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Chinas Rückzug aus der Kohle

Hans Spross12. Dezember 2014

China hat vor der Lima-Konferenz erstmals eine Reduktion seiner Treibhausgas-Emissionen zugesagt. Dafür muss es sich aus der Abhängigkeit von Kohle befreien - ein langer Weg.

Kohlekraftwerk in China (Foto: Picture alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

China hat mit rund 30 Prozent den größten Anteil am weltweiten Ausstoß von Kohlendioxid, dem wichtigsten Treibhausgas und Verursacher des globalen Temperaturanstiegs. Bislang wollte Peking von Mitverantwortung für die Bekämpfung des Klimawandels nichts wissen. Es zeigte - nicht zu Unrecht - auf die alten Industrieländer, die ihren Wohlstand auf Kosten der Umwelt und des Klimas geschaffen hätten und als erste in der Pflicht stünden, etwas zu tun. Diese Einstellung war ein Grund unter vielen für das Scheitern des Klima-Gipfels in Kopenhagen 2009.

Kurz vor den Klima-Gesprächen in Lima hatte Präsident Xi Jinping beim APEC-Gipfel in Peking in einer gemeinsamen Erklärung mit US-Präsident Obama eine neue Haltung signalisiert: China will spätestens von 2030 an seine CO2-Emissionen herunterfahren und den Anteil von nicht-fossilen Energieträgern am nationalen Energieverbrauch auf 20 Prozent steigern.

Wie schnell unabhängig von der Kohle?

Eine Ankündigung mit Signalwirkung. Denn wenn China sich nicht bewegt, sind alle Klimaaktionen zum Scheitern verurteilt. Während die USA und die EU ihre Emissionen verringern, erhöht China bislang seinen Ausstoß um 500 Millionen Tonnen pro Jahr – "was China zu einer einzigartigen globalen Bedrohung macht", schreibt der britische "Economist".

Auf die Zukunft - ohne EmissionenBild: Reuters/G. Baker

Entscheidend ist, wie schnell und wie umfassend sich China von der Kohle unabhängig machen kann: Ein Vorhaben, dass selbst in Deutschland, dem Vorreiter der Energiewende, nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen ist. Bislang gewinnt China rund 75 Prozent seines Stroms aus Kohle (in Deutschland sind es 44 Prozent), und Chinas Stromverbrauch wird bis 2035 um über 70 Prozent wachsen.

Die Frage ist: Kann China sein Wachstum vom Kohleverbrauch und damit vom Kohlendioxidausstoß entkoppeln? "An der Dominanz der Kohle in Chinas Energiesystem wird für lange Zeit nicht zu rütteln sein", schreibt Umwelt-Experte Björn Conrad vom Berliner MERICS-Institut in einer aktuellen Studie. Obwohl China seine erneuerbaren Energiequellen in großem Stil ausbaut, werde der Abschied von der Kohle jahrzehntelange Anstrengungen benötigen, so Conrad.

Anzeichen für Trendwende

Umwelt-Experte Li Shuo von Greenpeace East Asia ist aber optimistisch, das dies gelingen kann. "In den ersten drei Quartalen 2014 hat China einen Rückgang des Kohleverbrauchs um 1-2 Prozent verzeichnet, während das Wirtschaftswachstum immer noch bei über sieben Prozent lag", sagte Li der Deutschen Welle. Zum ersten Mal sei der Kohleverbrauch in absoluten Zahlen zurückgegangen.

Chinas Energieverbrauch und CO2-Emissionen

Das sei noch keine Energiewende nach deutschem Vorbild, könne aber der "Beginn einer ehrgeizigen Trendwende sein", so der Greenpeace-Experte. Ihm zufolge ist der kommende Fünf-Jahresplan 2016-2020 "von absolut kritischer Bedeutung." Li rechnet damit, dass der Plan eine Obergrenze beim Kohleverbrauch enthalten wird. Dementsprechend würden auch die CO2-Emissionen sinken, und zwar schon vor 2030.

"Es gibt also eine Menge Spielraum dafür, dass China die Spitze seiner Emissionen viel früher erreicht", so die Einschätzung des Greenpeace-Experten. So sah es auch der deutsche Umweltminister Gerd Müller in Lima: "China hat Umweltschutz jetzt als Thema Nr. 1 gesetzt, weil dies auch von den Menschen gefordert wird. Ich glaube, die Chinesen werden viel ehrgeiziger sein, als sie jetzt ankündigen."

