China feiert seine Macht in Hongkong
1. Juli 2022Der chinesische Präsident Xi Jinping hat zum 25. Jahrestag der Rückgabe Hongkongs an China ein Festhalten am Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme" bekräftigt. Es handele sich um "so ein gutes System", dass es "überhaupt keinen Grund" gebe, es zu ändern, sagte Xi in einer Rede in Hongkong. An dem Prinzip müsse auch "langfristig" festgehalten werden. Xi beteuerte, alles, was China im Umgang mit der früheren britischen Kronkolonie unternommen habe, sei "zum Wohle Hongkongs". Hongkong genieße seit der Rückgabe an China "wahre Demokratie".
Wie zufrieden Xi mit dem Ergebnis ist, machte er bereits am Vortag kurz nach seiner Ankunft deutlich. Die Metropole habe "große Herausforderungen" gemeistert und sei "aus der Asche auferstanden", sagte der chinesische Staatschef bei seinem ersten Besuch seit fünf Jahren.
Harte Hand nach Protesten
Seit der Rückgabe an China am 1. Juli 1997 sollte Hongkong eigentlich unter dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme" regiert werden. So bekamen die Hongkonger seinerzeit die Zusage, bis 2047 ein "hohes Maß an Autonomie" und viele politische Freiheiten zu genießen. Als Reaktion auf anhaltende Proteste gegen die Regierung führte Peking jedoch vor zwei Jahren ein strenges "Sicherheitsgesetz" in der Finanzmetropole ein.
Als einstiger Sicherheitschef der früheren britischen Kronkolonie setzte John Lee dieses Gesetz in aller Härte um und schlug die Demokratiebewegung nieder. Im Rahmen der Jubiläumsfeiern wurde er nun als der neue Hongkonger Regierungschef von Chinas Präsident höchstpersönlich ins Amt eingeführt. Ein Peking-treues Gremium hatte Lee Anfang Mai zum Nachfolger der scheidenden Carrie Lam bestimmt.
Unsichtbare Demokratiebewegung am Jahrestag
Auch in diesem Jahr war das Stadtbild von der China-treuen Linie der Hongkonger Führung geprägt. So marschierte die Ehrengarde bei der Fahnenzeremonie wie schon im Vorjahr nicht mehr nach britischer Art, sondern im Stechschritt chinesischer Soldaten. Die früher üblichen Protestmärsche zu diesem Jahrestag blieben das dritte Mal in Folge aus. Vor Versammlungen hatten die Behörden eindringlich gewarnt. Polizisten patrouillierten in großen Teilen der Innenstadt.
Anlässlich des Jahrestages wurde international das gebrochene Versprechen der chinesischen Führung gegenüber der Bevölkerung Hongkongs angeprangert. So beklagte US-Außenminister Antony Blinken eine "Erosion der Autonomie" Hongkongs. Es sei jetzt klar, dass die Verantwortlichen in Hongkong und Peking "demokratische Partizipation, Grundfreiheiten und unabhängige Medien", die China eigentlich bis 2047 zugesichert hatte, nicht mehr als Bestandteil des Grundsatzes "Ein Land, zwei Systeme" ansähen. Der britische Premierminister Boris Johnson teilte die Kritik und versprach: "Wir geben Hongkong nicht auf."
Kritisch äußerte sich auch Renata Alt (FDP), Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. "25 Jahre nach der Übergabe von Hongkong an das kommunistische China zeigt sich, wie brutal die Freiheiten und Menschenrechte der Bewohner von Hongkong verraten wurden", sagte Alt. Es sei bitter zu sehen, wie die einst demokratisch regierte, lebendige Stadt jetzt unter autoritärer Kontrolle aus Peking ersticke. Pro-demokratischen Aktivisten müsse Asyl in der EU angeboten werden, forderte Alt.
Strenge Regeln für internationale Unternehmen
Düster ist die Stimmung nicht nur bei Hongkongs Demokratiebewegung. Auch für viele Unternehmen ist die Metropole nicht mehr das, was sie einmal war. So klagen ausländische Handelskammern über die Corona-Maßnahmen, die ähnlich strikt sind wie auf dem chinesischen Festland. Ohne langwierige Hotel-Quarantäne sind Reisen in die einst freie Wirtschaftsmetropole nicht mehr möglich. Auch kommen Hongkonger nicht ohne Quarantäne auf das chinesische Festland. Zumindest für Präsident Xi Jinping galten diese Regeln nicht. Um ihn und seine Frau Peng Liyuan während der Feierlichkeiten vor dem Virus zu schützen, mussten sich stattdessen die rund 3000 Hongkonger Gäste vorher isolieren.
bri/jj (dpa, afp)