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China und Russland: Zwei Gleichgesinnte für neue Weltordnung

Dang Yuan
8. Mai 2025

Chinas Präsident Xi reist zu den Feierlichkeiten am 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges nach Moskau. Beide Länder streben eine neue Weltordnung an und wollen die Führungsposition der USA herausfordern.

Russland Moskau 2025 | Xi Jinping trifft Wladimir Putin im Kreml
Xi (i.) und Putin trafen sich am Donnerstag (8.5.25) in MoskauBild: Pavel Bednyakov/AP Photo/picture alliance

Im Kreml rollte Wladimir Putin für Chinas Staatspräsident Xi Jinping den roten Teppich aus - in dem scheinbar unendlich großen Empfangssaal. Die ganze Welt konnte dabei zuschauen, wie die beiden Präsidenten aus einer gefühlten Entfernung von 100 Meter aufeinander zugingen. Zahlreiche Kameras haben diesen Moment eingefangen: Winken, Lächeln und Händeschütteln - eben alles, was zur Höflichkeit bei Staatsbesuchen dazu gehört.

Diese Bilder haben hohe Symbolkraft. Der russische Präsident braucht Verbündete von der Größe und Bedeutung Chinas. Sein Land ist infolge des Angriffskrieges auf die Ukraine international isoliert. Gegen ihn selbst besteht ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs. Eigentlich sollte das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren in Europa mit einer großen Militärparade auf dem Roten Platz pompös gefeiert werden. Doch der Show bleiben Politiker westlicher Siegermächte fern. In Moskau verweilen derzeit Staats- und Regierungschefs aus Kuba, Venezuela sowie der Mongolei. Aus Europa reisen nur der serbische Präsident Aleksandar Vucic und der slowakische Ministerpräsident Robert Fico an.

Chinas Staatspräsident Xi Jinping (72) bei der Ankunft im KremlBild: Yuri Kochetkov/Pool Photo/Pool EPA/AP/picture alliance

Und es kam Xi, der Mächtigste aus dem Reich der Mitte, gleich mit zwei Regierungsmaschinen - beide des Typs Boeing 747-800 für ihn und seine Delegation. Die Begegnung mit Xi zeigt den Menschen in Russland und dem internationalen Publikum, dass Putin fest im Sattel der Macht sitzt und von Verbündeten respektiert wird, zumindest von Xi, so unterschiedlich Russland und China auch sind.

Schicksalsgemeinschaft gegen Hegemonie

Wirtschaftlich liegt Russlands Bruttoinlandsprodukt trotz der riesigen Landesfläche nur knapp über dem der wirtschaftsstärksten chinesischen Provinz Guangdong. China hat insgesamt 34 Provinzen. Während China kräftig in die Zukunftstechnologien wie die Künstliche Intelligenz und Smart Manufacturing investiert, nährt sich das Wachstum Russlands immer noch aus der Rüstungsindustrie und den Rohstoffen, auf die aber aufgrund internationaler Sanktionen immer weniger Kunden zurückgreifen.

Xi und Putin (r.) wollen eine neue multipolare WeltordnungBild: Yuri Kochetkov/REUTERS

Auf der Weltbühne haben die beiden ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat vieles gemeinsam. Beide Länder wollen 80 Jahre nach dem Kriegsende eine neue Weltordnung im Rahmen der Vereinten Nationen - nicht mehr unter der alleinigen Führung der USA als einzige Supermacht. Der globale Süden dürfe sich nicht mehr gefallen lassen, dass der US-Präsident Donald Trump das Recht des Stärkeren missbrauche. Diese Vision eint Xi und Putin.

"Peking betrachtet Moskau weiterhin als unverzichtbaren strategischen Partner", sagt Claus Soong, Analyst der Berliner China-Denkfabrik MERICS. "In Chinas breiterem geopolitischen Kalkül geht die sich vertiefende Partnerschaft mit Russland über den Ukraine-Konflikt hinaus. Russland ist ein nützlicher Partner, um den globalen Süden zu versammeln und den Aufbau einer alternativen globalen Ordnung zu unterstützen, die der westlichen Dominanz entgegenwirkt."

"China und Russland müssen die internationale Ordnung mit den Vereinten Nationen als Kern und mit dem Völkerrecht als Fundament verteidigen", erklärte Xi in einer schriftlichen Stellungnahme nach der Landung in Moskau am Mittwochabend (7.5.25). "Wir wenden uns entschieden gegen Hegemonismus und wollen echten Multilateralismus praktizieren." Nicht mehr nur mit den USA in der Poleposition, sondern auch mit China, Russland, vielleicht auch mit Europa. Mit letzterem feierte China diese Woche 50 Jahre diplomatische Beziehungen.

