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Politik

Hongkong-Abgeordneten das Mandat entzogen

11. November 2020

Die Führung in Peking knöpft sich rigoros Demokratie-Verfechter in Chinas Sonderverwaltungszone vor. Vier Abgeordnete der Opposition wurden ohne viel Federlesens aus dem Parlament ausgeschlossen.

Hongkong: Dennis Kwok, Alvin Yeung, Kwok Ka-ki, Kenneth Leung
Dennis Kwok, Alvin Yeung, Kwok Ka-ki und Kenneth Leung (v.l.) äußern sich nach ihrem Ausschluss vor Journalisten Bild: Vincent Yu/AP Photo/picture alliance

"Gefährdung der nationalen Sicherheit" wirft Hongkongs von China gelenkte Regierung den vier Abgeordneten der demokratischen Opposition vor. Alvin Yeung, Kwok Ka-ki, Dennis Kwok und Kenneth Leung wurde deshalb ihr Mandat im Stadtparlament mit sofortiger Wirkung entzogen, wie aus einer kurzen Erklärung der Führung in Hongkong hervorgeht.

Entscheidung ohne Gerichtsbeschluss 

Zuvor hatte Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua eine Entscheidung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses in Peking veröffentlicht, wonach Hongkonger Abgeordnete ihre Sitze ohne Gerichtsbeschluss verlieren können. Ein solches Vorgehen ist nach Auffassung der chinesischen Behörden legitim, wenn Parlamentarier der Sonderverwaltungszone die Unabhängigkeit Hongkongs befürworten, sich an Handlungen beteiligen, die die nationale Sicherheit gefährden, oder "ausländischen Kräften" dabei helfen, sich in innere Angelegenheiten einzumischen. 

Wie die Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" berichtet, hatten sich die vier Abgeordneten an sogenannten Filibustern beteiligt. Dabei wird durch andauernde Nachfragen etwa eine Abstimmung über Gesetzesvorhaben verhindert. 

Großer Medienandrang nach der Entscheidung gegen Hongkongs Opposition Bild: Vincent Yu/AP Photo/picture alliance

Das Vorgehen der Behörden in Hongkong "verstößt eindeutig gegen das Prinzip 'ein Land, zwei Systeme'", machte der Abgeordnete Dennis Kwok vor Journalisten deutlich. Grundlegende Menschenrechte und ordnungsgemäße Verfahren würden völlig ignoriert. Am Mittwoch sagte Dennis Kwok der Deutschen Welle, dass mit dem praktischen Ende des politischen Prinzips "Ein Land, zwei Systeme" auch die verfassungsgemäße Ordnung beendet sei. Es gebe in Hongkong keine Gewaltenteilung mehr. Der Aktivist fügte hinzu: "Zu sagen, dass wir die nationale Sicherheit gefährden, ist lächerlich."

Kwok Ka-Ki bedauerte, dass er seine Aufgaben als Abgeordneter - für Demokratie und Freiheit zu kämpfen - derzeit nicht mehr wahrnehmen könne. Dennoch stehe er weiter an der Seite derjenigen, die sich für die Grundwerte Hongkongs einsetzten, versicherte er vor den Reportern.

Gesamte pro-demokratische Fraktion tritt zurück

Als Reaktion auf den Ausschluss der vier Abgeordneten kündigte die gesamte pro-demokratische Fraktion im Hongkonger Stadtparlament ihren Rücktritt an. Die 15 verbliebenen Mandatsträger teilten ihre Entscheidung in einer Pressekonferenz mit. "Wir stehen an der Seite unserer ausgeschlossenen Kollegen und für Demokratie", sagte Wu Chi-wai, der Vorsitzende der Demokratischen Partei.

Geschlossen tritt die Fraktion der Demokratischen Partei zurück Bild: Vincent Yu/AP Photo/picture alliance

Die vier Politiker waren bereits von der Parlamentswahl im September ausgeschlossen worden. Allerdings wurde diese später wegen der Corona-Pandemie abgesagt und auf das nächste Jahr verschoben.

Seit den Massenprotesten der Demokratiebewegung im vergangenen Jahr haben Hongkongs Behörden ihr Vorgehen massiv verschärft. Seit Juni greifen sie dabei auch auf das von Peking verabschiedete sogenannte Sicherheitsgesetz für Hongkong zurück. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die China als subversiv, separatistisch oder terroristisch ansieht. Es ist der bisher weitestgehende Eingriff in Hongkongs Autonomie und gibt Pekings Staatssicherheit weitreichende Vollmachten.

Deutliche Worte aus Berlin

Die deutsche Bundesregierung kritisierte den Ausschluss von vier Oppositionsabgeordneten aus dem Hongkonger Parlament. Die Entscheidung setze "einen Trend zur Aushöhlung des Pluralismus und der Meinungsfreiheit fort, der uns insbesondere seit der Einführung des Nationalen Sicherheitsgesetzes zutiefst besorgt", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. "Die Bürgerinnen und Bürger Hongkongs haben ein Recht auf freie und faire Wahlen und auf die im Basic Law garantierten Freiheiten und Rechte." Diese Freiheiten und Rechte müssten geachtet und der "hohe Grad an Autonomie, der Hongkong zusteht", bewahrt werden. Dazu habe China sich international verpflichtet. "Hierfür müssen unter anderem die verschobenen Wahlen zum Legislativrat unter Beachtung demokratischer Grundsätze schnellstmöglich nachgeholt werden."

se/pg/kle (rtr, ap, dpa, afp)

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