1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikAsien

China eskaliert - USA, Japan und Philippinen rücken zusammen

Nikka Valenzuela
10. April 2024

China lässt im Südchinesischen Meer die Muskeln spielen. Vor diesem Hintergrund wollen die USA, Japan und die Philippinen auf einem Gipfeltreffen in Washington eine neue Sicherheitsallianz für den Indopazifik schmieden.

Philippinen | Konfrontation im Südchinesischen Meer zwischen Chinesischer Küstenwache und  Philippinischem Versorgungsschiff beim Second Thomas Shoal
Umstrittene Seegebiete: Chinesisches Küstenwachschiff attackiert philippinisches Versorgungsschiff mit WasserwerfernBild: Aaron Favila/AP Photo/picture alliance

US-Präsident Joe Biden, Japans Premierminister Fumio Kishida und der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr. werden am Donnerstag (11.04.2024) in Washington zusammentreffen. Sie wollen dabei die Verteidigungs- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den drei Nationen stärken.

Obwohl es offiziell heißt, dass der Gipfel nicht gegen ein bestimmtes Land gerichtet sei, findet er inmitten der eskalierenden Spannungen mit China im Südchinesische Meer statt.

In den letzten Monaten war die chinesische Küstenwache wiederholt auf Kurs gegen philippinische Nachschubschiffe gegangen, die auf dem Weg zu Außenposten auf der umstrittenen Meeresuntiefe "Second Thomas-Shoal" waren. Die chinesischen Schiffe setzten dabei Wasserwerfer ein und kreuzten mit riskanten Manövern vor den philippinischen Schiffen auf mit dem Ziel, diese zu blockieren.

Der Außenposten auf der "Second Thomas Shoal" liegt in Gewässern, die sowohl von China als auch von den Philippinen beansprucht werden.

Auch Tokio sieht sich mit Marine-Aktionen Pekings konfrontiert und beschuldigt China, Bojen in der Nähe von Senkaku (Diaoyu auf Chinesisch) installiert zu haben, einer unbewohnten Inselkette im Ostchinesischen Meer, die Japan unter seiner Kontrolle hält.

Hier streckt Peking ebenfalls die Finger aus: die von Japan kontrollierte Inselgruppe Senkaku/Diaoyu vor der Küste Chinas

Vor diesem Hintergrund wollen Washington, Tokio und Manila auf dem Washingtoner Gipfel ein eigenes Sicherheitssystem schmieden, mit einer neuen Ausrichtung, in der die Führungsrolle Washingtons mehr in den Hintergrund treten könnte. Traditionell gelten die USA immer als Dreh- und Angelpunkt für ihre asiatischen Verbündeten. Obwohl die Philippinen und Japan strategische Partner sind, operierten sie bisher weitgehend in diesem US-zentrierten Rahmen, sagt Politikwissenschaftler Don McLain Gill, der auf den Philippinen lebt.

Eine neue Dreierkombination mit mehr Augenhöhe "steht für den wachsenden Wunsch in Manila und Tokio und auch in Washington, über traditionelle Modelle hinauszugehen, um die Zusammenarbeit weiter auf die Basis gemeinsamer Ziele zu stellen", sagte Gill im Gespräch mit der DW.

Manila und Tokio rücken zusammen

Denn das Koordinatensystem in Ostasien befindet sich im Wandel. Als der "stille Champion"  beschreibt Georgi Engelbrecht, Senior Analyst bei der International Crisis Group, die neue Rolle Tokios.

"Vielleicht begann es mit der Verschärfung des Senkaku-Konflikts. Es gipfelte aber in einer neuen Wahrnehmung für den Indopazifik", sagte er im Gespräch mit der DW. Südostasien würde nun als ein Gebiet betrachtet, das auf "verschiedene Weise unterstützt werden kann, um bestimmte Ideale, die dieser Teil der Welt teilt, weiter zu festigen."