Solar- und Windenergie noch nicht effizient genutzt

Dabei entspringt Pekings Rückzug aus der Kohle weniger der Angst vor dem Klimawandel als der Angst der KP-Führung vor der Unzufriedenheit der Massen über den mörderischen Smog, wie er sich zum Beispiel im Januar 2013 über Peking gelegt hat. Die miserable Luftqualität wirkt sich auch negativ auf den Investitionsstandort China aus. Die Führung hat erkannt, dass es so nicht weitergehen kann und setzt verstärkt auf nicht-fossile Energiequellen.

Noch hapert es beim Netzausbau zur effizienten Nutzung der WindkraftBild: picture-alliance/dpa

Bei der Installation von Wind- und Solarstromanlagen war China 2013 weltweit Spitzenreiter. Ein Engpass droht allerdings bei der Stromübertragung: Der Netzausbau hält mit der installierten Windkraftkapazität nicht Schritt, der im Landesinnern umweltfreundlich erzeugte Strom erreicht deshalb nur teilweise die Küstenregionen mit der größten Nachfrage.

China brauche ein intelligentes Stromsystem, dass mit sauberer Energiegewinnung kompatibel sei, sagt Li Shuo von Greenpeace East Asia. Es sei jedoch einfacher, von null auf fünf Prozent erneuerbaren Energieanteil zu kommen als von 15 auf 20 Prozent, was die nächste Stufe für China beschreibt.

"Strahlende" Zukunfts jenseits von Kohle

Neben Wasser-, Wind und Solarkraft setzt China auch auf problematische Alternativen zur Kohle: Da ist zum einen die Kernenergie. Nachdem sich der Fukushima-Schock gelegt hat, hat Peking grünes Licht für eine Verdreifachung der Atomstrom-Kapazitäten bis 2020 auf 150 Megawatt gegeben. Der größte chinesische Atom-Konzern CGN Power hat im Dezember laut Reuters an der Hongkonger Börse mit Einnahmen von 3,2 Milliarden Dollar den zweitgrößten Börsengang in der Asien-Pazifik-Region in diesem Jahr hingelegt. Kritiker befürchten, dass bei Chinas neuer Begeisterung für die "saubere" Kernenergie Sicherheitsaspekte zwangsläufig zu kurz kommen werden.

China setzt wieder verstärkt auf AtomenergieBild: picture-alliance/dpa

Kohlevergasung - Erlösung vom Smog oder Holzweg?

Eine andere Alternative zu herkömmlicher Kohleenergie ist die Kohlevergasung. Diese schon seit Jahrzehnten bekannte Technologie will Peking stärker fördern und unter anderem zur Strom- und Gasversorgung der großen Städte einsetzen. Herkömmliche Kohlekraftwerke könnten dadurch teilweise ersetzt werden. Der Haken dabei: Diese energieintensive Technologie erzeugt insgesamt sogar mehr Kohlendioxid als eine normale Verbrennung der Kohle, sagt Li Shuo. Außerdem sei der Wasserverbrauch sehr hoch, was gerade in den trockenen Gebieten Zentralchinas und in Xinjiang, wo die Anlagen entstehen bzw. neue entstehen sollen, ein großes Problem ist.

Der Siemens-Konzern, der solche Anlagen nach China liefert und dort weitere plant, sagt zwar, dass dank modernster Technologie ihr Betrieb praktisch klimaneutral ablaufen könne. Bei den nach China gelieferten Anlagen würden diese Konzepte aber derzeit nicht umgesetzt, wie eine Siemens-Sprecherin gegenüber der DW einräumt.

Mit Innovationskraft

China probiert also viele Wege aus, um sich von der herkömmlichen Energieversorgung durch Kohle zu befreien. Aktuell besteht zwischen Deutschland und China eine "Innovationspartnerschaft". Mit Innovationskraft müsste es gelingen, dass die zukunftsweisenden Wege, nämlich Wind-, Wasser- und Sonnenenergie, die Oberhand gewinnen.

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