China nutzt Seltene Erden als strategische Waffe
25. Juni 2025
Chinas Bedeutung auf dem Markt für Seltene Erden war bei den jüngsten Zollverhandlungen in London ein erhebliches Druckmittel gegenüber den USA. China kontrolliert etwa 60 Prozent der weltweiten Produktion Seltener Erden sowie fast 90 Prozent der Raffinierung. Im April verknappte die Volksrepublik das weltweite Angebot, indem es Exportkontrollen für sieben Seltene Erden und Permanentmagnete einführte.
Die Beschränkungen, die teilweise als Reaktion auf die von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle auf chinesische Exporte erfolgten, zeigten die Schwachstellen der USA, die keine eigene Raffineriekapazitäten haben.
"Die gesamte Weltwirtschaft ist auf diese Magnete aus China angewiesen", sagte Jost Wübbeke, geschäftsführender Gesellschafter des auf China spezialisierten Berliner Forschungsinstituts Sinolytics, der DW. "Wenn deren Export eingestellt wird, wird sich das weltweit bemerkbar machen."
Seltene-Erden-Vorräte gehen zur Neige
Die so entstandene Unterbrechungen in den Lieferketten haben die amerikanische Industrie hart getroffen. Autobauer Ford gab am 13. Juni bekannt, wegen Engpässen die SUV-Produktion in Chicago zu drosseln. Die Autozulieferer Aptiv und BorgWarner erklärten, sie würden Motoren mit nur minimalem oder gar keinem Anteil an Seltenen Erden entwickeln, um künftigen Lieferengpässen entgegenzuwirken.
Michael Dunne, ein auf China spezialisierter Automobilberater, sagte der New York Times, Chinas Beschränkungen könnten "die amerikanischen Automobilwerke zum Stillstand bringen". Der Amerikanischen Handelskammer in China zufolge rechnen 75 Prozent der US-Unternehmen damit, dass ihre Vorräte an Seltenen Erden innerhalb von drei Monaten erschöpft sein werden.
US-Hersteller drängen auf Verhandlungen über ein Ende der Beschränkungen. In London hat China zugestimmt, die Genehmigung von Exportlizenzen zu beschleunigen. Doch unklar ist, ob das auch für US-amerikanische Rüstungsfirmen gilt, die diese Mineralien für Kampfjets und Raketensysteme benötigen.
Gabriel Wildau, Geschäftsführer der New Yorker CEO-Beratungsfirma Teneo, warnte, dass Chinas Exportlizenzsystem eine dauerhafte Einrichtung sei und es nicht einfach eine Reaktion auf Trumps Zolldrohungen. In einer Kundenmitteilung schrieb er, dass "Lieferunterbrechungen eine allgegenwärtige Bedrohung" blieben. Chinas wolle so seinen Einfluss auf Washington aufrecht erhalten.
Auch Europa braucht Seltene Erden
Die USA sind nicht das einzige Land, das mit einem Mangel an Seltenen Erden konfrontiert ist. Die Europäische Union ist bei der Beschaffung sogenannter Seltenerdmagnete für Autoteile, Kampfjets und medizinische Diagnosegeräte zu 98 Prozent auf China angewiesen.
Der Europäische Verband der Automobilzulieferer warnte Anfang des Monats, dass der Sektor aufgrund der chinesischen Exportbeschränkungen "bereits erhebliche Störungen erlebe". Diese hätten zur Schließung mehrerer Produktionslinien und Werke in ganz Europa geführt, und in den kommenden Wochen würden weitere Auswirkungen erwartet, da die Lagerbestände erschöpft seien.
Alberto Prina Cerai, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Italienischen Institut für Internationale Politische Studien (ISPI), erklärte gegenüber der DW, Brüssel müsse dringend Zeit gewinnen. "Was die Größenordnung angeht, können wir [der Westen, Annahme der Redaktion] China nicht einholen", warnte er. Und obwohl eine vollständige Abkopplung von China kurzfristig "undenkbar" sei, solle die EU "diese gegenseitige Abhängigkeit mit einer kohärenten Industriestrategie bewältigen".
