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Politik

Nach Südchinesischem Meer jetzt der Südpazifik?

Hans Spross
17. November 2018

Chinas Präsident Xi Jinping demonstriert mit seinem Besuch in Papua-Neuguinea und einem Treffen mit mehreren Pazifik-Staaten Chinas wachsenden Einfluss in der Region. Australien sieht sich zum Handeln gezwungen.

Papua-Neuguinea APEC-Gipfel in Port Moresby | Xi Jinping, Präsident China
Bild: Reuters/S. Khan

Erstmals findet der APEC-Gipfel an diesem Wochenende im ärmsten der  21 Mitglieder der transpazifischen Regionalorganisation statt, in Papua-Neuguinea (PNG). Der Gipfel schließt sich unmittelbar an zwei südost- bzw. ostasiatische Gipfeltreffen in Singapur an. Der Kontrast zwischen den beiden Ausrichtern könnte größer nicht sein. Singapurs Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt beträgt kaufkraftbereinigt rund 88.000 US-Dollar, das von PNG rund 3500 US-Dollar.

Für PNG ist die Ausrichtung des APEC-Gipfels eine Prestigeangelegenheit. Die Kosten von Hunderten Millionen US-Dollar wurden zum großen Teil von China und Australien übernommen. Beide Länder bemühen sich verstärkt um Einfluss in dem rückständigen, aber rohstoffreichen und geostrategisch bedeutsamen Inselstaat vor Australiens Nordküste.

So hat China 2017 für die pazifischen Inselstaaten insgesamt rund vier Milliarden US-Dollar als Wirtschaftshilfe in Form von Krediten und Zuschüssen ausgewiesen. Der Löwenanteil floss nach PNG, und dort überwiegend in den Straßenausbau. Australiens Zusagen im Finanzjahr 2017/18 beliefen sich auf 815 Millionen US-Dollar. Erst Anfang November hat die Regierung in Canberra nochmals zwei Milliarden US-Dollar draufgelegt, für Infrastruktur und Handelsfinanzierung.

Geschmückt zum Empfang von Präsident Xi Jinping in Papua-NeuguineaBild: Reuters/D. Gray

China inzwischen Hauptgeberland

Nicht nur in PNG, sondern in der gesamten Region hat sich China inzwischen als Entwicklungshelfer nach vorne geschoben. Lagen 2014 Australien, USA und Neuseeland noch vor China als wichtigste Geberländer in Ozeanien, so nahm China 2017 den ersten Platz ein, was die Zusagen betrifft, und die zweite Stelle bei tatsächlich geflossenen Mitteln.

"Lange Zeit haben Australien, Neuseeland und die USA die Inselstaaten als ihren angestammten Hinterhof betrachtet. Chinas zunehmend spürbare Präsenz in der Region ist ein Weckruf", sagt Adam Ni, derzeit als China-Forscher an der Australian National University, gegenüber der DW. "Um ihren Einfluss zu wahren, müssen die drei genannten Länder ihre Aktivitäten verstärken."

Ni zufolge könnte sich das verstärkte Engagement Chinas für die pazifischen Inselstaaten durchaus als Segen erweisen: "Der verstärkte Wettbewerb zwischen China einerseits und den pazifischen US-Verbündeten andererseits könnte als Resultat mehr Wirtschaftshilfe, Investitionen und Kooperationen für diese Länder bedeuten."

Rivalität oder Kooperation?

Erklärungen, die von verschiedenen Seiten im Vorfeld des Gipfels abgegeben wurden, machten jedoch deutlich, dass Rivalität und potentiell sogar Konfrontation das Denken der jeweiligen Führungen bestimmt. So ließ US-Vizepräsident Mike Pence, der Donald Trump bei den diesjährigen asiatischen Gipfeltreffen vertritt, in Singapur verlauten, die indo-pazifische Region habe "keinen Platz für Großmachtstreben und Aggression". Australiens Premierminister Scott Morrison erklärte bei einer Rede vor Soldaten: "Australien hat ein dauerhaftes Interesse an einem südwestlichen Pazifik, der strategisch gesichert, wirtschaftlich stabil und politisch souverän ist."

Chinas Vizeaußenminister Zheng Zeguang seinerseits sagte vor dem APEC-Gipfel: "Andere Länder sollten Chinas freundschaftliche Kooperation und freundschaftlichen Austausch mit den Inselstaaten nicht behindern. Allerdings haben sie auch gar nicht Mittel, um diesen Austausch zu behindern." Und er fügte hinzu: "Die Region der pazifischen Inselstaaten ist nicht die Einflusssphäre irgendeines Landes. Alle sollten diesen Ländern gemeinsam helfen."

