China tadelt Nordkorea
4. April 2013 Zuverlässig sorgt das Regime von Kim Jong Un derzeit jeden Tag aufs Neue für Schlagzeilen: Nordkorea will seine seit sechs Jahren stillgelegte Atomanlage in Yongbyon wieder hochfahren, versperrt südkoreanischen Arbeitern den Zugang zum gemeinsam genutzten Industriepark Kaesong, kappt damit die letzte Verbindung zum Süden - und lässt verkünden, das Militär habe offiziell grünes Licht für einen Atomangriff gegen die USA gegeben. So die Liste der Provokationen allein seit dem vergangenen Wochenende.
Sämtliche Warnungen und Appelle an das international isolierte Land in Ostasien verpuffen bislang wirkungslos, egal, ob sie von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, US-Außenminister Chuck Hagel oder Park Geun-hye, der Präsidentin aus dem verhassten Süden stammen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle ließ über seinen Ministeriumssprecher verkünden, Deutschland stehe fest an der Seite Südkoreas. Verknüpft mit dieser Aussage war auch die Forderung an China, "als Nachbar und wichtigster Verbündeter, dass es seine Rolle sehr verantwortungsvoll und mäßigend spielt".
Demonstrative Zurückhaltung
Doch aus der Volksrepublik China, die nach dem nordkoreanischen Raketenstart im Dezember und dem Atomtest im Februar gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des Weltsicherheitsrates verschärfte Sanktionen gegen Nordkorea beschlossen hatte, ist außer mahnenden Worten nichts zu hören. Die Lage auf der koreanischen Halbinsel sei derzeit "heikel" und "schwierig", so der Außenamtssprecher Hong Lei. Die Atompläne Pjöngjangs bezeichnete er als "bedauerlich“.
Weniger vorsichtig drückt es Professor Jian Cai vom Korea-Institut an der Fudan-Universität in Schanghai aus. Die nordkoreanische Ankündigung, die stillgelegte Atomanlage von Yongbyon wieder hochzufahren, sei ein "offensichtlicher Verstoß gegen die Vereinbarungen der Sechs-Parteien-Gespräche von 2007". China stecke in Bezug auf das abgeschottete Nachbarland in einem Dilemma. Krieg möchte Peking auf jeden Fall vermeiden, denn das würde bedeuten, dass chinesische Truppen an der Seite Nordkoreas gegen amerikanische antreten müssten.
Generell sei der Unmut sehr groß. "Als traditioneller Verbündeter ist China über das Verhalten Nordkoreas sehr enttäuscht", resümiert Professor Cai, "die Regierung ist der Meinung, dass Nordkorea keinerlei Rücksicht auf Peking nimmt, welches sich immer um Stabilität in der Region bemüht hat." Es sei wichtig, Nordkorea erkennen zu lassen, dass ein solches Verhalten Folgen nach sich ziehen werde. Daher unterstütze China auch im Gegensatz zu früher aktiv die neuen Sanktionen. Grundsätzlich allerdings ist für Professor Cai klar, dass Peking auch künftig zu Nordkorea stehen wird. "China wird Nordkorea auf keinen Fall aufgeben."
Nagende Sorgen
Ähnlich sieht es auch Zhangjin Huang, stellvertretender Chefredakteur des Wochenmagazins "Phoenix Weekly". Grundsätzliche Veränderungen in der chinesischen Linie werde es nicht geben. "Für die Regierung ist klar, dass Nordkorea ein 'Problem-Kind' ist. Aber als Nachbar ist ein sozialistischer Staat wie Nordkorea aus Sicht Pekings wesentlich ungefährlicher als ein liberales, demokratisches Land." Nordkorea spiele auch eine wichtige Rolle als Pufferzone zwischen China und der US-Militärpräsenz in Südkorea und Japan.
Natürlich hoffe China, dass Pjöngjang seine Haltung überdenkt. Sollte das nicht der Fall sein, stünden gleich zwei Schreckensszenarien im Raum. "Was China gar nicht sehen will, ist eine Vereinigung Nord- und Südkoreas", erläutert Journalist Huang. "Noch mehr fürchtet China allerdings die Zerstörung des Kim-Jong-Un-Regimes durch die USA und Südkorea." Unterm Strich möchte China vor allem eins: Ruhe vor der eigenen Haustür. Danach allerdings sieht es im Moment nicht aus.