Der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr. (links) zu Besuch bei Japans Premierminister Fumio Kishida am 17.12.2023Bild: Kyodo/picture alliance

Tokio hat kürzlich begonnen, die Sicherheitskooperation mit Manila zu vertiefen. Auf der Agenda steht dabei ein Militärpakt, der es beiden Ländern ermöglichen würde, Truppen für Übungen in das Partnerland zu entsenden. Erst diese Woche nahm Japan an einer gemeinsamen Seeübung im Westphilippinischen Meer teil - an der Seite der Vereinigten Staaten und Australiens.

Für Engelbrecht ist der trilaterale Gipfel daher keine Überraschung und zeigt das gemeinsame Interesse an engeren Beziehungen zwischen Japan und den Philippinen und einer wieder erstarkten Allianz mit den USA.

"Japan hat die Muskeln"

Nach dem trilateralen Gipfel könnten die USA somit eine Position an der Spitze eines Dreiecks einnehmen, mit Japan und den Philippinen an der Basis, wo beide eng zusammenarbeiten, sagte Carlyle Thayer, emeritierter Professor für Politik an der University of New South Wales in Australien.

Er verwies darauf, dass die Zusammenarbeit zwischen den drei Küstenwachen bereits laufe. Außerdem habe auch ein Treffen zwischen den nationalen Sicherheitsberatern der drei Länder stattgefunden.

Japans Unterstützung könnte auch die Machtverhältnisse im Streit zwischen China und den Philippinen verändern. Tokio erlebe "die gleiche Art von Schikanen" wie die Philippinen, sagte Thayer. Der Unterschied sei, dass Japans Streitkräfte über große, schwere Schiffe verfüge. "Ich werde Rugby als Metapher verwenden. Südostasien ist wie eine High-School-Mannschaft, die gegen die Profis spielt. Durch das schiere Gewicht wirst du zermürbt. Japan hat die Muskeln", fügte Thayer hinzu.

Gemeinsame Marineübung im Südchinesischen Meer mit den USA, Australien und JapanBild: Armed Forces of the Philippines/AP/dpa/picture alliance

Experten weisen darauf hin, dass der Gipfel zwar ein Treffen gleichgesinnter Nationen sei, die Philippinen aber in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung und die militärischen Fähigkeiten weit hinter Japan und den Vereinigten Staaten zurückbleiben.

Die Verteidigungsminister würden daher zwar die Feinabstimmung der Verteidigungskooperation vornehmen, meint Thayer. Die wirkliche Arbeit falle aber bei Wirtschaftsfragen an, weil Investitionen mehr Arbeitsplätze für Filipinos schaffen werden. „Eine starke Wirtschaft wird jeder Regierung helfen, die in den nächsten Jahren die Macht haben wird. Die Verlockung, dass China dafür Millionen zur Verfügung stellt, könnte wegfallen, wenn Japan und die USA den Einsatz erhöhen", ist Thayer überzeugt.

Wahlen könnten Pläne zunichtemachen

Bei dem Treffen zwischen Biden, Kishida und Marcos Jr. werde es daher um Themen wie inklusives Wirtschaftswachstum sowie Klimakooperation und die Förderung von Frieden und Stabilität in der Region gehen, sagte Karine Jean-Pierre, Pressesprecherin des Weißen Hauses.

Analysten sind der Meinung, dass auf dem Treffen wahrscheinlich Details über die Militärkooperation zwischen Japan und den Philippinen und die Bereitstellung japanischer Militärausrüstung zur Modernisierung der philippinischen Streitkräfte erörtert werden. Es wird zudem erwartet, dass auch Taiwan auf der Tagesordnung stehen wird. Um die in Pekings Sicht abtrünnige Provinz wächst jüngst das Potenzial einer militärischen Eskalation. Der chinakritische William Lai wird im Mai das Präsidialamt auf Taiwan übernehmen.

Experten warnen aber gleichzeitig davor zu erwarten, dass ein einziger Gipfel die Spannungen im Südchinesischen Meer lösen oder bewältigen werde. Gill wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Präsidialsysteme wie die Philippinen und die USA anfällig für Verschiebungen in der Außenpolitik seien - je nachdem, wer im Amt ist. In den USA wird nämlich in diesem Jahr ein neuer Präsident gewählt. 

Aus dem Englischen adaptiert von Florian Weigand