Die Europäische Kommission will, dass im Rahmen des Critical Raw Materials Act 7000 Tonnen Magnete bis 2030 in der EU produziert werden. Derzeit laufen mehrere Bergbau-, Raffinerie- und Recyclingprojekte. Im Laufe des Jahres soll in Estland eine riesige Anlage zur Verarbeitung Seltener Erden eröffnet werden, und eine weitere große Anlage im Südwesten Frankreichs soll 2026 in Betrieb gehen.
Indien drosselt Rohstoff-Ausfuhr
Obwohl Indien mit 6,9 Millionen Tonnen über die fünftgrößten Vorkommen Seltener Erden der Welt verfügt, trägt das Land weniger als ein Prozent zur weltweiten Versorgung bei. Dem südasiatischen Land fehlen die Raffineriekapazitäten, um die Mineralien für den Einsatz in Hightech-Anwendungen zu verarbeiten. Indien ist zudem auf chinesische Exporte angewiesen, die ebenfalls Beschränkungen unterliegen.
Obwohl Neu-Delhi seine Bemühungen zur Diversifizierung seiner Versorgung durch Abkommen mit den USA, Australien und zentralasiatischen Ländern verstärkt hat, sind die Fortschritte schleppend. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, Neu-Delhi habe seinen staatlichen Bergbauunternehmen IREL verpflichtet, den Export der im Inland geförderten Mineralien einzustellen, um die Versorgung der Produzenten des Landes sicherzustellen.
G7: Rohstoffe auf der Agenda
Da Chinas Vormachtstellung nicht schnell gebrochen werden kann, einigten sich die G7-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen am 15. Juni in Kanada auf eine Strategie zur Vorbeugung kritischer Engpässe bei Seltenen Erden. Im "G7 Critical Minerals Action Plan" versprachen sie eine gemeinsame Reaktion auf vorsätzliche Marktstörungen, wie sie China durchführte, sowie Maßnahmen zur Diversifizierung von Produktion und Versorgung.
Konkurrenten wollen aufholen
Nach Chinas 44 Millionen Tonnen Seltener Erden verfügen Brasilien, Indien und Australien laut dem US Geological Survey über die nächstgrößten Vorkommen mit insgesamt rund 31,3 Millionen Tonnen. Rund 20 Millionen Tonnen wurden kürzlich in Kasachstan entdeckt.
Die USA und Australien sind beim Ausbau ihrer eigenen Produktion von Seltenen Erden am weitesten fortgeschritten. Die Pläne anderer Länder befinden sich noch im Anfangsstadium - Umweltaspekte müssen berücksichtigt und Milliardeninvestitionen eingeworben werden.
Die USA und die EU haben bereits Kooperationsabkommen unterzeichnet, und im Jahr 2023 wurde das Tanbreez-Projekt in Südgrönland vom Bergbaudatenanbieter Mining Intelligence mit geschätzten 28,2 Millionen Tonnen Mineralien als das größte Seltene-Erden-Projekt eingestuft. Reuters berichtete Anfang des Monats, dass die US-Export-Import Bank dem Betreiber von Tanbreez einen Kredit von bis zu 104 Millionen Euro genehmigen werde. Dies wäre die erste Auslandsinvestition der Trump-Regierung in ein Bergbauprojekt.
China behauptet die Pole-Position
Dies ist ein weiteres Zeichen für die zunehmend wichtige Rolle Grönlands in der Weltwirtschaft. Doch bis die alternativen Lieferungen an Seltenen Erden deutlich ausgeweitet werden, wird China diese kritische Ressource weiterhin als mächtige geopolitische Waffe einsetzen und globale Industrien und Nationen in seinem Griff haben.
Wübbeke von Sinolytics ist skeptisch, ob andere Länder Chinas Würgegriff bei Seltenen Erden aufgrund des enormen Kostenvorteils des Marktführers jemals überwinden werden. "Sobald China die Exportkontrollen lockert, werden die Preise sinken und die Versorgungslage sich entspannen. Niemand wird mehr über die übermäßige Abhängigkeit von China reden, denn dann geht es nur noch um die Preise", sagte Wübbeke der DW. "Nicht-chinesische Bergwerke und Raffinerien müssen mit diesen Preisen konkurrieren, was ihnen normalerweise nicht möglich ist."
Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert.