Parteikongress in China
9. Oktober 2007Am 15. Oktober beginnt der 17. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas. Bereits am Dienstag (09.10.2007) fangen die Vorbereitungen mit einer Sitzung des Zentralkomitees an. Auf dem nur alle fünf Jahre stattfindenden Parteikongress wird über die Zukunft Chinas entschieden. Mehr als 2000 Delegierte aus Politik - nationale, regionale und lokale Ebene - sowie vom Militär, der staatlichen Industrie und auch Arbeiter, Bauern und Lehrer - Vertreter der "demokratischen Basis" - kommen in der Großen Halle des Volkes in Peking für voraussichtlich eine Woche zusammen.
Staats- und Parteichef Hu Jintao, der auf dem Parteikongress vor fünf Jahren das Ruder übernommen hat, wird politisch und vor allem personell sein Programm für die nächsten fünf Jahre festlegen. Mit einer Neubesetzung des mächtigen Ständigen Ausschusses des Politbüros will der 64-jährige Hu seine Macht für die nächsten fünf Jahre festigen und auch einen möglichen Nachfolger in Position bringen. Und endlich die Schatten seines Vorgängers Jiang Zemin loswerden.
Die "Prinzen" warten auf ihre Chance
Die alte Generation müsse verschwinden, bevor die neue Generation wirklich hervortreten könne, nennt der kritische Journalist Li Datong eine eiserne Regel der chinesischen Politik. Einige ältere Spitzenpolitiker im Ständigen Ausschuss, der heute acht Mitglieder zählt, gehen in Pension. Besonders die Frage, ob sich Vizepräsident Zeng Qinghong zurückziehen wird, ist noch offen. Er ist ein alter Vertrauter von Hus Vorgänger Jiang und gilt bei einigen Beobachtern als zweitwichtigster Politiker. Er selbst hat mit 68 Jahren ein kritisches Alter erreicht, wird vermutlich aber großen Einfluss auf Personalentscheidungen ausüben. Für seinen Rückzug könnte ein Tauschhandel bei der Besetzung anderer Posten nötig werden, über den sich Zeng Qinghong weiter Einfluss sichert.
Als aussichtsreiche Kandidaten für die freiwerdenden Stellen gelten der Parteichef der Provinz Liaoning, Li Keqiang und der neue Parteichef von Schanghai, Xi Jinping. Letztere ist einer von Chinas "Prinzen" – also ein Sohn eines früheren kommunistischen Spitzenpolitikers, der seine jetzige Position nicht zuletzt seinem Vater verdankt. Trotzdem gilt diese Generation in China durchaus als zukunftsweisend und pragmatisch. Häufig haben die nicht mehr ganz jungen Politiker Jura und Wirtschaft studiert, sind weit gereist, sprechen Englisch und könnten in eine neue Form des Dialogs mit dem Ausland treten.
Weg vom kompromisslosen Wachstum
Politisch steht fest, dass Hu Jintaos Idee eines "wissenschaftlichen Entwicklungskonzepts" und einer "harmonischen Gesellschaft" in die Parteiverfassung geschrieben werden soll. Damit will Hu den "Wachstum um jeden Preis" seines Vorgängers etwas mäßigen und zumindest theoretisch mehr Wert auf den Umweltschutz und auf einen sozialen Ausgleich – vor allem beim Einkommen - zwischen Stadt und Land beziehungsweise Küste und Hinterland legen. Große politische Reformen werden nicht erwartet.
Ein weiteres mögliches Thema könnte die Situation in Tibet und die des Dalai Lamas sein. Staatliche chinesische Medien haben in der letzten Woche mehrere gegen den Dalai-Lama gerichtete Artikel veröffentlicht. Analysten sehen darin ein Zeichen, dass über dieses Thema auf dem Kongress beraten werden könnte. Vermutlich würden die Bedingungen für eine Rückkehr des spirituellen tibetischen Führers aber nur erschwert werden.
Weit weg vom Alltag
Viele Chinesen zeigen nur wenig Interesse am Parteitag, da ihre Alltagsprobleme wie die wachsende Kluft der Einkommen, steigende Kosten für Bildung und Gesundheit oder der Mangel an bezahlbarem Wohnraum am Ende ungelöst bleiben werden. Außerhalb der Großen Halle des Volkes wurden bereits Sicherheitsanweisungen gegeben: Regimegegner sollen festgenommen oder unter Hausarrest gestellt werden – so ist es traditionell üblich bei großen kommunistischen Veranstaltungen in China. (elo)