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Politik

Chinas Position im Syrien-Konflikt

Hans Spross
13. April 2018

China hält sich bei der Empörung über den jüngsten Giftgas-Einsatz in Syrien zurück und unterstützt wie bisher die Linie Russlands. Solange Assad fest im Sattel sitzt, besteht für Peking kein dringender Handlungsbedarf.

UN Sicherheitsrat - Chinesischer Außenminister Wang Yi zu Nordkorea
Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Altaffer

In der angespannten internationalen Situation um einen angedrohten Raketenangriff auf syrische Ziele als Vergeltung für den jüngsten mutmaßlich von Machthaber Assad befohlenen Giftgasangriff hat sich China bislang weitgehend bedeckt gehalten. Das chinesische Außenministerium sprach sich wie bei anderen Gelegenheiten "grundsätzlich gegen Gewaltanwendung zur internationalen Konfliktbeilegung" aus und fordert im übrigen eine "umfassende, faire und sachliche Untersuchung" über einen möglichen C-Waffeneinsatz.

Die Konfliktlinie bei Thema Syrien verläuft im UN-Sicherheitsrat zwischen Russland und USA, wobei China die russischen Vetos im UN-Sicherheitsrat entweder durch Enthaltung oder ein eigenes Veto mitgetragen hat, um Sanktionen gegen Assad zu verhindern. Auch nach dem Giftgaseinsatz vom vergangenen Wochenende auf die Rebellenenklave Duma im nordöstlichen Weichbild von Damaskus, für den der Westen Assad  verantwortlich macht, schlug sich China am Dienstag im Sicherheitsrat auf die Seite Russlands. Pekings Vertreter unterstützte den russischen Vorschlag für die Untersuchung von C-Waffeneinsätzen in Syrien und enthielt sich bei der Abstimmung über einen US-Vorschlag, weil letzterer nicht nur feststellen lassen wollte, ob und welches Giftgas eingesetzt wurde, sondern auch die Schuldfrage.

Russische Militärpräsenz in der Nähe der syrischen Hauptstadt DamaskusBild: picture-alliance/Photoshot/M. Memeri

"China weiß nicht, was genau in Syrien passiert" 

Dies war für China nicht tragbar, wie der chinesische Experte Yin Gang vom Institut für West-Asien- und Afrika-Studien der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften (CASS) gegenüber der DW begründete: "Im UN-Sicherheitsrat hat Russland eine unabhängige Untersuchung initiiert, die auch China unterstützt. Bei dem Vorstoß der USA hat sich China im Sicherheitsrat enthalten, denn China hat keine Kenntnis darüber, was genau in Syrien passiert." Allerdings werde sich China "im Rahmen der Vereinten Nationen für Gerechtigkeit einsetzen, zum Beispiel wenn es um C-Waffen geht." Dafür brauche es aber "klare Beweise" über den Einsatz solcher Waffen.

Peking frage sich auch, ob es aus Sicht der syrischen Regierung Sinn machen würde, Chemiewaffen in einer Gegend einzusetzen, wo sie im Begriff steht, die volle Kontrolle zu übernehmen. "So gesehen scheint die Behauptung über den Chemiewaffeneinsatz nicht sehr plausibel zu sein", erläutert Yin Gang die Sicht Pekings. Auch die Variante, dass Assads Gegner diesem den Giftgaseinsatz "untergeschoben" hätten, will er nicht ausschließen. Russland hat den "angeblich" von Assad befohlenen Giftgaseinsatz als "Fälschung" bezeichnet.

(Archiv) Das Zementwerk Al Badia Cement (JSC) in Syrien wurde vom chinesischen Staatskonzern SINOMA gebautBild: Al Badia Cement (JSC)

China ohne Interessen in Syrien?

Laut Yin Gang ist China im Syrien-Konflikt weder Beteiligter noch habe es Interessen dort. "Um es klar auszudrücken: China ist nicht in der Lage und sieht keine Notwendigkeit, sich an der Lösung zu beteiligen", so der Nahost-Experte von CASS. Jedoch schien Chinas Politik des Abseitsstehens im August 2016 eine Wende zu nehmen. Damals hatte der Besuch einer hochrangigen chinesischen Militärdelegation unter dem Konteradmiral Guan Youfei in Syrien internationale Beobachter überrascht. Bei dem Besuch wurde verstärkte militärische Hilfe für die syrische Armee zugesagt. In China wurde der Besuch mit Skepsis kommentiert. Die "Financial Times" zitierte den Nahost-Experten Zha Daojing von der Universität Peking mit den Worten: "Ich hoffe, dass sich die Volksbefreiungsarmee nicht stärker als mit ein paar Erinnerungsfotos und ähnlichen Formen von Militärdiplomatie engagiert. Die USA und Russland sind in Syrien mit gewaltigen Herausforderungen konfrontiert. Warum sollten wir dort mehr Erfolg haben?"

Trotz "gewaltiger Herausforderungen" sieht es aber jetzt so aus, als ob Russland durchaus Erfolg hat, schließlich sitzt sein Schützling Assad fester im Sattel als je zuvor. Ein möglicher begrenzter Raketenschlag  würde daran nach Meinung von Experten ebenso wenig ändern wie es der vorangegangene Angriff der USA mit Marschflugkörpern vom April 2017 auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt getan hat, der ebenfalls als Reaktion auf einen Giftgaseinsatz erfolgte.

Assad als Verbündeter gegen Terrorgefahren

Für Peking ist Machthaber Assad der "legitime" RegierungschefBild: picture-alliance/AP Photo/Syrian Presidency

Damit hat sich letztlich auch Chinas beharrliches Festhalten an Machthaber Assad als erfolgreich erwiesen. Ein Grund für diese Politik dürfte - neben den chinesischen Investitionen unter anderem in der Ölindustrie und in Infrastruktur - darin bestehen, dass Assad als Verbündeter im Kampf gegen "Terroristen" gesehen wird. Verschiedene Quellen sprechen von mehreren tausend Uiguren aus Xinjiang, die sich auf der Flucht vor chinesischen Repressalien in Syrien aufhalten, manche aber auch, um von dort aus Anschläge auf chinesische Ziele vorzubereiten. So soll der Selbstmordanschlag auf die chinesische Botschaft in Kirgistan im September 2016 auf das Konto von aus Syrien aus operierenden Uiguren gegangen sein. Finanziell unterstützt wurde die Aktion laut New York Times von der in Syrien operierenden Al-Kaida-Abspaltung Jabhat Fatah al-Sham (früher Nusra-Front).

Peking setzt jedenfalls auf den aus seiner Sicht "legitimen" Regierungschef Assad, der nicht mit Waffengewalt gestürzt werden darf. Was es an relevanter politischer Opposition in Syrien einmal gab, spielt für Chinas Realpolitik keine Rolle mehr, wenn es sie je gespielt hat, wie Yin Gang ausführt: "Die syrische Opposition war vor vielen Jahren mal in Peking. Sie waren alle in der politischen Opposition, beispielsweise Gastprofessoren in den USA, in Großbritannien, Frankreich, Vertreter von NGOs und so weiter. Ich habe sie oft getroffen. Mit Waffen hatten sie nichts zu tun. Keiner von ihnen hat Einfluss darauf, ob ein Krieg geführt werden muss oder nicht. Diese Vertreter wird China heute nicht mehr einladen, China hat die Zusammenarbeit mit ihnen eingestellt."

 

Mitarbeit: Miao Tian

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