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China investiert weniger in Europa

7. März 2019

Der Umfang chinesischer Investitionen und Übernahmen in Europa geht zurück. Die Gründe dafür liegen in China wie in Europa. Der ungebremste Aufschwung in China scheint vorbei und in Europa ist man skeptischer geworden.

Chinesische Investitionen
Bild: picture-alliance/dpa/K.-J. Hildenbrand

Der Rückgang ist beträchtlich: Chinesische Firmen haben im vergangenen Jahr deutlich weniger Geld für Übernahmen in Europa in die Hand genommen als in den Jahren zuvor. Um immerhin 40 Prozent gingen 2018 Chinas Direktinvestitionen in den 28 Ländern der EU zurück. Sie lagen noch bei 17,3 Milliarden Euro. Das geht aus einer jetzt vorliegenden Studie des Berliner Merics-Instituts und der US-Beratungsfirma Rhodium Group hervor.

In der Summe weisen die Übernahmen den geringsten Wert seit 2014 auf. Der bisherige Höhepunkt der chinesischen Direktinvestitionen in der EU fiel mit 37 Milliarden Euro auf das Jahr 2016.

Ein wichtiger Grund für den Rückgang sind den Autoren der Studie zufolge unter anderem strengere Kapitalkontrollen in China. Damit werde es für chinesische Unternehmen schwerer, Geld ins Ausland zu transferieren. Auch sei im Land eine allgemeine Verknappung der Liquidität zu beobachten.

Big four

Der Löwenanteil des Engagements chinesischer Firmen in Europa verteilt sich auf wenige Länder. In den Jahren 2000 bis 2018 floss der bei weitem größte Betrag für Direktinvestitionen mit fast 50 Milliarden Euro nach Großbritannien. Es folgen Deutschland - mit gut 22 Milliarden Euro - sowie Italien und Frankreich. 

Zu ähnlichen Einschätzungen der chinesischen Investitionstätigkeit in Europa war vor wenigen Wochen die Unternehmensberatung EY gekommen. EY nutzte dabei etwas andere Kriterien und bezog auch europäische Länder außerhalb der EU ein. Danach schrumpfte 2018 europaweit das Volumen der Investitionen aus China binnen eines Jahres um fast die Hälfte.

Die Zahl der Unternehmenszukäufe oder Beteiligungen allein in Deutschland sank im vergangenen Jahr auf 35. Chinesische Investoren waren hier 2016 noch 68 Mal aktiv geworden, 2017 noch 54 MalFür besonderes Aufsehen hatte in dem Zeitraum das Engagement der chinesischen Geely Group beim deutschen Autobauer Daimler im Umfang von geschätzten 8,9 Milliarden Dollar gesorgt. Auch wenn es die bei weitem größte Investition in ein deutsches Unternehmen darstellte, gilt sie nach internationalen Kriterien aber nicht als Direktinvestition. Dazu ist eine Übernahme von mindestens zehn Prozent eines Unternehmens nötig. Das war bei Daimler nicht der Fall. 

Veränderte Spielregeln

Auch EY stellte in der eigenen Analyse fest, einer der Gründe für die rückläufige Investitionstätigkeit seien veränderte Rahmenbedingunge in China: "Die Regierung möchte übermäßige Kapitalabflüsse verhindern und wünscht eine Konzentration der Investitionstätigkeit auf Kernbranchen", so EY-Chinaexpertin Yi Sun.

Für beide Institute spielen aber auch strengere Regeln in Europa eine Rolle, die chinesische Übernahmen erschweren sollen. Diese hätten Investitionen verzögert oder sogar verhindert. Es sei damit zu rechnen, dass diese Kontrollen weiter verschärft werden, schreiben die Autoren der Merics-Studie Thilo Hanemann, Agatha Kratz und Mikko Huotari.

Erregte 2016 Aufsehen: die Übernahme des deutschen Roboterbauers KukaBild: picture-alliance/dpa/Zhang Jinqiao

Gerade die wachsende Sorge der Bundesregierung vor Investitionen in sensiblen Technologiebereichen und kritischen Infrastrukturen hätte zu Verzögerungen oder sogar zum Scheitern von Vertragsverhandlungen mit chinesischen Investoren geführt. Beispiele: der deutsche Maschinenbauer Leifeld und der Stromnetzbetreiber 50Hertz.

Problem oder Chance?

Sollte sich der Handelskonflikt zwischen den USA und China beruhigen und die Konjunktur in China wieder anziehen, wird nach Einschätzung der Berater von EY auch die Investitionsbereitschaft chinesischer Unternehmen wieder wachsen. "Deutsche Maschinenbauer und High-Tech-Unternehmen bleiben für chinesische Investoren ebenso attraktiv wie etwa Unternehmen aus den Bereichen Gesundheit und Medizintechnik", heißt es in ihrer Studie.

Umgekehrt rechnen die Fachleute von Merics und Rhodium Group damit, dass Europa auch dann ein attraktiver Standort für chinesische Investoren bleibe, wenn der Handelskonflikt der USA mit China weiter schwelt. Statt auf Amerika könnten chinesische Firmen dann bei Übernahmen womöglich noch stärker auf Europa setzen.

ar/dk (dpa, afp, Merics/RHG, EY) 

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