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PolitikAsien

Chinas Ansehen stark gesunken

Hans Spross
6. Oktober 2020

Die generelle Einstellung gegenüber China hat sich laut einer Umfrage des US-Instituts Pew Research in den Industrieländern stark verschlechtert. Das hängt vor allem mit der Corona-Krise zusammen.

Indien Himalaya-Konflikt | Poster China Präsident Xi Jinping zerrissen
Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Solanki

Besonders drastisch fällt der Ansehensverlust Chinas im Vergleich zwischen 2019 und 2020 aus. Aber auch im Zeitraum seit etwa 2005 geht der Trend einer eher negativen Beurteilung Chinas nach oben, wenn auch nicht durchgängig und mit einigen auffälligen Abweichungen.

Die  Ergebnisse beruhen auf Umfragen in 14 Ländern, die das Pew-Institut im Rahmen seines "Global Attitudes Survey" vom Sommer 2020 ausgewertet hat. Aus Europa sind dies: Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien, Schweden, Niederlande, Belgien und Dänemark. In Asien-Pazifik wurden Australien, Japan und Südkorea untersucht, in Amerika die USA und Kanada. 

2020 Spitze in der kritischen Einstellung gegenüber China

Demnach ist 2020 in den meisten der untersuchten Länder das Jahr mit den höchsten negativen Werten in der Beurteilung Chinas seit rund 15 Jahren. Nur in Japan, Italien und Frankreich war die negative Einstellung gegenüber China in diesem Zeitrahmen schon einmal höher als jetzt. In Japan war es so im Jahr 2013, was auf den damals zugespitzten Territorialstreit zurückzuführen sein dürfte.

Mehr Zustimmung als Ablehnung gegenüber China überall Vergangenheit

Der Anstieg der Unbeliebtheit Chinas war in den meisten der untersuchten Länder besonders markant im Jahresvergleich 2019-2020: Am deutlichsten mit 24 Prozentpunkten in Australien, gefolgt von Großbritannien (19 Prozentpunkte höher), Schweden, Niederlande, Deutschland (jeweils 15 Prozentpunkte höher). Auch in Südkorea äußerten sich mit 75 Prozent der Befragten deutlich mehr negativ über China als noch 2019 mit 63 Prozent (12 Prozentpunkte höher). (Belgier und Dänen wurden 2020 erstmals befragt, so dass für diese Länder keine Trendwerte vorliegen.)

Handhabung der Corona-Krise negativ

Neben der generellen Einstellung zu China wurden auch konkrete Fragen zur chinesischen Politik gestellt. Besonders interessant natürlich die Frage: Wie hat China seine Aufgaben im Umgang mit der Corona-Krise gemacht? Wie bei den anderen Themen konnten die Befragten sich zwischen vier Möglichkeiten entscheiden, hier zwischen "sehr gut", "recht gut", "ziemlich schlecht" und "sehr schlecht".

Botschafter Wu Kenin verteilte im April in Berlin Masken an Vertreter chinesischer Studenten in Deutschland Bild: picture-alliance /Photoshot/Shan Yuqi

Im Mittel aller untersuchten Länder stellen 61 Prozent der Befragten China ein schlechtes Zeugnis in der Corona-Pandemie aus. Das jeweils eigene Land erhält dagegen nur von 27 Prozent eine schlechte Bewertung. Allerdings wird China in punkto schlechter Bewertung beim Corona-Krisenmanagement weit von den USA abgehängt, nämlich mit 84 Prozent. 

Die schlechtesten Bewertungen Chinas in der Pandemie kommen aus Asien-Pazifik: Über sieben von zehn Befragten in Japan, Südkorea und Australien geben China ein schlechtes Zeugnis in der Pandemie, darunter sogar vier von zehn, die "sehr schlecht" sagen. 

Corona mit starken Auswirkungen auf China-Bild

Der Ausbruch der Pandemie hat sich definitiv auf die negative Einstellung gegenüber China ausgewirkt, wie die bei der Studie leitende Forscherin Laura Silver gegenüber der DW bestätigte: "Unter denjenigen, die China eine schlechte Leistung bei der Handhabung der Corona-Krise attestieren, ist eine allgemein  negative Einstellung gegenüber China besonders häufig. Wir können also klar konstatieren, dass Meinungen zu Covid 19 im Zusammenhang mit negativen Einstellungen gegenüber China stehen."

Chinas Corona-Handhabung in Europa teilweise positiv gesehen

Besonders deutlich wird dieses Verhältnis im Falle von Italien: Unter den Italienern, die sagen, China habe einen schlechten Job in der Pandemie gemacht, haben 82 Prozent auch eine generell schlechte Meinung von dem Land. Aber von denjenigen, die sagen, China habe einen guten Job gemacht, haben nur 41 Prozent eine generell schlechte Meinung über China.

Das Umfrageinstitut zieht aus den erhobenen Daten keine Schlussfolgerungen über die Politik der untersuchten Länder. Für Beobachter jedoch verdeutlichen diese Korrelationen den Druck, der auf der chinesischen Führung durch die internationale Kritik an seiner Corona-Politik lastete. Peking hatte klar erkannt, dass die Pandemie seiner "Soft power"-Strategie einen Stress-Test unterzog.  Diesem versuchte es zum Beispiel durch eine von vielen als durchsichtig bewertete "Maskendiplomatie" zu begegnen, so auch in Italien.

Italien ist auch das Land mit dem geringsten Anteil (62 Prozent) negativer Einstellung gegenüber China. Ebenso gibt nur in Italien eine (wenn auch knappe) Mehrheit China gute Noten für sein Krisenmanagement. Auch in Spanien halten sich positive und negative Bewertungen des chinesischen Krisenmanagements fast die Waage, und in Frankreich sind immer noch 44 Prozent der Befragten der Meinung, China habe in der Pandemie einen guten oder ziemlich guten Job gemacht. 

Die Vertrauensfrage

Die Meinungsforscher interessierte auch, inwieweit die Leute Chinas Staats- und Parteiführer Xi Jinping vertrauen, "im Hinblick auf das Weltgeschehen das Richtige zu tun." Hier äußerten sich im Mittel 78 Prozent negativ, und über 50 Prozent der Befragten in den Ländern USA, Dänemark, Schweden, Frankreich, Japan und Australien optierten sogar für "überhaupt kein Vertrauen."

Trotz Lächelns: Wenig Zutrauen von Seiten Südkoreas und Japans Bild: picture alliance/dpa/MAXPPP

Auch bei den Antworten auf diese Frage spielte die Meinung zum Krisenmanagement in der Pandemie hinein. So neigen diejenigen, die China ein gutes oder recht gutes Krisenmanagement attestieren, eher dazu, Xi zu vertrauen - allerdings in Grenzen, wie die Pew-Studie herausstellt: "Nicht mehr als vier von zehn Befragten, die die Chinas Corona-Politik positiv sehen, setzen Vertrauen in Xi Jinping".

Allerdings steht US-Präsident Trump noch schlechter da, mit 83 Prozent, die ihm wenig oder kein Vertrauen entgegenbringen. Bei Wladimir Putin sind es 73 Prozent. Ganz anders bei Angela Merkel: Der deutschen Kanzlerin bringen nur 19 Prozent der Befragten kein oder wenig Vertrauen entgegen, bei Emmanuel Macron sind es 32 Prozent, und bei Boris Johnson sind die negativen und positiven Werte in etwa ausgeglichen.

Mitarbeit: William Yang

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