China verschärft Druck auf nicht registrierte "Hauskirchen"
2. November 2025
Der Kurs gegen Mitglieder offiziell nicht anerkannter christlicher Kirchen in China wird härter. Derzeit sind sie einer erneuten Verfolgungswelle ausgesetzt. Sie macht deutlich, wie zunehmend intolerant sich der chinesische Präsident Xi Jinping gegenüber dem Prinzip der Religionsfreiheit zeigt.
Der chinesischen Rechtsprechung zufolge dürfen Christen Gottesdienste nur in denjenigen Kirchen abhalten, die den von der Kommunistischen Partei kontrollierten Religionsinstitutionen angeschlossen sind.
Bisher sind nur zwei christliche Gruppen offiziell anerkannt: die Chinesische Patriotische Katholische Vereinigung (Chinese Patriotic Catholic Association) und die protestantische Patriotische Drei-Selbst-Bewegung (Protestant Three-Self Patriotic Movement).
Anfang dieses Monats wurden rund 30 Pastoren und Mitglieder der Zion-Protestantischen Kirche (Zion Protestant Church) - einer der größten inoffiziellen christlichen Kirchen Chinas - in mindestens sieben Provinzen verhaftet. Unter den Festgenommen ist auch der Gründer der Kirche, Jin "Ezra" Mingri.
"Einige Polizisten schlugen die Schlösser und Türen ein, während andere den Strom abstellten und sich als Elektriker ausgaben. Sie klopften an die Türen, bevor sie eindrangen", sagt Bob Fu, ein chinesischer Pastor und Gründer der in den USA ansässigen Religionsgruppe ChinaAid, die Fälle von Christenverfolgung in China detailliert dokumentiert.
Die meisten Verhafteten werden wegen "illegaler Verbreitung religiöser Inhalte online" angeklagt. Die Kirche überträgt ihre Gottesdienste seit 2018 auf virtuellem Weg. Seitdem ist ihre Mitgliederzahl auf mindestens 10.000 Personen in 40 Städten angewachsen.
Hartes Vorgehen gegen Christentum
In einem Beitrag auf dem sozialen Netzwerk X verurteilte der Beauftragte der Deutschen Bundesregierung für Religionsfreiheit, Thomas Rachel, die "Verletzung der Religionsfreiheit" und forderte die Freilassung aller Kirchenmitglieder.
Auch US-Außenminister Marco Rubio kritisierte das Vorgehen Chinas. Er forderte China auf, die Inhaftierten umgehend freizulassen sowie allen Gläubigen freie Religionsausübung zu gewähren, und zwar ohne dass sie Angst vor Repressalien haben müssten.
"Dieses harte Vorgehen zeigt einmal mehr, wie feindlich gesinnt die Kommunistische Partei Chinas gegenüber Christen ist, die sich der Einmischung der Partei in ihren Glauben widersetzen und in nicht registrierten Hauskirchen Gottesdienste feiern", erklärte Rubio.
Das chinesische Außenministerium wies Rubios Kritik zurück. Peking reguliere religiöse Angelegenheiten im Einklang mit dem Gesetz und schütze die Glaubensfreiheit und die normalen religiösen Aktivitäten der Bürger, so das Ministerium.
Der Sprecher des Außenministeriums, Lin Jian, forderte der Deutschen Presseagentur (dpa) zufolge die Vereinigten Staaten auf, sich nicht in die inneren Angelegenheiten Pekings einzumischen.
Für die meisten der Verhafteten ist der Fall indessen noch nicht überstanden. 23 Mitglieder der Zion-Kirche seien weiterhin inhaftiert, sagt Bob Fu von ChinaAid der DW. Acht von ihnen hätten jedoch ihre Anwälte treffen dürfen. Dieser Schritt sei unter dem "enormen internationalen Druck" erfolgt, unter dem Peking stehe.
"Die Kommunistische Partei Chinas hat diesmal tatsächlich ein Zugeständnis gemacht", bemerkt Fu. "Die Verhafteten gelten als politische Gefangene. Aus diesem Grund wäre es in der Vergangenheit undenkbar gewesen, ihnen während der Ermittlungsphase den Kontakt zu ihren Anwälten zu erlauben."