Handel mit Asien statt transatlantischer Handel

07:20

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Beim Treffen mit dem russischen Präsident Putin am Donnerstag (8.5.25) wurde Xi deutlicher. Die internationale Gerechtigkeit vehement zu verteidigen und den Aufbau eines fairen und gerechten Global Governance zu fördern, sei die Berufung der Gegenwart. "China und Russland werden sich der Verantwortung stellen."

China will "Poleposition", mit Unterstützung Russlands

In den Augen Pekings liegt die Ursache der turbulenten Weltlage in der 1600 Pennsylvania Avenue im District of Columbia, dem Sitz des Weißen Hauses. Seit der Amtsübernahme im Januar 2025 habe der US-Präsident Trump durch kurzsichtige und meistens ineffektive Dekrete die Weltwirtschaft aufgewirbelt und die geopolitischen Spannungen deutlich erhöht, glauben die Funktionäre hinter der roten Mauer in Peking. Der Zeitpunkt sei nun günstig, die Position der Weltmacht herauszufordern oder zumindest die ersten Fundamente für die Übernahme der Poleposition zu legen.

Selenskyj beschuldigt China, Russland im Krieg zu helfen

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In den letzten Monaten verschärft sich die Konkurrenz zwischen den USA als der größten und China, der zweitgrößten Volkswirtschaft. Die Zollerhöhungen beider Länder schaukeln sich gegenseitig hoch. Zwischen Washington und Peking herrscht jetzt Funkstille. Wie bockige Kinder will keiner zuerst zum Hörer greifen. Keiner will sich nur um Millimeter zurückbewegen, damit Kompromisse wieder geschlossen werden können, die als Schwächen wahrgenommen werden würden.

Und der Aufmerksamkeit Chinas ist nicht entgangen, dass Putin und Trump in diesem Jahr bereits zweimal direkt telefonisch miteinander gesprochen haben. Beim Gespräch mit Xi verkündete Putin nun seinen Gegenbesuch in Peking Ende August sowie Anfang September, um mit China den Sieg über die japanischen Aggressoren vor 80 Jahren in Asien ebenfalls mit einer Militärparade zu feiern. "Wir entwickeln unsere strategischen Beziehungen zum Wohle der Menschen in beiden Ländern", erklärte Putin am Donnerstag im Kreml, "aber nicht gegen Drittparteien", wie er dann hinzufügte.

"Unterschiedliche Phantasien beim Matratzensport"

"China und Russland schlafen im selben Bett, haben aber unterschiedliche Phantasien", analysiert MERICS-Experte Soong. "Die 'grenzlose' Partnerschaft hat natürlich ihre Grenzen, die von den sich verändernden geopolitischen Realitäten geprägt sind. Es kommt auf die jeweiligen Beziehungen mit dem Westen an. Peking bekräftigt gerne diese 'grenzenlose' Partnerschaft mit Moskau, um zu verhindern, dass sich Moskau der Trump-Regierung annähert."

Mapped Out: Chinas heimlicher Krieg

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Ferner wolle sich Xi im Falle eines eskalierenden und möglicherweise bewaffneten Konflikts mit Taiwan die vorbehaltlose Unterstützung von Russland sichern, auch eine militärische. Die Insel ist in Pekings Augen eine abtrünnige Provinz und von knapp 200 Staaten als Teil des chinesischen Territoriums anerkannt, unter anderem von Deutschland und den USA.

Seit der russischen Invasion in der Ukraine hätten die gemeinsamen Militärübungen zwischen Russland und China in Anzahl, Umfang und geografischer Reichweite stark zugenommen, sagt Hugo von Essen, Analyst vom Stockholm Centre for Eastern European Studies (SCEEUS). "Dies wird entscheidende Auswirkungen auf die gemeinsame Einsatzfähigkeit, die Machtprojektion und die Abschreckungskapazitäten beider Seiten sowie auf die potenzielle unterstützende Rolle Russlands in indopazifischen Konfliktszenarien haben", sagt von Essen.

In Taiwan wächst die Sorge um die Partnerschaft mit den USA

02:59

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Auf der Insel Taiwan mit 23 Millionen Menschen regiert jetzt Präsident William Lai, der sich vor seiner Wahl als "Politiker, der sich für die Unabhängigkeit Taiwans einsetzt", bezeichnet hatte. Damit wäre die rote Linie Chinas überschritten. Das chinesische Antispaltungsgesetz würde dann eine militärische Intervention legitimieren. Allerdings steht Taiwan unter dem US-Schutzschirm. Die USA hatten 1979 das Taiwan Relations Act verabschiedet, der die US-Regierung verpflichten würde, auch militärischen Beistand zu leisten, wenn Taiwan angegriffen würde.

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