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Weniger abhängig von China?

24. Januar 2023

Einzelne Unternehmen sind besonders stark auf das China-Geschäft angewiesen. Aber wie groß ist die Abhängigkeit der deutschen Industrie insgesamt vom Reich der Mitte? Eine neue Studie liefert überraschende Antworten.

Pressebilder Firma Covestro Standort Dormagen
Produktion von Kosmetikrohstoffen bei Covestro in DormagenBild: Peter Ginter/Bayer MaterialScience AG

Während große deutsche Konzerne wie Volkswagen oder BASF schon jetzt stark auf ihr Geschäft in China angewiesen sind oder es noch weiter ausbauen wollen, kann das bei anderen Unternehmen schon ganz anders aussehen. Auch beim Blick auf die verschiedenen Branchen gibt es riesige Unterschiede, wenn es um die Abhängigkeit von Vorleistungen aus der Volksrepublik geht. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).

Die Kölner Ökonomen haben in ihrer "empirischen Bestandsaufnahme" die "Abhängigkeit einzelner Industriezweige von China" unter die Lupe genommen.

Überraschendes Ergebnis  

Der Blick auf die Abhängigkeit vom Reich der Mitte ist in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem durch die Situation bei einzelnen Unternehmen geprägt. Bei Chemiefirmen wie Covestro (Artikelbild) ist der Umsatzanteil Chinas von rund 20 Prozent besonders groß und bei Autobauern wie Volkswagen entfällt mehr als ein Drittel des Geschäfts auf China. Beim Technologieunternehmen Aixtron ist der Wert noch höher: Der Aachener Ausrüster für die Halbleiterindustrie erwirtschaftet in Taiwan und China mehr als die Hälfte seiner Umsätze.

VW-Store in ShanghaiBild: Xing Yun/Costfoto/picture alliance

Beim Blick auf die gesamte deutsche Industrie ist die Abhängigkeit vom Reich der Mitte aber viel geringer, haben die Kölner Ökonomen errechnet. Nur rund 6,6 Prozent aller ausländischen Vorleistungslieferungen kamen im Jahr 2020 im Industriedurchschnitt aus China. "Bezieht man alle inländischen Vorleistungen mit ein", so das überraschende Ergebnis der IW-Studie, "liegt der Anteil Chinas an allen in- und ausländischen Vorleistungslieferungen bei 2,2 Prozent im Industriedurchschnitt."

Japan und USA viel abhängiger

Viel stärker als die deutsche ist dagegen die Industrie Japans von Chinas abhängig. Beim ostasiatischen Nachbarn der Volksrepublik liegt der Anteil Chinas an allen ausländischen Vorleistungen bei fast 20 Prozent. "Russland (16,5 Prozent), die USA (13,9 Prozent) und Tschechien (11,8 Prozent) weisen unter den hier betrachteten elf Industrieländern ebenfalls zweistellige Anteile im Industriedurchschnitt auf", schreiben die IW-Studienautoren Berthold Busch, Jürgen Matthes, und Samina Sultan.

"Insgesamt ist China als Lieferant und Abnehmer von Vorleistungen für die deutsche Industrie im Durchschnitt zwar bedeutsam, aber nicht in einem überragenden Ausmaß", lautet ihr überraschendes Fazit.

Wie das Beispiel des Chip-Ausrüsters Aixtron zeigt, ist die Abhängigkeit von China in der Elektroindustrie besonders hoch. Je nach Unternehmen ist China dabei entweder als Lieferant oder als Absatzmarkt entscheidend für das Gesamtgeschäft. So hat der deutsche Halbleiterkonzern Infineon in den Jahren vor der Pandemie seinen Umsatzanteil in der Volksrepublik und Taiwan auf knapp 40 Prozent hochgeschraubt. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine und den anhaltenden militärischen Drohungen Pekings gegen Taiwan hat hier allerdings ein Umdenken stattgefunden und der Blick auf andere Lieferanten und Absatzmärkte für die deutsche Industrie ist in vollem Gange. 

Batteriezelle für Elektrobusse des chinesischen Herstellers CATL Bild: photo2000/imago images

Besonders abhängig bei Batterien und Seltenen Erden

Der Direktor der Internationalen Energieagentur (IEA), Fatih Birol befürchtet, dass Europa nach der Abkehr von russischen Rohstoffen jetzt in neue Abhängigkeiten geraten könnte. "Es war eine falsche Energiepolitik, bei einem strategisch so wichtigen Energieträger wie Gas so lange nur auf ein Land zu setzen", sagte er mit Blick auf Russland. "Wenn wir jetzt die erneuerbaren Energien anschauen, sehen wir ein ähnliches Bild": Rund 70 Prozent aller E-Auto-Batterien würden in China hergestellt. Europa müsse neue Lieferanten finden und selbst in die Förderung kritischer Mineralien einsteigen, forderte der Energie-Experte gegenüber dem Handelsblatt.

Auch bei Seltenen Erden ist Deutschland extrem abhängig von der Volksrepublik: zwei Drittel dieser begehrten Metalle kamen zuletzt aus dem Reich der Mitte. "Bei einigen der Seltenen Erden lag der Anteil der Importe aus Fernost noch deutlich höher", listet ein aktueller Bericht des Statistischen Bundesamtes auf. So wurden die Metalle Scandium und Yttrium zu 94,4 Prozent aus China importiert.

Thomas Kohlmann Redakteur mit Blick auf globale Finanzmärkte, Welthandel und aufstrebende Volkswirtschaften.
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