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China: Sparen und auf die Zukunft hoffen

26. Juni 2025

Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt leidet unter dem schwächeren Binnenkonsum. Besonders betroffen ist die chinesische Autoindustrie. Manuela Kasper-Claridge berichtet vom "Sommer-Davos" aus Tianjin.

Ein NIO Showroom in Yantai, China
In Tianjin locken selbst die stylischen Showrooms der chinesischen Autohersteller nicht viele Kunden anBild: CFOTO/picture alliance

"Auch wenn wir nur gehen, sind wir schneller als andere." Sun lacht verschmitzt, als er mit diesem Bild den Zustand der chinesischen Wirtschaft im Vergleich zu den Wettbewerbern beschreibt.

Dem Geschäftsmann selbst geht es gut. Sein Wohlstand basiert auf dem Verkauf von Immobilien in China. Er möchte allerdings nicht mit seinem vollen Namen zitiert werden, denn aktuell läuft sein Geschäft schlecht. Es gibt viel Leerstand, die Wohnungen sind zu teuer.

Wie es weitergeht? Sun zuckt mit den Schultern. Das wird schon. Der Mit-Fünfziger hofft auf Signale von der Regierung.

Summer Davos in China

Gewohnt optimistisch gibt sich der chinesische Premierminister Li Qiang. Er spricht in Tianjin auf dem "Summer Davos 2025", organisiert vom Schweizer Weltwirtschaftsforum.

1700 Teilnehmer aus der ganzen Welt sind in die Hafenstadt gereist und hören hoffnungsfroh zu. 5,5 Prozent Wirtschaftswachstum im ersten Quartal dieses Jahres. Auch das zweite Quartal sehe gut aus, sagt der chinesische Premier.

In der pulsiedrenden Metropole Tianjin findet das 'Sommer Davos 2025' stattBild: Michael Wetzel/DW

Sparen statt Spaß

Doch dem staatlichen Optimismus begegnen viele Chinesen mit Skepsis. Sie sparen lieber als ihr Geld auszugeben. Beim Gang durch die großen Shopping Center in Tianjin fallen gähnend leere Läden auf. Uhren, Schmuck, teure Handtaschen - doch die Nachfrage ist gering.

Selbst beim Friseur tut sich an diesem normalen Wochentag wenig. Es gibt vier Stylisten, aber nicht einen Kunden.

In den schick designten Läden der chinesischen Autohersteller spielen die Verkäufer gelangweilt mit ihren Handys. Der neueste "Nio", natürlich ein Elektroauto, steht einsam im Verkaufsraum. Niemand schaut sich das Modell an oder will sich mal zur Probe reinsetzen.

Die Automobilhersteller trifft die mangelnde Konsumfreudigkeit der Chinesen besonders hart. Der Wettbewerb um Marktanteile ist extrem, die Preise sind zum Teil im freien Fall. Neue Wagen werden zu Gebrauchtwagenpreisen verkauft. "Zero-mileage" wird diese Praxis genannt.

Dumpingpreisoffensiven 

"Es ist gut für die Verbraucher, sie bekommen Autos zu sehr reduzierten Preisen und sie bekommen sehr fortschrittliche, wettbewerbsfähige Autos. Gleichzeitig werden die Gewinnspannen der Unternehmen allerdings ausgehöhlt", analysiert Killian Aviles, Head of Asia Pacific für die deutsche Dekra Group, die in China mit Tests und Beratung rund um die Automobilindustrie noch gute Geschäfte macht.

Eine Konsolidierung ist unvermeidlich, davon ist nicht nur Aviles überzeugt. "Nur die Stärksten und Gesündesten werden überleben", sagt er.

Nio-Geschäftsführer Li: Elektrofahrzeuge sind Konsens

02:44

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Der verstärkte Export von Autos, zum Beispiel nach Europa, könnte Entspannung schaffen. Vorausgesetzt, die Europäer lassen diesen Export zu und heben die Zölle nicht weiter an. Andererseits ist die bisherige starke Exportorientierung der chinesischen Wirtschaft auch kein tragfähiges Modell für die Zukunft.

Export kein Zukunftsmodell mehr

"China hat erkannt, dass die Ära des Export-orientierten Wachstums vorbei ist. Und natürlich kämpft das Land immer noch mit Überinvestitionen und Überproduktion", sagt Diana Choyleva, Senior Fellow des Center for China Analysis in London. Der Konsum in Inland müsse anziehen, ist die Expertin überzeugt.

Gleichzeitig will China in möglichst vielen Branchen Weltmarktführer werden. Stolz zeigt man den Besuchern ausgewählte Betriebe in der Metropole Tianjin. Die Stadt zählt zu den fünf größten Hafenstädten der Welt und setzt unter anderem auf Robotik.

"Mit Robotik die Welt verbessern" -  damit wirbt die Siasun Robotic Factory. Deren Industrieroboter werden in 40 Länder der Welt verkauft. Zum Angebot gehören auch Roboter für die Nuklearindustrie.

1700 Teilnehmer sind zum 'Sommer Davos' in Tianjin am Ufer des River Hai He gekommenBild: Manuela Kasper-Claridge/DW

Die neuesten Robotermodelle sind aber nicht zu besichtigen. Stattdessen Standardmaschinen, wie sie unter anderem in der Automobilindustrie zu finden sind. Das Wachstumspotenzial ist enorm, sagt der Produktionsleiter. "Bald werden die Roboter selbst die Roboter bauen", freut er sich.

"Wo bleiben dann die Menschen?" Die Frage wird nicht beantwortet.

Picknick statt Restaurant

An den Ufern des Flusses Hai He, der durch Tianjin fließt, sitzen chinesische Touristen und verzehren ihr Picknick. Familien mit Kindern, Ältere und viele junge Leute sind dabei. Einige tanzen an ausgewählten Plätzen.

Viele Restaurants aber sind halbleer - zu teuer. Das Geld sparen die Chinesen lieber. Das mitgebrachte Essen schmeckt auch gut.

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