Xi verschärft Kurs gegen christliche Kirchen
In China existiert die weltweit größte verfolgte christliche Gemeinde. Laut der gemeinnützigen Organisation Global Christian Relief hat sich die Religionsfreiheit unter der Regierung von Xi Jinping seit dessen Machtübernahme im Jahr 2012 rapide verschlechtert.
In den letzten zehn Jahren hat Xi die sogenannte "Sinisierung" der Religionen vorangetrieben. Diese verschärft die ideologische Kontrolle über religiöse Gruppen und ordnet den Abriss von Kirchen und das Entfernen von Kreuzen an.
Polizeirazzien gegen nicht registrierte, unabhängige "Hauskirchen" in China hätten zuletzt zugenommen, sagt die im US-Exil lebende chinesische Christin Mirro Ren der DW. "Ich habe in den letzten Jahren vielfach gesehen, wie Gemeindemitglieder nacheinander verhaftet wurden, aber nie in diesem Ausmaß", so Ren. "Dieses Mal ist es anders."
Ren war Mitglied der Early Rain Covenant Church, einer Hauskirche in der südwestchinesischen Stadt Chengdu. Deren Pastor war 2018 verhaftet und zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Das Registrierungssystem sei ein politisches Instrument der Behörden, um die Glaubensüberzeugungen der Menschen stärker zu kontrollieren, so Ren.
"Die Behörden wollen deine Gedanken kontrollieren - das überschreitet bereits die Grenze reiner Glaubensfragen", sagt Ren.
Ähnlich sieht es Bob Fu. Die Verfolgung rühre daher, dass die Behörden die Gottesdienste und Versammlungen nicht registrierter Kirchen als "politische und ideologische Bedrohungen" betrachteten, erläutert er der DW.
"Xi will wie Gott sein - wer ihn nicht verehrt, anbetet und ihm absolut gehorcht, den betrachtet er als untragbare Präsenz in der Gesellschaft", sagt er.
Angst und Hoffnung in Chinas Hauskirchen
Offiziellen, auch vom US-amerikanischen Demoskopie-Institut Pew Research Center zitierten, chinesischen Daten zufolge sind nur zwei Prozent der chinesischen Bevölkerung Christen. Diese Zahl dürfte auf 29 bis 44 Millionen Menschen hinauslaufen. Allerdings dürften darin die Mitglieder der Untergrundkirchen noch nicht enthalten sein.
Viele Religionswissenschaftler schätzen die Gesamtzahl der chinesischen Christen, einschließlich der Mitglieder nicht registrierter Kirchen in allen Provinzen, auf mehrere Hundert Millionen.
Die Massenverhaftungen von Kirchenführern und Pastoren hätten zwar Angst unter den Gemeindemitgliedern ausgelöst, sagt Bob Fu der DW. Allerdings habe das Leben unter ständiger Überwachung viele Christen mental bereits auf das Schlimmste vorbereitet.
"Die meisten Gläubigen sind sich bewusst, dass dies früher oder später passieren könnte. Sogar Nachfolgepläne innerhalb der Kirchenleitung wurden bereits vorbereitet", berichtet Fu.
Trotzdem bleiben die Gläubigen optimistisch. Das gilt offenbar auch für Pastor Jin, den Gründer der Zion-Kirche. Der im Gefängnis einsitzende Pastor glaube, dass Verhaftungen wie die derzeitige Chinas Kirchen erstarken und wachsen ließen, sagt Fu, der mit Jin befreundet ist.
Zwar habe die chinesische Regierung bei ihrer jüngsten Maßnahme fast alle Pastoren verhaftet, so Fu. Doch die Versammlungen und Gottesdienste gingen wie gewohnt weiter.
"Ich glaube, die Geschichte wird einmal mehr beweisen, dass die Unterdrückung des Christentums zum Scheitern verurteilt ist", zeigt er sich überzeugt.
Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.