In China geben neue Zahlen Anlass zur Hoffnung auf ein Abflauen der Krise. Im Rest der Welt infizieren sich immer mehr Menschen. Vielerorts werden deshalb immer drastischere Maßnahmen erwogen.
Anzeige
Seit Januar veröffentlichen die chinesischen Gesundheitsbehörden täglich Angaben, wie viele Menschen sich neu mit dem Coronavirus infiziert haben und wie viele an dessen Auswirkungen gestorben sind - diese Zahlen sind nun auf den niedrigsten Stand seit der ersten Veröffentlichung gesunken. Im ganzen Land wurden demnach nur 40 neue Infektions- sowie 22 Todesfälle nachgewiesen. Insgesamt sprechen die chinesischen Behörden von mehr als 80.700 Infektionen und mindestens 3119 Toten durch das Virus.
Nach wie vor treten die meisten Neuinfektionen in der Provinz Hubei auf, die bereits seit Dezember der Schwerpunkt der Epidemie ist. Die Provinz um die Millionenstadt Wuhan ist bereits seit Ende Januar abgeriegelt, rund 56 Millionen Menschen sind von der Maßnahme betroffen. Am Freitag hatte ein hochrangiger chinesischer Regierungsvertreter jedoch angedeutet, dass die Abschottung schon bald gelockert werden könnte.
Südkorea hofft, Iran bangt
Auch Südkorea ist zuversichtlich, dass eine Entspannung der Lage bevorstehen könnte: "Ich bin noch immer sehr vorsichtig, aber es besteht die Hoffnung, dass wir in naher Zukunft einen Wendepunkt erreichen", sagte Ministerpräsident Chung Sye Kyun. Dem Gesundheitsministerium zufolge könne man jedoch noch nicht sagen, die Krise sei vorbei. In dem ostasiatischen Land haben sich offiziellen Angaben zufolge zuletzt 96 Menschen angesteckt. Somit haben sich insgesamt 7478 Menschen in Südkorea infiziert, 51 von ihnen sind gestorben.
Weltweit steigt die Zahl der Infizierten jedoch weiter rasant an. Laut der Datensammlung der Johns-Hopkins-Universität wurden bisher 110.000 Fälle gezählt.
Im Iran ist die Zahl der Toten infolge der Atemwegserkrankung COVID-19 laut Gesundheitsbehörden inzwischen auf 237 angestiegen, darunter auch Ärzte und politische Mandatsträger. Aus der islamischen Republik wurden bislang 7161 Fälle gemeldet. Einige Experten vertreten mit Verweis auf die anderswo geringere Todesrate jedoch die Theorie, dass im Iran die Dunkelziffer der nicht offiziell bestätigten Fälle besonders hoch sein könnte. Das Land greift im Zusammenhang mit dem Corona-Ausbruch zu ungewöhnlichen Maßnahmen: Rund 70.000 Gefangene wurden freigelassen, hieß es auf dem Nachrichtenportal der iranischen Justiz. Es würden noch weitere Gefängnisinsassen entlassen. Ob oder wann sie in die Haftanstalten zurückkehren müssen, wurde nicht aufgeführt.
Quarantäne für Bethlehem-Besucher
Unterdessen weiten einige Airlines im Nahen Osten ihre Flugbeschränkungen aus, insbesondere in Richtung China und Iran. Angesichts 19 Corona-Patienten in der palästinensischen Stadt Bethlehem ordnete Israels Gesundheitsministerium eine zweiwöchige Quarantäne für alle Personen an, die sich in Israel aufhalten und kürzlich in Bethlehem waren. Zum jüdischen Purimfest sollen bis Mittwoch die Übergänge zu den palästinensischen Gebieten und dem Gazastreifen geschlossen bleiben. In Israel wurden bis Sonntag 39 Corona-Fälle bestätigt.
Aufgrund der Corona-Pandemie: Bayreuther Festspiele abgesagt
Weltweit werden wegen der Corona-Krise derzeit Konzerte, Festivals und Ausstellungen abgesagt. Jetzt trifft es auch die Bayreuther Festspiele, die am 25. Juli 2020 beginnen sollten.
Bild: picture-alliance/dpa/D. Karmann
Bayreuther Festspiele
Ein meist älteres Publikum, eingeschlossen auf engstem Raum: Die Bayreuther Festspiele bergen ein zu großes Ansteckungsrisiko und wurden daher in diesem Sommer abgesagt. Am 1. April sollten die Proben für die Neuinszenierung des "Ring des Nibelungen" beginnen. Die Premiere wird nun auf 2022 verschoben. 2021 sind eine Neuinszenierung von "Der Fliegende Holländer" und Wiederaufnahmen geplant.
