königlichen" so viele Spiele wie kaum ein anderer Fußballer: allein 550 Partien in der spanischen Liga und 132 in der Champions League. Dreimal gewinnt er mit Real den Titel. Fünf seiner 71 Champions-League-Tore erzielt Raúl bei seinem zweijährigen Gastspiel für den FC Schalke 04.
Bild: Daniel Ochoa de Olza/AP/picture alliance
Karim Benzema - 90 Tore
Mit 18 Jahren gelingt dem Franzosen sein erstes Champions-League-Tor für Olympique Lyon. Von 2009 bis 2023 triumphiert Benzema mit den "Königlichen" aus Madrid fünfmal in der Königsklasse. Benzema spielt nach einem Fingerbruch im Januar 2019 stets mit Handbandage - ob aus Aberglaube oder medizinischer Notwendigkeit, bleibt Spekulation. 2023 verlässt er Europa in Richtung Saudi-Arabien.
Bild: Pierre-Philippe Marcou/AFP
Robert Lewandowski - 93 Tore*
Der Ex-Bayern-Torjäger ist Champions-League-Sieger (2020) und zweimaliger Weltfußballer (2020+2021). 2020 wird somit für ihn zu einem überragenden Jahr, zudem wird er auch noch Torschützenkönig der Champions League. In seiner Karriere trifft er für Borussia Dortmund, den FC Bayern und den FC Barcelona in der "Königsklasse". (*Stand 6. März 2024)
Bild: MATTHEW CHILDS/POOL/AFP
Lionel Messi - 129 Tore
Wenn der FC Barcelona sich zwischen 2004 und 2021 auf etwas verlassen kann, dann auf den Torinstinkt Lionel Messis. 120-mal trifft der Argentinier für die Katalanen in der Königsklasse, danach geht er zwei Saisons lang für PSG auf Torejagd. Sechsmal wird der achtfache Weltfußballer bester Torjäger der Champions League. Viermal holt er mit Barça den Henkelpott. Seit 2023 spielt er in den USA.
Bild: Sebastian Frej/imago images
Cristiano Ronaldo - 140 Tore
Sogar fünfmal gewinnt der Superstar aus Portugal die Champions League. Egal für wen er aufläuft, ob für Manchester United, Real Madrid oder Juventus Turin, Cristiano Ronaldo trifft zuverlässig. Souverän führt der fünfmalige Weltfußballer, der seine Karriere in Saudi-Arabien ausklingen lässt, die "ewige" Torjägerliste in Europas Königsklasse an.