China: Freund oder Feind der Umwelt für Südostasien?
23. August 2025
Von Nickelverarbeitung in Indonesien bis hin zu Minen für Seltene Erden in Myanmar - chinesische Unternehmen sind in Südostasien auf Expansionskurs. Umweltschützer warnen vor schwerwiegenden und langfristigen Schäden für Flüsse und Luftqualität. Die lokale Bevölkerung sei damit großen Gesundheitsrisiken ausgesetzt.
"Angesichts strengerer Umweltauflagen und Überkapazitäten im eigenen Land haben sich die chinesischen Stahlhersteller seit 2017 Südostasien zugewandt", sagen Soon Cheong Poon und Guanie Lim vom japanischen National Graduate Institute for Policy Studies in einem Artikel in Nikkei Asia. Beide Forscher stellen fest, dass "Industriebetriebe, die von Umweltverschmutzung betroffen sind, China verlassen und sich in kleineren südostasiatischen Ländern niederlassen."
Dazu gehörten unter anderem die Altpapier-, Eisen- und Stahlindustrie, wo chinesische Unternehmen eine Umrüstung von emissionsarmen Öfen mit elektrischen Lichtbögen hin zu umweltschädlicheren Hochofenöfen mit basischem Sauerstoff vorantreiben. Die Nachbarländer locken mit billigeren Arbeitskräften, schwächeren Umweltauflagen und einem attraktiven Angebot an Rohstoffen. Lim sagte der DW, dass die Vermeidung von US-Zöllen eine weitere Motivation für die Verlagerung sei.
Mehrheit der indonesischen Nickel-Raffinerien in chinesischer Hand
Im Februar stellte die von der US-Regierung finanzierte gemeinnützige Sicherheitsorganisation C4ADS fest, dass mehr als drei Viertel der indonesischen Nickelraffineriekapazität von chinesischen Unternehmen kontrolliert wird, von denen viele Regierungshintergrund haben.
Allein zwei Unternehmen, darunter Tsingshan, machen mehr als 70 Prozent der indonesischen Raffineriekapazität aus. "Ein Mangel an inländischer Kontrolle macht Indonesien abhängig von chinesischen Investitionen, was die Fähigkeit der Regierung einschränken könnte, die Investoren zur Rechenschaft zu ziehen", heißt es in dem Bericht.
Seit Ende letzten Jahres mehren sich aber Proteste und Streiks in von China betriebenen Nickelverarbeitungsanlagen in Indonesien. Im vergangenen Monat kündigte Jakarta an, Unternehmen für Umweltverschmutzungen im weitläufigen Nickelzentrum "Morowali Industrial Park", das vom chinesischen Metallriesen Tsingshan Holding Group auf der Insel Sulawesi betrieben wird, mit Sanktionen zu belegen.
Fengshi Wu, Professor für Politikwissenschaft und internationale Beziehungen an der australischen University of New South Wales, weist darauf hin, dass mehrere südostasiatische Staaten, insbesondere Indonesien, einen "Ressourcennationalismus" etabliert und Exportverbote eingeführt haben, um sicherzustellen, dass Mineralien im Inland verarbeitet werden.
Auf diese Weise können sie Mehrwert aus ihren Bodenschätzen gewinnen, anstatt einfach die Rohstoffe an ausländische Unternehmen zu liefern. "Indonesien möchte, dass mehr Mineralien im Land verarbeitet werden", sagt Wu.
Arsen-Verseuchung des Mekong droht
Widerstand regt sich auch gegen chinesische Firmen, die verstärkt in Myanmar, das von bewaffneten Kämpfen erschüttert ist, die Seltenen Erden abbauen. Es gibt zunehmend Vorwürfe, dass damit weite Teile des Flusses Mekong verschmutzt würden. Der 4500 Kilometer lange internationale Fluss entspringt auf der Tibet-Hochebene in China und fließt durch Myanmar, Laos, Kambodscha, Thailand und mündet in Vietnam in den Pazifik.
Ufer-Gemeinden in Laos und Thailand hatten sich in den letzten Monaten über den Anstieg von giftigen Arsengehalte und anderen Schwermetallen beschwert. Im Juni testete die thailändische Umweltbehörde das Wasser in den nördlichen Provinzen Chiang Mai und Chiang Rai. Hier leben circa 1,4 Millionen Menschen. Der Mekong ist der Grenzfluss zu Myanmar. Auf dessen Seit liegt der Shan-Staat, eine Bergbauregion.
