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Politik

Chinas Aufstieg stellt Europa vor die Wahl

Lewis Sanders IV
17. Februar 2018

Chinas wachsende weltpolitische Stellung und Trumps Isolationismus verteilen nicht nur die weltpolitischen Gewichte neu. Beides könnte Europa auch zu neuen Entscheidungen zwingen.

China "Ohne kommunistische Partei gibt es kein China"
Bild: picture-alliance/AP Photo/Ng Han Guan

Die Teilnehmer der Münchener Sicherheitskonferenz werden dieses Jahr Zeuge, wie der weltpolitische Einfluss der USA unter Donald Trump weiter abnimmt. Gleichzeitig wächst der internationale Einfluss Chinas in vielen Bereichen, vom Klimaschutz bis zu den Regeln des Welthandels. Zwar ist der Aufstieg Chinas zur Großmacht nicht neu, doch im vergangenen Jahr hat sich Chinas Stellung deutlich gefestigt.

Der chinesische Präsident Xi Jinping beschrieb beim 19. Parteitag der KP im Oktober den neuen Status seines Landes so: "Nach jahrzehntelanger harter Arbeit hat der Sozialismus chinesischer Prägung die Schwelle zu einer neuen Ära überschritten. Es wird eine Ära sein, in der China weiter ins Zentrum der Weltbühne vorrücken und einen größeren Beitrag zur Menschheit leisten wird", sagte Xi damals. Die Eurasia Group, eine amerikanische Beratungsfirma, die weltpolitische Risiken bewertet, sah in dieser Rede das "geopolitisch bemerkenswerteste Ereignis, seit Michail Gorbatschow formal die Sowjetunion auflöste".

Weltpolitische Führung "um jeden Preis"  

In den 90er Jahren unter Deng Xiaoping verfolgte China eine Außenpolitik nach dem Motto "Wir verstecken unsere Fähigkeiten und warten ab". Gemeint war, dass sich das Land außenpolitisch zurückhielt und sich auf seine innere Entwicklung konzentrierte. Doch diese Strategie "passt nicht mehr zu Chinas Status quo", glaubt der chinesische Historiker Zhang Lifan in einem Gespräch mit der Deutschen Welle. China wolle heute "um jeden Preis ein weltpolitischer Führer" sein, sagt Zhang und fügt hinzu: "Die USA betreiben heute ihre 'Amerika-zuerst'-Politik. China und Xi Jinping wollen die Gelegenheit nutzen und Anführer der Globalisierung werden."

Präsident Xi Jinping (rechtes Bild) sieht sein Land an der Schwelle einer neuen Ära Bild: picture-alliance/AP Photo/A. Wong

In mancher Hinsicht ist Chinas wachsende Führungsrolle im Laufe des vergangenen Jahres auf die außenpolitischen Ziele der USA unter Trump zurückzuführen. Dadurch konnte China seine Position auf einigen strategischen Feldern stärken, die die internationalen Beziehungen auch in Zukunft bestimmen werden, etwa beim Klimawandel, bei der Sicherheit der Arktis, beim Cyberspace, dem Welthandel und in der Raumfahrt. China "scheint der rational handelnde Akteur zu sein, der den Klimawandel bekämpft, die Märkte offen hält, der weiter den unbestreitbaren Nutzen der Globalisierung lobt", sagt Jan Gaspers vom Berliner Mercator Institute for China Studies, MERICS, der Deutschen Welle und fügt hinzu: "Das meiste davon ist natürlich reine Rhetorik, die Chinesen werden dem, was sie sagen, nicht gerecht."

Europas Rettungsleine?    

China hat stillschweigend begonnen, für Europa die Rolle zu übernehmen, die Europas traditioneller Verbündeter USA unter der "Amerika-zuerst"-Doktrin offenbar abgelegt hat. Die chinesische Regierung hat verstanden, dass sie in einer Partnerschaft mit der EU ihre Legitimität in den Augen globaler Akteure erhöhen und seinen Einfluss bei einer Neuverteilung weltpolitischer Macht wahren kann. "China und die Europäische Union sind Weltmächte. Wir haben eine gemeinsame Verantwortung, zusammen auf eine mehr partnerschaftliche, regelbasierte Weltordnung hinzuarbeiten", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bei einem Peking-Besuch im vergangenen Jahr.

Kurzfristig wird China ein regelbasiertes Verhältnis nicht untergraben, auch Europa wird das nicht tun, vor allem, da Europa dabei ist, seine Position neu zu definieren. Doch die Frage wird immer wichtiger, wie sich Europa positionieren wird, wenn die Konflikte zwischen China und den USA zunehmen. "Es wird interessant sein, wie Europa durch diese Untiefen navigieren wird, vor allem, da auch Europa selbst nicht wirklich geeint ist", sagt Jan Gaspers. "Außerdem nehmen ja auch die Differenzen zwischen den USA und der EU in Fragen wie dem Klimawandel, offenen Märkten und dem Welthandel zu."

Bei Investitionen in erneuerbare Energien hat China sowohl Europa als auch die USA weit hinter sich gelassen

China die "bessere Alternative"?

Neben dem Nutzen als größter Handelspartner der EU bringt Chinas Aufstieg aber auch Nachteile für Europa mit sich. Chinas autoritäre Staatsführung kommt bei manchen Regierungschefs Europas wie dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban oder dem tschechischen Präsidenten Milos Zeman durchaus an. China stelle sein Politik- und Wirtschaftsmodell heute viel selbstbewusster als die "bessere Alternative" zu einer liberalen Demokratie dar, meint Gaspers.

In einem MERICS-Bericht vom vergangenen Jahr heißt es, China schaffe "Schichten aktiver Unterstützung für chinesische Interessen", indem es "unter Europas Politikern, Unternehmen, den Medien, in Denkfabriken und  Universitäten solide Netzwerke fördert", auch in der europäischen Hauptstadt Brüssel. "Chinas stark zunehmende politische Beeinflussungsversuche in Europa und seine selbstbewusste Werbung für seine autoritären Ideale stellen eine große Herausforderung für die liberale Demokratie sowie für Europas Werte und Interessen dar", heißt es in dem Bericht.

Der gemeinsame Nutzen enger wirtschaftlicher Beziehungen wird das chinesisch-europäische Verhältnis weiter vorantreiben. Doch ernste Sorgen, wie sich das politisch auswirken wird, in Europa und weltweit, werden ebenfalls beim chinesischen Streben nach einer weltpolitischen Führungsrolle und dem europäischen Umgang damit eine Rolle spielen.

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