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Politik

China will Hongkong-Krise mit Weisheit lösen

6. September 2019

Erstmals äußert sich Chinas Regierungschef Li Kequiang zu den Protesten in Hongkong. Beim Besuch von Kanzlerin Merkel stellt er sich hinter Hongkongs Regierung und verweist auf den Grundsatz "ein Land, zwei Systeme".

Bundeskanzlerin Merkel in China mit Li Keqiang
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Der chinesische Regierungschef Li Keqiang hat eine Lösung der schweren Krise in Hongkong mit gesetzmäßigen Mitteln zugesichert. Die Zentralregierung in Peking unterstütze die Hongkonger Regierung bei deren Anstrengungen, das "Chaos" zu beenden und die Ordnung wiederherzustellen. Dies werde "im Rahmen der Gesetze" geschehen, versicherte der Premier bei einer Pressebegegnung mit Kanzlerin Angela Merkel in Peking. Man könne China vertrauen, da es die "Weisheit" dafür habe. Peking halte an dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" fest, nach dem die chinesische Sonderverwaltungsregion autonom regiert wird.

Er ging damit nicht direkt auf eine Frage nach einem möglichen militärischen Eingreifen in Hongkong ein. Allerdings wäre eine solche Intervention auch auf der gegenwärtigen Rechtsgrundlage möglich, wenn die Hongkonger Regierung nicht mehr mit den Protesten fertig werden und die Zentralregierung um Hilfe bitten sollte. Li ist der höchste Regierungsvertreter in Peking, der bisher zu den seit mehr als vier Monaten andauernden Protesten öffentlich Stellung nimmt.

Die Kanzlerin konnte die militärische Begrüßung in Peking im Sitzen verfolgenBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Merkel mahnt zum Dialog

Die Kanzlerin forderte alle Beteiligten auf, von Gewalt abzusehen. Eine Lösung müsse im Dialog gefunden werden. Merkel verwies auf das Grundsatzabkommen, nach dem den Bürgern der ehemaligen britischen Kronkolonie "Rechte und Freiheiten" zustünden. Sie begrüßte, dass die Hongkonger Regierung das umstrittene Gesetz für Auslieferungen nach China diese Woche komplett zurückgezogen hat. "Ich hoffe nun, dass die Demonstranten am Dialog teilnehmen können", sagte Merkel.

Die Regierung Hongkongs hatte den Rückzug des Gesetzentwurfs mit einem Gesprächsangebot an alle Teile der Gesellschaft verbunden, da die Unzufriedenheit unter den sieben Millionen Hongkonger weit über das Gesetz hinausgeht und sich auch auf wirtschaftliche und soziale Probleme in der Hafenmetropole erstreckt. Seit der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie wird Hongkong mit einem eigenen Grundgesetz autonom und im eigenen Territorium unter chinesischer Souveränität regiert. Die Proteste hatten sich an dem Auslieferungsgesetz entzündet, doch reichen die Forderungen der Protestbewegung nun bis hin zu freien Wahlen und einer Amnestie für Festgenommene. Auch am bevorstehenden Wochenende werden wieder Proteste erwartet. Demonstranten planen, Verkehrsverbindungen zum Flughafen zu stören.

Ratingagentur Fitch senkt den Daumen

Derweil stufte die Ratingagentur Fitch Hongkong aufgrund der andauernden politischen Unruhen herunter. "Die Ratingaussichten sind schlecht", erklärten die Bonitätsprüfer. Sie gehen davon aus, dass die Regierung in Peking die Sonderverwaltungszone künftig kürzer an die Leine nehmen wird. Die neue Bonitätsnote lautet nun "AA" nach bislang "AA+". In Hongkong widersprach Regierungschefin Carrie Lam den Fitch-Experten.

Außer den Unruhen in Hongkong überschattet der Handelsstreit zwischen den USA und China den Besuch der Kanzlerin. Merkel äußerte im Gespräch mit Li ihre Hoffnung auf eine baldige Beilegung des Konflikts. Jeder merke, dass sich der Streit auch auf andere Staaten auswirke. Merkel hob hervor, dass die deutsch-chinesischen Beziehungen auf einem festen Fundament stünden. Es gebe aber auch Konflikte. Bei deren Aufarbeitung seien beide Seiten ein gutes Stück vorangekommen, sagte die CDU-Politikerin. Die Kanzlerin plädierte auch für einen baldigen Abschluss eines Investitionsschutzabkommens zwischen China und der EU.

Werben um Investitionen

Merkel warb zugleich um mehr chinesische Investitionen in Deutschland und betonte, China werde in diesem Jahr wohl zum dritten Mal in Folge der wichtigste Handelspartner Deutschlands sein. Li betonte seinerseits die Bereitschaft seiner Regierung, weitere Wirtschaftszweige für ausländische und deutsche Investoren zu öffnen und auf den bisherigen Joint-Venture-Zwang zu verzichten.

Die Kanzlerin fügte hinzu, die engere Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China sei gut für die ganze Welt. Für Anfang 2020 wurden Regierungskonsultationen vereinbart. Damit setzen beide Regierungen einen Kontrapunkt zu Äußerungen von US-Präsident Donald Trump, der eher eine Entflechtung der Wirtschaftskontakte zwischen den USA und China möchte.

Mehrere Wirtschaftsführer bei der Unterzeichnung von deutsch-chinesischen HandelsverträgenBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Elf Wirtschaftsabkommen

Im Beisein von Merkel und Li wurden elf Kooperationsvereinbarungen zwischen deutschen und chinesischen Firmen unterzeichnet. Sie reichen von der Luftfahrttechnik, Schifffahrt, Energie, Elektromobilität, Finanzierung, Versicherung bis hin zum vernetzten Fahren und der Verwertung von Müll. Zuvor war Merkel in Peking mit militärischen Ehren empfangen worden. Am späten Nachmittag will Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping die Kanzlerin zum Gespräch und Abendessen empfangen.

Kritik an der chinesischen Führung kam von der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Bärbel Kofler. "In Bezug auf bürgerliche und politische Rechte hat sich die Lage in China in den letzten Jahren deutlich verschlechtert", sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Meinungsfreiheit werde weiter eingeschränkt. Auch der Umgang mit Minderheiten wie Tibetern sowie Uiguren und anderen Muslimen mache ihr große Sorgen.

kle/se (dpa, afp, rtr)

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