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China wirbt auf dem "Sommer-Davos" um Investitionen

28. Juni 2023

Nach der Abschottung während der Pandemie präsentiert sich China auf dem Weltwirtschaftsforum in Tianjin als attraktiver Wirtschaftspartner. Westliche Firmen reagieren abwartend.

Chinas Premierminister Li Qiang hält die Eröffnungsrede auf dem World Economic Forum  in Tianjin
Eröffnungsrede von Chinas Premierminister Li Qiang auf dem WEF in TianjinBild: Andy Wong/AP/picture alliance

Der Blick schweift ins Grüne. Endlose Reihen noch recht junger Bäume stehen rechts und links, direkt an der Autobahn auf dem Weg von Peking in die Hafenstadt Tianjin. China versucht seine Klimaziele zu erreichen. Deshalb wurden Millionen Bäume gepflanzt. Tianjin liegt nur rund 100 Kilometer von der chinesischen Hauptstadt entfernt.

Ein Hochgeschwindigkeitszug verbindet die Städte und die sechsspurige Autobahn. Zahlreiche Satellitensiedlungen liegen dazwischen. Gigantische Hochhäuser erstrecken sich hinter den Bäumen, teilweise sind sie noch im Bau.

Willkommenskultur auf chinesisch

Drei lange Pandemie-Jahre war das Land fast völlig von der Außenwelt abgeschottet. Jetzt ist man Gastgeber des "Sommer-Davos". Überall hängen bunte Plakate in Tianjin. Die 1500 nationalen und internationalen Gäste des Weltwirtschaftsforums, WEF, (Annual Meeting of the New Champions 2023) sollen sich willkommen fühlen.

Es ist bereits die 14. Veranstaltung dieser Art, organisiert vom Schweizer WEF. Aber in den vergangenen drei Jahren gab es wegen der Pandemie lediglich virtuelle Treffen. Von dieser Konferenz soll ein wichtiges Signal ausgehen. Visa für ausländische Teilnehmer wurden für chinesische Verhältnisse relativ großzügig erteilt.

Das Treffen der "New Champions" des Weltwirtschaftsforums (WEF), auch bekannt als Sommer-Davos, in Tianjin Bild: Manuela Kasper-Claridge/DW

Das Land wirbt um Investoren. Unternehmensvertreter und Politiker sind denn auch gekommen. Die großen Namen aber fehlen. Immerhin freut sich das WEF über eine erkleckliche Zahl von Unternehmensvertretern aus den USA. Auch Europäer und afrikanische Teilnehmer sind dabei. 

"50 Prozent des Welthandels machen die USA und China aus", betont Børge Brende, Managing Director des Weltwirtschaftsforums. Deshalb sei es so wichtig, sich direkt auszutauschen.

Die Eröffnungsrede des chinesischen Premierministers Li Qiang (Artikelbild) wird auf Englisch, Japanisch, Mongolisch und Vietnamesisch übersetzt. "Die Weltwirtschaft befindet sich in einer kritischen Umbruchphase", erklärt er und fordert, "wir sollten nicht zurückkehren zur Isolation."

Allen ist klar, dass China Investoren und offene Weltmärkte braucht, um seine Produkte zu verkaufen. Denn die chinesische Wirtschaft wächst viel langsamer als erwartet. 2022 lag das Wachstum nur bei drei Prozent, erwartet war ein Wachstum von 5,5 Prozent. Junge Menschen finden immer weniger Arbeit. Experten schätzen, dass jeder fünfte junge Mensch, der neu auf den Arbeitsmarkt kommt, keine Arbeit findet.

Prominente Rednerin in Tianjin: Ngozi Okonjo-Iweala, Generaldirektorin der Welthandelsorganisation (WTO) Bild: Li Xin/dpa/picture alliance

Angst vor dem Decoupling

Chan Tran repräsentiert mit Linamar ein kanadisches Unternehmen, dass weltweit tätig ist und in China sechs Produktionsstätten mit rund 2000 Beschäftigten hat. Gefertigt werden Komponenten für die Automobilproduktion.

Der Manager zuckt mit den Schultern, als er auf die derzeitige wirtschaftliche Lage angesprochen wird. 2005, als das Unternehmen nach China kam, standen die Zeichen auf Wachstum. Jetzt sieht er eher Stagnation. "Mein Unternehmen hält sich derzeit mit Investitionen etwas zurück", erzählt er. Man wolle erst einmal abwarten wie es jetzt weitergehe.

Über Politik will er lieber nicht reden, so wie viele chinesische Teilnehmer hier beim "Sommer-Davos". Auch Premierminister Li Qiang spricht nur sehr allgemein von "heftigen politischen Spannungen", die derzeit herrschen. Kein Wort von Russlands Krieg in der Ukraine oder von den starken Spannungen rund um Taiwan.

Es scheint als wollten die Chinesen Politik und Wirtschaft völlig getrennt voneinander betrachten. Ein Punkt, den gerade europäische und US-amerikanische Teilnehmer kritisch sehen. Sie diskutieren, wie das "China-Risiko", also die Abhängigkeit vom chinesischen Markt, reduziert werden kann - natürlich ohne den Markt aufzugeben. Aber das ist kein leichtes Unterfangen. 

Sommer-Davos 2023: Man spricht wieder miteinander, nach Jahren der Abschottung Bild: Li Ran/dpa/picture alliance

"Politik und Wirtschaft gehen Hand in Hand. Die beiden kann man nicht voneinander trennen", sagt Frank Bournois von der China Europe International Business School (CEIBS), einer europäisch-chinesischen Universität. Dennoch ist er überzeugt, dass Investitionen in China sinnvoll sind. "Wenn wir uns für das Decoupling entscheiden, würden wir weltweit etwa fünf Prozent Wachstum verlieren."

Harter Kampf um Marktanteile

Für deutsche Automobilbauer ist China nach wie vor der wichtigste Markt. Auf den Straßen von Tianjin sieht man VW, BMW, Audi oder Porsche, zunehmend aber auch Autos chinesischer Hersteller. Oft sind es Elektroautos. Der Großteil davon wird mittlerweile von chinesischen Herstellern selbst produziert. 

Der Kampf um Marktanteile wird härter, das spüren nicht nur die deutschen Autobauer. Das Weltwirtschaftsforum will den Dialog fördern, trotz ideologischer Differenzen. Und  immerhin sind Vertreter aus 90 Ländern nach Tianjin gekommen.

Der Bedarf sei also da, sagen die Veranstalter. In kleinen Diskussionsrunden wird über Künstliche Intelligenz, Biotechnologie und den Markt für Gesundheitsprodukte gesprochen. "Siebzig Prozent des Wirtschaftswachstums kam im vergangenen Jahr aus Asien", heißt es auf einer Pressekonferenz des WEF. 

Der chinesische Markt hat daran einen erheblichen Anteil. Wenn auch geringer, als von der chinesischen Regierung erhofft. Mit Zukunftstechnologien will das Land weiter wachsen.  

Am Eingang zum Kongresszentrum können sich die Besucher die Schriften des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping mitnehmen. 30 Bände, gedruckt auf weißem Hochglanzpapier. Die Nachfrage hält sich in Grenzen. 

 

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