Die Thai-Behörden stellten fest, dass die Arsenwerte fast fünfmal höher waren als es die internationalen Trinkwasserstandards erlauben. Eine akute Arsenvergiftung führt zu innerer Blutung und Durchfall bis hin zu Nieren- und Kreislaufversagen mit Todesfolgen. Vermutlich gelangen diese giftigen Stoffe als Nebenprodukte der Verhüttung von Schwermetallen ins Grundwasser. Nach dem Militärputsch 2021 hat Myanmar viele chinesische Rohstofffirmen angesiedelt. Die Produktion von den Seltenen Erden verdreifacht sich binnen von wenigen Jahren.
Die Politiker in Thailand haben Peking aufgefordert, die Umweltauswirkungen beim Abbau von Bodenschätzen im Nachbarland einzudämmen. Die chinesische Botschaft in Bangkok wies daraufhin alle chinesischen Firmen an, "die Gesetze des Gastlandes einhalten und ihre Geschäfte jederzeit auf rechtmäßige und geordnete Weise zu führen."
Damit ist die Gefahr laut Pianporn Deetes als Kampagnenleiter bei International Rivers, noch nicht gebannt. Ein weiteres Wasserprojekt in Laos sorgt derzeit für Diskussionsbedarf, sagt Deetes im DW-Interview. Auf dem Mekong will Laos mit chinesischer Hilfe ein Wasserkraftwerk in Pak Beng bauen. Vor der Talsperre will der Betreiber "verschmutzte Sedimente in seinem Reservoir einfangen und ansammeln". Die Wasserverschmutzung würde damit "voraussichtlich noch konzentrierter und hartnäckiger".
Grün und Umweltbelastung zugleich
Trotz zunehmender Kritik bleibt China der größte Investor für erneuerbare Energien in Südostasien. Chinesisches Kapital hilft einerseits beim Bau von Solarparks und Wasserkraftwerken. Die internationale Forschungsorganisation Zero Carbon Analytics berichtete im Juni, dass China in den letzten zehn Jahren mehr als 2,7 Milliarden US-Dollar in saubere Energieprojekte in der Region investiert hat, hauptsächlich im Rahmen der Seidenstraßeninitiative.
Aber andere rohstoffhungrige chinesische Firmen betreiben Raubbau an Bodenschätzen und verschmutzen die Umwelt. "Die Realität ist, dass sich die meisten Regierungen mehr um die wirtschaftliche Entwicklung kümmern als um die ökologische Nachhaltigkeit, genau wie es die chinesische Regierung getan hatte", sagt Zachary Abuza, Professor am National War College in Washington, im Gespräch mit der DW.
"Die Industrie- und Bergbauunternehmen schaffen aufgrund ihrer Größe neue Arbeitsplätze und gliedern die meist abgelegenen Orte in die internationalen Lieferketten ein. Aber viele dieser Jobs sind jedoch schlecht bezahlt und bergen Gesundheitsrisiken."
Rohstoffe in Südostasien von strategischer Bedeutung
"China hat einige der erfahrensten und fähigsten Unternehmen der Welt in einigen der umweltschädlichsten Sektoren", sagt Juliet Lu, Juniorprofessorin an der School for Public Policy and Global Affairs an der kanadischen University of British Columbia im DW-Interview.
Diese Sektoren mit hohem Investitionsbedarf und hohem Verschmutzungspotenzial werden nicht mehr politisch gefördert. Die Chance auf eine Finanzierung mit Institutionen der Industrienationen ist deswegen sehr gering. Für die Länder in Südostasien sind diese Sektoren aber wichtig für schnelles Wirtschaftswachstum. Jetzt kommt der chinesische Investor mit Check ihrer Staatsbanken ins Spiel.
"Die Frage, die nicht oft genug gestellt wird, ist, ob und wie nicht-chinesische Unternehmen, die in den gleichen Sektoren und Länderkontexten tätig sind, einen Unterschied machen können", sagt Lu. Die Seltenen Erden zum Beispiel sind für die Industrie unentbehrliche Rohstoffe, die auf den internationalen Märkten schwer zu erwerben sind.
Deswegen seien Chinas Gelder und technisches Know-how sehr gefragt. "Länder wie Indonesien, Malaysia und Myanmar, die den Bau von Straßen, die Einrichtung von Energieinfrastrukturen oder den Abbau von Minen wollen, haben mehrere Gründe, sich an China zu wenden."
Aus dem Englischen adaptiert von Florian Weigand