Bild: picture-alliance/dpa/D. Karmann
Eurovision Song Contest (ESC)
Der ESC - ist für dieses Jahr von den Organisatoren abgesagt worden. Grund ist die durch die Corona-Krise augenblicklich unsichere Lage. Das ESC-Finale hätte am 16. Mai in Rotterdam stattfinden sollen. Die Niederlande sind deshalb Gastgeber, weil beim letzten ESC der niederländische Sänger Duncan Laurence gewonnen hatte. Im Bild ist der Teilnehmer für Deutschland Ben Dolic.
Bild: picture-alliance/dpa/H. Hartmann
Zirkus Roncalli
Das Coronavirus hat auch Auswirkungen auf den berühmten Zirkus Roncalli. Mehrere Aufführungen mussten abgesagt werden. "Momentan wird nur über Hilfen für die Wirtschaft gesprochen, die Kultur ist einmal mehr das Stiefkind", schreibt Roncalli-Chef Bernhard Paul in einem offenen Brief. Zwei Jahre hatte der Zirkus mit 150 Mitarbeitern ein neues Programm vorbereitet und dabei 500.000 Euro investiert.
Bild: picture-alliance/dpa/C. Hardt
Beethovenfest Bonn
Bonn ohne Beethoven? Zumindest vorübergehend, denn auch das Beethovenfest wird abgesagt. Nicht "Für Elise", sondern wegen Corona. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem der Komponist 250 Jahre alt geworden wäre, legt das neuartige Virus die Geburtstagsfestivitäten auf Eis. Das Beethovenjahr 2020 wird rund um den Globus gefeiert - in Beethovens Heimatstadt knallen vorerst keine Korken.
Bild: picture-alliance/Leemage/L. Ricciarini
ART Cologne
Auch die für den Kunsthandel wichtige Kölner Messe ART Cologne wird verschoben - auf November. Kunstsammler, Galeristen und interessierte Kunstbetrachter müssen erst mal auf andere Institutionen ausweichen, um sich zu informieren. Dem Kunsthandel im Internet wird es vermutlich rasanten Aufschwung geben.
Bild: picture-alliance/Xinhua/Lu Yang
Theater und Opernhäuser
Das kulturelle Leben kommt immer mehr zum Erliegen. Viele große Theater und Opernhäuser sagen ihre Vorstellungen ab: von Köln bis München, von Berlin bis Wien. In der Hauptstadt bleiben u.a. die Berliner Philharmonie und die Staatsoper Unter den Linden geschlossen. In München trotzt man den leeren Rängen – die Bayerische Staatsoper arbeitet an einem Livestream ihres Programms.
Bild: picture-alliance/dpa/Xamax
Lit.Cologne
Jetzt wurde auch das internationale Literaturfestival Lit.Cologne in Köln abgesagt. "In der jetzigen Situation müssen wir alles dafür tun, die Infektionsketten zu durchbrechen“, so Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Die Veranstalter folgen ihrem Rat: "Die Absage trifft uns unendlich schwer. Wir bemühen uns um Verlegung zu einem späteren Zeitpunkt", sagte Geschäftsführer Rainer Osnowski.
Bild: imago
Berliner Techno-Club Berghain
Der legendäre Techno-Club im Berliner Stadtteil Friedrichshain ist ohnehin für seine harte Türpolitik bekannt, jetzt kommt sogar niemand mehr rein. Das Berghain schließt mindestens bis zum 20. April. Zuletzt stiegen die Fallzahlen in Berlin deutlich an, eine besondere Rolle spielte dabei der Club Trompete in Tiergarten. Auf einer Party infizierten sich dort mindestens 16 Menschen beim Tanzen.
Bild: picture-alliance/dpa/P. Zinken
Vatikanische Museen
Nach den Quarantäne-Maßnahmen in Norditalien, Fußballspielen ohne Zuschauer und der Verfügung von Italiens Ministerpräsident Conte, Museen, Theater und Kinos zu schließen, ist diese Entscheidung kaum überraschend: Der Vatikan schließt seine Museen einschließlich der Sixtinischen Kapelle (oben) bis voraussichtlich 3. April. Im Vatikan selbst stehen derzeit fünf Personen unter Quarantäne.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Stache
James Bond-Premiere
Selbst vor Geheimagent 007 scheint das Coronavirus nicht Halt zu machen: Die Macher des neuen James Bond-Streifens "Keine Zeit zu sterben" haben die für April geplante Premiere auf November verlegt - "nach gründlicher Bewertung des weltweiten
Kinomarktes", wie es heißt. Damit wurde der Kinostart des neuen 007-Abenteuers bereits zum dritten Mal verschoben.
