Chef der deutschen Asyl-Behörde tritt zurück
17. September 2015Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Manfred Schmidt, habe aus "persönlichen Gründen" darum gebeten, von seinen Aufgaben entbunden zu werden, teilte das Innenministerium mit. Innenminister Thomas de Maizière habe dieser Bitte entsprochen. Ein Nachfolger ist noch nicht bekannt. Schmidt war seit Dezember 2010 Präsident des BAMF in Nürnberg.
De Maizière äußerte sein Bedauern über die Entscheidung Schmidts. Dieser habe "hervorragende Arbeit geleistet", erklärte der Minister. Auch auf Grund von Schmidts "außergewöhnlichem Einsatz" seien in der aktuellen Flüchtlingskrise für das BAMF "Personal, Stellen und Haushaltsmittel in großem Umfang bereitgestellt worden".
Die Grünen sehen in dem Rücktritt ein Manöver zum Schutz des Innenministers. "Das ist ein Bauernopfer", sagt Grünen-Chefin Simone Peter der Nachrichtenagentur Reuters. Letztendlich trage de Maiziere die Verantwortung für die personelle Unterausstattung der Behörde.
Um die hohe Zahl von Asylanträgen zu bewältigen, hatte die Bundesregierung das BAMF in den vergangenen Monaten wiederholt personell verstärkt. Weitere erhebliche Aufstockungen sind geplant, auch durch Abordnungen vom Zoll und weiteren Behörden sowie durch die Reaktivierung von Beamten im Ruhestand. Trotzdem war aber im Laufe des Jahres der Rückstau unbearbeiteter Asylanträge nicht zurückgegangen, sondern weiter angewachsen.
Ein "Totalausfall"?
Seine Behörde war deshalb zuletzt immer stärker unter Druck geraten. So war Schmidt Anfang des Monats von der SPD scharf kritisiert worden. Nach einem Besuch Schmidts bei der Bundestagsfraktion hieß es aus SPD-Kreisen, es sei ziemlich erstaunlich, dass Innenminister de Maizière noch nicht erkannt habe, dass sein Spitzenbeamter Schmidt ein "Totalausfall" sei. Teilnehmer der Sitzung berichteten der Deutschen Presse-Agentur, Schmidt habe einen wenig überzeugenden Auftritt hingelegt. Minutenlang habe der BAMF-Chef ohne ein Wort der Selbstkritik versucht, die Fehleinschätzungen und Probleme in seiner Behörde zu rechtfertigen.
Das BAMF sah - trotz früher Warnungen aus den Ländern - über Monate das Anwachsen der Flüchtlingszahlen auf bis zu 800.000 Menschen nicht kommen. Derzeit sollen bei der Behörde über 250.000 unbearbeitete Asyl-Anträge auf Halde liegen. Die Bearbeitungszeit beträgt im Schnitt 5,4 Monate - in den Niederlanden sind es in vielen Fällen nur acht Tage.
Dem BAMF wird aber auch vorgeworfen, mit einen Tweet Ende August verantwortlich dafür zu sein, dass sich der Zustrom von Flüchtlingen massiv verstärkt hatte. Das BAMF hatte damals intern entschieden, syrische Asylbewerber, die in Ungarn registriert wurden und dennoch nach Deutschland weitergereist waren, vorerst nicht nach Ungarn zurück zu schicken. Dies war von vielen Flüchtlingen als Signal gewertet worden, dass man vor Abschiebung sicher sei, wenn man Deutschland erreicht hat.
stu/rb (dpa, rtr)