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Politik

China gängelt Bürgerrechtler vor Parteitag

16. Oktober 2017

Die Nervosität wächst: In den Tagen vor der wichtigsten Politveranstaltung des Jahres greifen Chinas Behörden hart durch. Für die letzten Schlupfwinkel der Freiheit bedeutet dies das Aus.

Peking Vor dem Parteitag in China
Polizisten auf dem Tiananmen-Platz in PekingBild: picture-alliance/Maxppp/Kyodo

Kurz vor dem Parteikongress der Kommunistischen Partei haben Chinas Behörden die Verfolgung von Bürgerrechtlern verschärft. Mehrere Aktivisten berichten, sie müssten die Zeit während des Parteitags überwacht in "Gästehäusern" verbringen. "Wir unterliegen strengen Beschränkungen", sagte ein namentlich nicht genannter Dissident dem US-Sender Radio Free Asia. "Uns wird nicht erlaubt, vor Ende Oktober heimzukehren." Dann ist 19. Parteitag vorüber.

Liu Xia, die unter Hausarrest stehende Frau des im Juli an Krebs gestorbenen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo, musste ebenfalls die Stadt verlassen und "zwangsweise auf Reisen gehen", wie das Honkonger Informationszentrum für Menschenrechte und Demokratie unter Berufung auf Verwandte der Künstlerin berichtet. Wegen der angespannten Lage in Peking sei die Familie "sehr nervös". Auch die bekannten Bürgerrechtler Bao Tong und Gao Yu - die als Journalistin früher für die Deutsche Welle tätig war - mussten die Hauptstadt verlassen.

"Erhöhte Kampfbereitschaft"

In der 20-Millionen-Metropole, wo der Parteitag am Mittwoch beginnt, gelten besondere Sicherheitsmaßnahmen. Die Feuerwehr wurde in "erhöhte Kampfbereitschaft" versetzt, wie das Polizeiministerium mitteilte. Jeder Einsatz werde hochgestuft. In Peking dürfen keine Drohnen, Modellflugzeuge oder Ballons mehr fliegen. Der Wohnungsvermittlungsdienst Airbnb nimmt nach Aussage von Anbietern keine Buchungen für das Stadtgebiet an. Tausende Freiwillige sind mobilisiert, um auf den Straßen Pekings für Ordnung zu sorgen.

Viele Seiten sind gesperrt: Internetcafé in Peking (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/How Hwee Young

Auch die Internetzensur wurde zusätzlich verschärft. Die Datenübertragung läuft nur im Schneckentempo. Sogenannte VPN-Tunnel-Dienste, mit denen die Sperren im Internet überwunden werden können, sind derzeit massiv gestört. Vor dem Hintergrund eines neuen Gesetzes für Cyber-Sicherheit weckt dies Ängste, der Informationsfluss in China könnte künftig noch stärker eingedämmt werden.

"Digitale Mauer" wird höher

Auch deutsche Firmen, die für ihre Geschäftsgeheimnisse und den Schutz geistigen Eigentums auf sichere Internetverbindungen angewiesen sind, zeigen sich besorgt. Der deutsche Botschafter Michael Clauß erklärte: "Sichere und uneingeschränkte Kommunikation von einem Ende zum anderen ist wesentlich für ausländische Unternehmen und eine Voraussetzung für fortschrittliche Produktion."

Deutschlands Botschafter in Peking: Michael Clauß (Archivbild)Bild: picture alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Je höher die "digitale Mauer" werde, desto unattraktiver sei es für Fachleute, Forscher oder Künstler, in China zu leben, schreibt Clauß in einer längeren Erklärung auf der Website der Auslandsvertretung. Er sieht auch die ureigenen Interessen der Volksrepublik in Gefahr: "Wenn die digitale Kommunikation gedrosselt wird, könnte dies schädliche Auswirkungen auf Chinas Verhältnis zum Rest der Welt - einschließlich Deutschland - haben."

jj/myk (dpa, afp)

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