Bild: Imago Images/Zuma Press/MGM
South by Southwest in Austin, Texas
SXSW heißt das Musik-, Film- und Technikfestival in Austin. Eigentlich sollte es vom 12. bis 22. März stattfinden. An die 400.000 Besucher wurden erwartet. Doch nun wurde es kurzfristig abgesagt, nachdem in Texas die ersten Fälle von Covid-19 auftraten. Die Veranstalter suchen jetzt nach Möglichkeiten, SXSW nachzuholen.
Die ersten Meldungen über eine Absage machten bereits die Runde, als der Twitter-Account der Leipziger Buchmesse noch verkündete, dass die Veranstaltung stattfinden werde. Die Entscheidung der Stadt Leipzig und der Messeleitung sei eine präventive Maßnahme. Auf dem Programm der Buchmesse und des Lesefestivals "Leipzig liest" standen rund 3.700 Veranstaltungen mit 2.500 Ausstellern aus 51 Ländern.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas
Global Indian Film Awards
Zwar wurden in Indien bislang wenige Infektionsfälle bestätigt, doch aufgrund "wachsender Besorgnis" sagten die Organisatoren die Verleihung des wichtigsten indischen Filmpreises ab. Der Film "Gully Boy" über einen Rapper in einem Slum von Mumbai galt als Favorit der "Bollywood-Oscars". (Das Bild zeigt eine Preisvergabe früherer Jahre)
Bild: Getty Images/AFP/T. Bahar
The London Book Fair
Lange hielt auch die der Verlagsbranche vorbehaltene Buchmesse London Book Fair an ihrer Mitte März geplanten Austragung fest. Sechs Tage vor dem Auftakt kam mit Blick auf das Coronavirus doch die Absage, auch weil zahlreiche Teilnehmer mit Reisebeschränkungen konfrontiert seien. Die Mitteilung der Buchmesse endet kämpferisch: "Die London Book Fair wird 2021 zurückkehren, besser als jemals zuvor."
Bild: Getty Images/AFP/C. De Souza
Frankfurter Musikmesse
Sie ist Europas größte Plattform für Musikbegeisterte, doch Covid-19 sorgt in Frankfurt für leise Töne. Die Internationale Musikmesse Frankfurt entfällt ausgerechnet in ihrem 40. Jubiläumsjahr. Den Besuchern aus aller Welt entgehen die Neuvorstellungen zahlreicher Instrumentenbauer, die neuesten Hard- und Software-Trends, Workshops und Live-Musik aller Stilrichtungen.
Bild: picture alliance/dpa/F. Sommer
Jewrovision
Auf den Tanz- und Gesangwettbewerb hatten sich rund 1500 jüdische Kinder und Jugendliche das ganze Jahr vorbereitet und gefreut. Nur drei Tage vor dem Event hat der Zentralrat der Juden das Großereignis wegen des Coronavirus abgesagt - für die Teilnehmenden eine riesen Enttäuschung. Im Herbst wolle man die Jewrovision jedoch nachholen. Immerhin ein kleiner Trost für die Beteiligten.
Bild: Jewrovision
Pariser Modehaus Chanel
Auch die Modebranche ist stark betroffen. Chanel hat bereits im Februar eine Modenschau abgesagt, die für Mai 2020 in Peking geplant war. Das Management des Modekonzerns verwies auf "die aktuelle Situation und die Empfehlungen der chinesischen Behörden". Für die Pariser Prêt-à-Porter-Schauen im Frühjahr hatten zwei chinesische Modemarken ihre Teilnahme abgesagt: Shiatzy Chen und Jarel Zhang.
Bild: Reuters/R. Duvignau
Fashion Week Mailand
Die Mailänder Fashion Week hatte es schon im Februar erwischt: Das Modehaus Laura Biagotti sagte seine Schau ganz ab. Giorgio Armani hatte entschieden, die neuen Kollektionen von vornherein ohne Publikum zu präsentieren. Modejournalisten und Einkäufer aus aller Welt konnten die Schau auf dem Laufsteg online per Live-Stream verfolgen. Hinter den Kulissen war die Unruhe über den Coronavirus groß.
Bild: Reuters/A. Garofalo
ITB Berlin
Die Aufbauten der weltgrößten Reisemesse waren schon in vollem Gange, als die Veranstalter die Tourismusbörse doch noch kurzfristig absagten. Die neuen Auflagen waren nicht zu erfüllen: Jeder Teilnehmer sollte der Messe Berlin belegen, dass er nicht aus einem der von den Behörden definierten Risikogebiete stammt. Bei 170.000 Besuchern aus aller Welt war das unmöglich.
