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PolitikChina

Chinas Außenminister: Vorgänger wird Nachfolger

Yuchen Li aus Taipeh
26. Juli 2023

Seit einem Monat rätselt die ganze Welt: Wo ist Chinas Außenminister Qin Gang? Am Dienstag beschloss Peking in einem ungewöhnlichen Vorgang, Qins Vorgänger zu seinem Nachfolger zu machen. Wo Qin ist, bleibt weiter unklar

Chinas Außenminister Qin Gang (l.) und Wang Yi
Qin Gang (l.) und der neue Außenminister Wang YiBild: Sergei Karpukhin/picture alliance/dpa/TASS

Der chinesische Außenminister Qin Gang wurde am Dienstag (25.07.2023) entlassen. In der offiziellen Mitteilung der amtlichen Nachrichtenagentur wurde die Personalentscheidung nicht begründet. Es war ebenfalls nicht bekannt, ob der 57-Jährige auf einen anderen Posten wechselt. Seit dem 25. Juni war Qin aus der Öffentlichkeit verschwunden. Auf die Nachfrage, wo sich Qin befinde, antwortete die Sprecherin des Außenamts noch letzte Woche: kein Kommentar.

Nachfolger Wang Yi, 70 Jahre alt, ist der Chefdiplomat der Volksrepublik und Leiter der Kommission für Auswärtige Angelegenheiten der KP Chinas, der das Außenministerium untersteht. Zuvor war Wang neun Jahre Außenminister. 

Qin (r.) empfing Bundesaußenministerin Baerbock (m.) am 14. April 2023 in seiner Heimatstadt Tianjin (Archiv)Bild: Soeren Stache/dpa/picture alliance

Diplomatenkarriere

Qin stammt aus der nordöstlichen Hafenstadt Tianjin, in der er noch Mitte April Bundesaußenministerin Annalena Baerbock empfing. Nach seinem Studium der Politikwissenschaften war er in den diplomatischen Dienst eingetreten. Bekannt wurde er, als er als Außenamtssprecher (2011-2015) harsche und aggressive Töne einschlug, um auf kritische Fragen zu reagieren. Dieser Stil wird, in Anspielung auf einen patriotischen Kriegsfilm in China, der 2015 umgerechnet 800 Millionen Euro einspielte, als "Wolfskrieger-Diplomatie" bezeichnet.

Sechs Jahre lang war Qin im Außenministerium für das Protokoll zuständig, zuerst als Abteilungsleiter, später als Vizeminister, bevor er 2021 zum Botschafter in den USA berufen wurde. Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderem, die Auslandsreisen der chinesischen Staats- und Regierungschefs zu organisieren. Seine rhetorische Stärke und sein Organisationstalent sollen von Staatschef Xi Jinping sehr geschätzt worden sein.

Richtig bekannt geworden war Qin in Washington. Als Botschafter trat er in Talkshows und Live-Interviews auf. In fließendem Englisch verteidigte er vehement die Position Chinas, allerdings in deutlich milderem Ton. So konnte er die Beziehungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt wieder auf Kurs bringen.

2021-2023 war Qin Botschafter in WashingtonBild: Liu Jie/Xinhua News Agency/picture alliance

"Höchst beunruhigend"

Fachkompetenz mit bestem politischen Network: Ende 2022 war er zum Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei gewählt worden. Das deutete auf eine steile Karriere hin. Schließlich wurde er Anfang 2023 im relativ jungen Alter von 57 Jahren zu einem der jüngsten Außenminister in der chinesischen Geschichte ernannt.

Doch seit Qin in der Öffentlichkeit nicht mehr gesichtet wurde und wichtige Amtstermine wie das Außenministertreffen des südostasiatischen Staatenbundes ASEAN in Indonesien nicht wahrnahm, vermehren sich Spekulationen über seinen Verbleib. Seinerzeit gab sein Ministerium auf der regulären Pressekonferenz vor dem ASEAN-Treffen bekannt, dass Qin gesundheitlich angeschlagen sei - ohne konkret zu werden. Allerdings wurde diese Stellungnahme nicht in das Sitzungsprotokoll aufgenommen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Wu Qiang, Politikwissenschaftler in Peking, sagt der DW, dass diese Personalie viel über den Zustand der neuen Regierung seit März aussage. Das plötzliche Verschwinden von Qin sei "höchst beunruhigend", da es darauf hindeute, dass sich Peking auf eine "mystische und unberechenbare" Form der autokratischen Führung zubewege, befürchtet er.