Die zu Papua-Neuguinea gehörende Insel Manus diente Australien bis Ende 2017 als Auffanglager für illegale Einwanderer. Immer noch halten sich mehrere Hundert Asylsuchende dort auf. Durch Chinas Avancen erhielt die Insel nun auch strategische Bedeutung. Bild: picture-alliance/dpa/Refugee Action Coalition

Militärische Dimension

"China ist kein selbstloser Wächter über Frieden und Entwicklung in der Region", sagt China-Experte Adam Ni, der zurzeit an der Australian National University lehrt, "es ist eine aufstrebende Großmacht mit konkreten strategischen Interessen in der Region. Sollte es sich im Südpazifik erfolgreich militärisch etablieren, könnte es militärische Operationen der USA im Konfliktfall riskanter und teurer machen."

Tatsächlich hat Australien quasi in letzter Minute einen Versuch Chinas vereitelt, den Hafen der zu PNG gehörenden Manus-Insel im Bismarck-Archipel auszubauen. Nachdem die Regierung von PNG im Juni das chinesische Angebot bekannt gemacht hatte, gab Canberra in Windeseile ein eigenes Angebot ab, das am Rande des APEC-Gipfels offiziell unterzeichnet werden soll.

Palau ist Verbündeter Taiwans in Ozeanien, und musste dafür im vergangenen Sommer mit einem Touristen-Boykott des Festlands "büßen" Bild: Reuters/F. Master

"Der Hafenausbau auf Manus war für uns eine große Sorge", berichtet ein ungenannter US-Diplomat gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. "Es war durchaus vorstellbar, dass chinesische Militärschiffe den Hafen nutzen würden, insofern sind wir sehr erleichtert darüber, dass Australien die Sanierung des Hafens bezahlen wird."

Seidenstraße führt auch über Ozeanien

Bei einem Mini-Gipfel vor dem eigentlichen APEC-Gipfel traf  Präsident Xi Jinping am Freitag mit den Staatschefs von mehreren Inselstaaten zusammen. Dabei sollte auch deren formeller Beitritt zu Chinas Belt and Road-Initiative (BRI) oder "neuer Seidenstraße" vollzogen werden. Es handelt sich neben PNG um Fidschi, Vanuatu, Samoa, Mikronesien, die Cook-Inseln, Tonga und Niue.

Nicht dabei sind die sechs Inselnationen, die bislang noch diplomatische Beziehungen zu Taiwan unterhalten: Kiribati, die Marshall-Inseln, Nauru, Palau, die Solomon-Inseln und Tuvalu. Die meisten Pressevertreter, darunter aus PNG und der Region, wurden zu dem Treffen nicht zugelassen, wie Reuters berichtet.  Dutzende akkreditierte Journalisten seien abgewiesen worden, trotz Einladung von Seiten des Gastgeberlandes PNG. China wolle sich anscheinend darauf beschränken, "Einfluss zu kaufen, anstatt Einfluss zu gewinnen", sagen Kritiker.

Papuas Ministerpräsident Peter O'Neill wird für zwölf Besuche Chinas belohntBild: Reuters/D. Gray

US-Einfluss in Frage gestellt

Apropos Einfluss: Beobachter sehen in der Abwesenheit von US-Präsident Trump auf den jüngsten Gipfeltreffen in Singapur und in Port Moresby, der Hauptstadt von PNG, ein fatales Signal an die Verbündeten in Asien. Beim ASEAN-Gipfel in Singapur, wo Trump ebenfalls fehlte, sagte Singapurs Ministerpräsident Lee Hsien Long, es sei "sehr wünschenswert" für den ASEAN-Bund, sich nicht zwischen den Weltmächten entscheiden zu müssen. Allerdings könnte der Tag kommen, da sich ASEAN "für den einen oder den anderen entscheiden muss."

Papuas Regierungschef Peter O'Neill versicherte jedenfalls: "Präsident Xi Jinping ist ein guter Freund von Papua-Neuguinea. Das Land ist ihm sehr wichtig. Und ich habe China in den vergangenen sieben Jahren zwölf Mal besucht." Offenbar sieht O'Neill in der hohen Verschuldung bei China kein Problem, die mit derzeit rund 600 Millionen US-Dollar ein Viertel seiner gesamten Auslandsverbindlichkeiten ausmachen. 

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