Bild: Getty Images/S. Gallup
Art Dubai und Art Basel Hongkong
Die Auswirkungen des Corona-Virus haben auch zwei der renommiertesten Kunstmessen der Welt kalt erwischt. Der Ableger der Art Basel in Hongkong sollte vom 19. bis 21. März stattfinden, er lockt jährlich Kunstsammler aus der ganzen Welt ins südöstliche China. Die Art Dubai freute sich im letzten Jahr über 28.000 Besucher aus 40 Ländern - jetzt bleiben die Hallen im arabischen Emirat leer.
Bild: picture-alliance/AP Photo/K. Jebreili
Pariser Louvre
In der traditionell gepflegten Streikkultur Frankreichs bestimmen schon mal die Angestellten, wie die Dinge laufen: Mitarbeiter des weltberühmten Pariser Museums Louvre legten für zwei Tage die Arbeit nieder und ließen sich auch nicht von den aktuell angeordneten Präventionsmaßnahmen gegen das Coronavirus beruhigen.
Bild: picture-alliance/dpa/C. Ena
Hamburg Ballett
Das Hamburg Ballett von Choreograph John Neumeier sagte wegen des Coronavirus ein Gastspiel in Macau und Singapur ab. Auf dem Programm standen "Die Kameliendame" und "Nijinsky". Ob die Tournee nachgeholt wird, steht noch nicht fest. Die Compagnie hat in 47 Jahren bereits mehr als 1000 Gastspiele in 30 Ländern gegeben. Im Frühjahr 2021 will das Hamburg Ballett auf Japan-Tournee gehen.
Bild: picture-alliance/dpa/M. Scholz
Internationale Architekturbiennale Venedig verschoben
Auch die Veranstalter der Architektur-Biennale in Venedig ziehen die Reißleine: Die Leistungsschau, die sich als Plattform für Innovation und die Zukunft der Architektur versteht, wird um drei Monate verschoben und zudem verkürzt. Unter dem Motto "How will we live together" soll sie am 29. August in den Giardini (Bild) - und damit vier Tage vor der Filmbiennale - eröffnen.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Hörhager
Mission: Impossible
In der "Mission: Impossible"-Reihe rettet Tom Cruise als Geheimagent Ethan Hunt die Welt - im zweiten Teil sogar vor einem tödlichen Grippevirus. In der Realität hat vorerst das Virus gewonnen und die Dreharbeiten zur 7. Folge gestoppt: Die US-Produktionsgesellschaft Paramount hat die dreiwöchigen Dreharbeiten in Venedig bis auf weiteres verschoben.
(Die Bildergalerie wird fortlaufend erweitert.)
In Europa scheint man von einem Scheitelpunkt noch weit entfernt. Zum Wochenbeginn überstiegen sowohl Deutschland als auch Frankreich die 1000er-Marke: Aus Deutschland werden laut Robert-Koch-Institut 1112 Infektionen gemeldet, fast 500 von ihnen im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen. In Frankreich sind laut Datensammlung der Johns-Hopkins-Universität 1209 Menschen infiziert - anders als im Nachbarland gab es dort bereits 19 Todesfälle.
Im politischen Berlin wird derweil diskutiert, ob größere Veranstaltungen angesichts der Ansteckungsgefahr noch stattfinden sollten, allerdings obliegt die Entscheidung in Deutschland den Veranstaltern beziehungsweise lokalen Polizeibehörden. Bereits am kommenden Wochenende könnten Fußballspiele abgesagt werden oder ohne Publikum stattfinden. Im zentral regierten Frankreich hatte die Regierung am Sonntag bereits ein zeitweiliges Verbot für Veranstaltungen mit mehr als tausend Teilnehmern ausgesprochen. So findet das Champions League-Spiel zwischen Paris Saint Germain und Borussia Dortmund am Mittwoch in der französischen Hauptstadt vor leeren Rängen statt. RB Leipzig empfängt hingegen Tottenham Hotspur vor Publikum.
Im Land des größten Corona-Ausbruchs in Europa dürften die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus noch ausgeweitet werden: Italiens Regierung will in den kommenden Tagen entscheiden, ob die Schulen landesweit länger geschlossen bleiben sollen. Ministerpräsident Giuseppe Conte sagte der Tageszeitung "La Repubblica": "Wir werden hier nicht aufhören. Wir werden eine massive Schocktherapie anwenden." Er unterstrich, das Land werde seinen finanziellen Spielraum im Rahmen des EU-Stabilitätspakts bei Bedarf voll ausschöpfen. Seit dem Wochenende gelten für weite Gebiete im Norden des Landes - die Region Lombardei sowie einige Provinzen benachbarter Regionen - Beschränkungen in der Reisefreiheit. In dem südeuropäischen Land sind mehr als 9100 Infektions- und 463 Todesfälle bekannt, bislang sind erst einige hundert Patienten wieder gesund.