1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Auf der Suche nach Know-how

Jun Yan
26. November 2016

Die Regierung in Peking sucht deutsche Hilfe, um die Talfahrt des chinesischen Fußballs zu beenden. Vize-Ministerpräsidentin Liu Yandong besucht einen Bundesligisten.

Chinas Ministerpräsident Liu Yandong (r.) und Ex-Nationaltrainer Klaus Schlappnner (2.v.l.) beim Besuch in Köln. Foto: DW/Jun Yan
Chinas Ministerpräsident Liu Yandong (r.) und Ex-Nationaltrainer Klaus Schlappnner (2.v.l.) beim Besuch in KölnBild: DW/Jun Yan

Wenn die mächtigste Frau Chinas - Vize-Ministerpräsidentin Liu Yandong - bei ihrem Besuch im Vereinsheim des 1. FC Köln über den Traum des Staatspräsidenten Xi Jinping spricht, eines Tages den Fußball-WM-Pokal nach China zu holen, können weder sie noch die anwesenden Vertreter des chinesischen Fußballverbandes sich das Lachen verkneifen. "Was die chinesische Fußballnationalmannschaft momentan bietet, ist unter dem Niveau dessen, was sie leisten kann", klagt der ehemalige Trainer der chinesischen Fußballnationalmannschaft, Klaus Schlappner. "Der Chinese kann eigentlich Fußball spielen." Davon ist derzeit allerdings wenig zu sehen. Obwohl Fußball in China extrem populär ist, befindet sich das Nationalteam auf Talfahrt. Bei den Qualifikationsspielen für die WM 2018 in Russland konnte China weder gegen Iran, Südkorea, Usbekistan noch Katar gewinnen. Selbst gegen das vom Bürgerkrieg geplagte Land Syrien verlor die chinesische Nationalelf mit 0:1. Es hagelte Kritik in der Heimat.

Abkommen gleich mit Leben gefüllt

So kann es nicht weitergehen - darüber sind sich Präsident Xi Jinping und Vize-Ministerpräsidentin Liu Yandong, die unter anderem für die Förderung des Fußballs zuständig ist, einig. Xi hat Fußball zur Chefsache erklärt und Liu in das Land des Weltmeisters geschickt, auf der Suche nach Unterstützung und deutschem Know-how. Am Freitag wurden in Berlin zwei Kooperationsvereinbarungen zwischen dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) auf der einen sowie dem chinesischen Bildungsministerium und dem chinesischen Fußballverband auf der anderen Seite unterzeichnet. Ein Abkommen auf Regierungsebene soll darüber hinaus die Grundlage für die deutsch-chinesische Fußballkooperation schaffen. Am Samstag wurden die unterzeichneten Vereinbarungen bereits mit Leben gefüllt. Vizeministerpräsidentin Liu erhielt die Gelegenheit, sich mit Verantwortlichen des Bundesligisten 1. FC Köln auszutauschen und beim Training der Jugendmannschaft des Vereins zuzuschauen. Wenn in China darüber diskutiert wird, mit welchen Mitteln man Blamagen im Fußball künftig verhindern kann, fallen immer wieder die Begriffe "Talentförderung" und "Jugendarbeit".

Keine Einbahnstraße

Liu mit DFL-Präsident Reinhard Rauball Bild: DW/Jun Yan

Deutschland wird in den nächsten fünf Jahren Hilfestellung in verschiedensten Förderbereichen wie der Trainer-, Spieler- oder Schiedsrichterausbildung leisten. Die Arbeit von DFB und DFL gilt im Reich der Mitte als eine Art Blaupause für erfolgreiche Fußballstrukturen, davon will der chinesische Verband profitieren. Doch die deutsch-chinesische Fußballkooperation soll keineswegs eine Einbahnstraße werden. Für den deutschen Fußball ist der chinesische Markt mit seinem enormen Wachstum von großer Bedeutung. 

Laut einer Studie ist der deutsche Rekordmeister Bayern München der beliebteste Klub in den chinesischen digitalen Medien, die Bundesliga die populärste Liga. Die DFL schreibt demnächst die TV-Übertragungsrechte für China ab 2018 aus, mit politischer Unterstützung dürften die Gespräche einfacher werden.

Dass die Rettung des chinesischen Fußballs von oben herab verordnet wird und Staatsoberhaupt Xi dabei die treibende Kraft ist, hält DFL-Präsident Reinhard Rauball für unbedenklich: "Alles was gut ist für den Sport, unterstütze ich." Wenn Xi eine Entwicklung anstoße und Ideen habe, wie man den Fußball voranbringen könne, sei dies zu begrüßen, sagte Rauball: "Was ich aber ablehne, ist eine Einmischung in den Fußball."

50+1-Regel bremst Investoren

Bisher verzichtet Xi, der mächtigste Fußballfan Chinas, noch darauf, Druck auszuüben. Beobachter sind jedoch der Meinung, dass seine Vorliebe für Fußball eine wesentliche Rolle dabei gespielt haben dürfte, dass Superreiche aus China bei den europäischen Elitefußballklubs auf Einkaufstour gingen. So sicherte sich der Elektrokonzern Suning die Mehrheitsanteile am italienischen Traditionsverein Inter Mailand. Der chinesische Immobilien- und Unterhaltungsgigant Wanda stieg Ende 2015 mit 45 Millionen Euro beim spanischen Fußballklub Atlético Madrid ein. Weitere Übernahmen und Beteiligungsversuche durch chinesische Unternehmen sind bereits in der Pipeline. In einem autoritär regierten Land wie China sind die Beziehungen zu den obersten politischen Etagen umso wichtiger, je größer das Unternehmen ist.

DFL-Chef Rauball wies darauf hin, dass es Übernahmen von Mehrheitsanteilen an Bundesligisten durch chinesische Investoren wegen der so genannten "50+1"-Regel nicht geben könne. Fußball-Fan Xi Jinping muss also auf die "Gebermentalität" des deutschen Ligaverbandes zählen.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen
Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen