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Cheerleader oder Chronisten?

Daniel Scheschkewitz3. März 2003

Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg erlaubt das amerikanische Verteidigungsministerium 500 Journalisten, die US-Truppen bei einem möglichen Irak-Krieg zu begleiten. Dies bedeutete für beide Seiten Chancen und Risiken.

Heikle Aufgabe: Kriegsberichterstatter im EinsatzBild: AP

Verteidigungsminister Donald Rumsfeld schlug die Hände über dem Kopf zusammen – 500 Journalisten bei der Truppe am Golf! Das gefiel ihm offenbar gar nicht. Doch es half nichts: Die Befürworter einer Politik der Transparenz hatten sich durchgesetzt. Mitte Februar 2003 bekamen die akkreditierten Journalisten ihren Marschbefehl aus dem Pentagon. Wird damit zum ersten mal seit den Tagen des Vietnamkriegs wieder eine freie und unzensierte Kriegsberichterstattung möglich? Zweifel sind angebracht.

Bryan Whitman, Staatssekretär im US-Verteidigungsministerium, erläutert die Regeln für Korrespondenten bei der Truppe. Bei der Informationsweitergabe müssten die Verantwortlichen natürlich darauf achten, dass weder der Erfolg der Operation, noch die Soldaten und Journalisten gefährdet werden. "Es kann Einschränkungen geben hinsichtlich der zeitlichen Wiedergabe der Berichte, abhängig von der jeweiligen Gefechtslage."

Zweifel an der Pressefreiheit

Die Entscheidung über das, was nach draußen gelangt, werde der jeweilige Truppenkommandeur treffen. Das kann, muss aber nicht funktionieren, meint CNN-Korrespondentin Barbara Starr. Sie glaubt, dass der "Lackmustest für eine freie Berichterstattung" dann kommen könnte, wenn die Dinge für die US-Truppen nicht gut laufen. Wenn sie versehentlich unter Beschuss aus den eigenen Reihen geraten, wenn es zivile Opfer gibt, oder wenn die Iraker in Bagdad in großem Umfang auf amerikanische Soldaten schießen. "Das wären Bilder, von denen die Bush-Regierung es nicht so gerne hätte, dass sie die amerikanische Öffentlichkeit zu sehen bekommt", so die Einschätzung der Journalistin. Dann könnten auch die Truppenbefehlshaber kalte Füße bekommen, zurückhaltend und vorsichtig werden im Umgang mit den Journalisten.

Reporter-Training vom Pentagon

Walter Cronkite, Peter Arnett, oder Bruce Morton. Dies sind in den USA bekannte Namen, die für unabhängige amerikanische Kriegsberichterstattung aus den Tagen des Vietnamkriegs stehen. Diesmal wurden die Kriegsberichterstatter vom Pentagon ausgewählt und in Trainingscamps gezielt auf ihren Einsatz vorbereitet - auch im Verhalten bei Angriffen mit biologischen oder chemischen Waffen.

Vietnamkriegs-Reporter Bernhard Shaw ist dagegen, dass Journalisten und Militärs eine Symbiose eingehen. Durch die Akkreditierung bei der Truppe, meint Shaw, würden Journalisten zu Geiseln des Miltärs. "Ich glaube nicht, dass Journalisten jemals wieder die gleiche Bewegungsfreiheit haben werden wie Peter Arnett oder der legendäre Bruce Morton in Vietnam." Seitdem habe sich das Verhältnis zwischen den Nachrichtenmedien und dem Pentagon verschlechtert. "Ich denke nicht, dass es jetzt besser wird", fügt Shaw hinzu.

Verschiedene Realitäten

Barbara Starr sieht noch ein ganz anderes Problem: die Wahrnehmungshaltung der amerikanischen Berichterstatter. Die Welt habe sich mit dem 11. September verändert, meint die Journalistin. Es gebe eine Wahrnehmung der Realität im arabischen Raum, die nichts mit der Realität zu tun habe, wie sie in den Vereinigten Staaten wahrgenommen wird. Die Berichterstatter müssten ihren Zuschauern und Lesern aber beide Realitäten so akkurat wie möglich schildern. Starr mahnt: "Wir dürfen auf keinen Fall zu 'Cheerleadern' Amerikas werden."

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