1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikTaiwan

Chinakritiker Lai gewinnt Präsidentschaftswahl in Taiwan

Veröffentlicht 13. Januar 2024Zuletzt aktualisiert 13. Januar 2024

Das klare Wählervotum dürfte das Verhältnis zu China nachhaltig prägen. Peking hatte zuletzt immer wieder seine Entschlossenheit betont, die Insel notfalls auch gewaltsam mit dem Festland zu vereinigen.

Wahlsieger Lai Ching-te spricht nach Bekanntgabe der Ergebnisse zu seinen Anhängern
Will China "auf der Basis von Würde und Gleichheit" begegnen: Wahlsieger Lai Ching-teBild: Carlos Garcia Rawlins/REUTERS

Der chinakritische Kandidat der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei (DPP), Lai Ching-te, hat die Präsidentschaftswahl in Taiwan gewonnen. Wie die Wahlkommission mitteilte, entfielen auf den bisherigen Vizepräsidenten rund 40 Prozent der abgegebenen Stimmen.

Sein wichtigster Kontrahent, Hou Yu-ih von der Kuomintang (KMT), die sich für engere Beziehungen zu Peking einsetzt, kam auf etwa 33 Prozent. Hou gestand ebenso seine Niederlage ein wie der Kandidat der populistischen Taiwanischen Volkspartei, Ko Wen-je, der 26 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnte. Die jetzige Präsidentin Tsai Ing-wen durfte nach zwei Amtsperioden nicht mehr antreten.

"Neues Kapitel in unserer Demokratie"

Wahlsieger Lai erklärte in einer ersten Reaktion, er danke den Menschen in Taiwan dafür, "dass sie ein neues Kapitel in unserer Demokratie schreiben". Man werde weiter Seite an Seite mit Demokratien rund um die Welt stehen und zugleich "auf der Basis von Würde und Gleichheit" das Gespräch mit China suchen.

Der 64-jährige Lai konnte eine Mehrheit der Wähler hinter sich bringen - was bei seinen Unterstützern Jubel auslöstBild: Ichito Ohara/Yomiuri Shimbun/AP/picture alliance

Der 64-Jährige sagte, die Wähler hätten erfolgreich allen Versuchen von außen widerstanden, die Abstimmung zu beeinflussen. Er versprach, Taiwan auch künftig gegen chinesische Einflussnahme zu verteidigen. Der Ex-Bürgermeister der Millionenstadt Tainan hatte sich im Wahlkampf für eine Fortführung der bisherigen Politik und zugleich für eine Stärkung des Militärs ausgesprochen. Lai tritt sein neues Amt am 20. Mai an. 

Die 19,5 Millionen Wahlberechtigten waren zugleich aufgerufen, über die Zusammensetzung des neuen Parlaments zu entscheiden. Dort verlor die Fortschrittspartei ihre absolute Mehrheit, was die künftige Regierungsarbeit erschweren dürfte. 

EU begrüßt Verlauf der Wahlen 

Man beglückwünsche alle Wählerinnen und Wähler, die an dieser "demokratischen Übung" teilgenommen hätten, sagte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell in Brüssel. Taiwan und die Europäische Union (EU) vereine das Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. 

Der Sprecher betonte zudem, die EU sehe Frieden und Stabilität in der Meerenge von Taiwan als zentral für regionale und globale Sicherheit und Wohlstand an. "Die EU ist nach wie vor besorgt über die wachsenden Spannungen in der Straße von Taiwan und lehnt jeden einseitigen Versuch ab, den Status quo zu ändern", erklärte er mit Blick auf die Machtansprüche Chinas.

Zentrum der Halbleiterindustrie

Taiwan mit seinen rund 23,5 Millionen Einwohnern - ungefähr so viele wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen - ist von erheblicher Bedeutung für die Weltwirtschaft. So hat dort der weltgrößte Auftrags-Chiphersteller TSMC seinen Sitz. Viele namhafte Hersteller von Computern und Smartphones sind bisher auf Zulieferungen der taiwanischen Halbleiterindustrie angewiesen.

Lais wichtigster Kontrahent, Hou Yu-ih von der Kuomintang (KMT) - hier bei einer Kundgebung am FreitagBild: Alastair Pike/AFP/Getty Images

Während die USA Taiwans wichtigster strategischer Partner sind, betrachtet Peking die selbstverwaltete demokratische Insel als Teil Chinas. Um Taiwan wieder unter ihre Hoheit zu zwingen, schließt die chinesische Regierung auch den Einsatz von Gewalt nicht aus. Präsident Xi Jinping hatte zuletzt  mehrfach das Ziel einer "Wiedervereinigung" unterstrichen. Begleitet wurde dies von militärischen Machtdemonstrationen in der Straße von Taiwan, jener Meerenge, die die Insel vom Festland trennt.

Zwar verfolgt Washington offiziell eine Ein-China-Politik, die die Führung der Volksrepublik als einzige legitime Regierung Chinas anerkennt. Gleichzeitig aber unterstützen die USA die Regierung in Taipeh informell und gewähren der Insel gemäß dem Taiwan Relations Act von 1979 militärische und andere Unterstützung. Der umstrittene Status des Gebiets führt seit Jahren zu Reibungen zwischen Peking und Washington.

jj/se (dpa, afp, rtr)