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Keine Angst vor Chinas Seidenstrasse

Mu Cui | Giulia Saudelli
25. April 2019

Italien ist das erste G7-Land, das sich offiziell an Chinas Seidenstraßen-Projekt beteiligt. Doch was sagen die Italiener selbst dazu? Cui Mu und Giulia Saudelli berichten aus der Kleinstadt Vado Ligure.

Italien Hafen in Vado Ligure
Bild: DW/G. Saudelli

Italien: Kein Bedenken wegen Geld aus China

02:23

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"Das ist definitiv keine schöne Aussicht vor meinem Fenster, aber es bringt Arbeitsplätze her, daher ein Plus!", sagt Marco Maietta auf dem Markt der norditalienischen Kleinstadt Vado Ligure. Weniger als 100 Meter entfernt davon liegt der Strand. Es ist Mitte April, niemand schwimmt hier im Ligurischen Meer oder liegt in der Sonne. Aus der Ferne dringt ein Geräusch herüber, es ist das Summen riesiger Krananlagen, die schnell hin und her fahren. Sie gehören zu einem Container-Terminal, der gerade gebaut wird.

Vittorio Boccalate ist sichtlich begeistert vom Fortschritt des Bauprojektes. Vor einem der blauen Portalkräne erklärt der Ingenieur, es sei überhaupt der erste halbautomatische Containerterminal in Italien. "Sobald es in Betrieb genommen wird, können all die Container automatisch von der Kranbrücke zum Lagerplatz oder umgekehrt transportiert und sortiert werden." Lediglich das Be- und Entladen von Schiffen, Zügen oder Lkw müssten noch manuell gesteuert werden, sagt er den DW-Reportern.

Brunnen im Zentrum der Kleinstadt Vado LigureBild: DW

Schon Ende des Jahres soll es losgehen

Wenn alles glatt läuft, soll das erste Containerschiff schon Ende des Jahres am neuen Terminal gelöscht werden. "Dass eine pünktliche Lieferung überhaupt möglich ist, verdanken wir unseren Lieferanten ZPMC aus Shanghai", sagt Boccalate. Es seien keine einzelnen Krananlagen, sondern ein ganzes zusammenspielendes System. "Diese chinesische Firma ist essentiell für unser Projekt."

Neue Krananlagen für den Containerhafen von Vado LigureBild: DW/G. Saudelli

Neben ZPMC gibt es weitere chinesische Unternehmen, die am Ausbau des Hafens beteiligt sind. So verwaltet Cosco Shipping gemeinsam mit APM, einem niederländischen Tochterunternehmen der dänischen Reederei Maersk, den Bau und Betrieb. APM-Manager Paolo Cornetto berichtet der DW, seine Firma habe schon vor der Investition von Cosco im Jahr 2016 erfolgreich mit dem chinesischen Konzerne zusammengearbeitet. Nach der vollen Inbetriebnahme solle Vado Ligure jährlich mehr als eine Million Container umschlagen und knapp 400 neue Arbeitsplätze haben.

"Wir haben keine Angst vor den Chinesen"

Für eine kleine Stadt mit 8000 Einwohnern ist das keine kleine Nummer. Vado Ligure, nur etwa 50 Kilometer entfernt vom Großhafen Genua, liegt eigentlich in einer traditionellen Industrieregion. Doch die vielen wirtschaftlich schlechten Jahre in Italien haben zahlreiche Jobs vernichtet. Deswegen, so Bürgermeisterin Monica Giuliano, brauche die Stadt dringend Investitionen, vor allem in den Hafen. "Das ist nicht nur das Tor zum Mittelmeer, sondern ein großes Tor für Fracht aus aller Welt."

Monica Giuliano, Bürgermeisterin von Vado LigureBild: DW

Die 46 Jahre alte Stadtchefin ist in Vado Ligure aufgewachsen und freut sich über die chinesische Beteiligung an der Entwicklung ihres Hafens. Ein "starker Partner" bringe neue Chancen und frisches Geld; und mithilfe von Verträgen und Gesetzen brauche man sich keine Sorgen zu machen um eine mögliche Schuldenfalle oder die Arbeitsbedingungen - die gängige Kritik an chinesischen Auslandsinvestitionen. "Wir haben keine Angst vor den Chinesen. Unser Wunsch ist, den Plan weiter umzusetzen."

Selbst lokale Gewerkschafter haben da keine Sorgen. Vielmehr mache man sich Gedanken darüber, wo schnellstmöglich neue Jobs herkommen können, erzählt Danilo Causa von der Gewerkschaft CISL. "Nein, absolut keine Angst vor China. Sie kommen her, sie legen ihr Geld hier an, sie verdienen hier Geld. Für uns sind neue Arbeitsplätze am wichtigsten. Und sie müssen auch das Arbeitsrecht hierzulande respektieren."

In einer schriftlichen Antwort auf eine DW-Anfrage betont auch Cosco: "Durch unsere Investitionen sollen Regionen bessere Entwicklungschancen erhalten. Es geht darum, dort die gesamte Industriekette voranzutreiben und mehr Arbeitsplätze zu schaffen: Somit wird eine Win-Win-Situation zwischen uns und der dortigen Gesellschaft möglich. Wir sind zuversichtlich, dass die chinesisch-italienische Zusammenarbeit in Rahmen des Projekts der 'Neuen Seidenstraße' immer größere Erfolge erzielen kann, und dass sie immer beliebter bei der italienischen Bevölkerung wird."

Im benachbarten Genua: Ein Container der Reederei Cosco vor der HafenbehördeBild: DW/M. Cui

Kritik aus Brüssel und Berlin

Als Chinas Staatschef Xi Jinping Ende März zu Besuch in Rom war, unterzeichnete Italien eine Absichtserklärung mit China. So ist das südeuropäische Land das erste G7-Mitglied, das sich der ehrgeizigen Seidenstraßen-Initiative anschließt. In dieser Woche fliegt Italiens Premierminister Giuseppe Conte nach Peking, um dort am sogenannten "Seidenstraßen-Gipfel" teilzunehmen.

In der EU sehen viele den italienischen Alleingang kritisch. Brüssel sorgt sich, dass Rom wirtschaftlich und politisch von China abhängig werden und damit die Souveränität Europas untergraben könnte, wie EU-Haushaltskommissar Günter Oettinger warnte. Bundesaußenminister Heiko Maas mahnte, ein kurzfristig lukrativer Deal könnte langfristig auch einen bitteren Nachgeschmack haben.

Doch in Italien scheint kaum jemand Sorge um eine gemeinsame Zukunft mit China zu haben. Gian Enzo Duci, Vorsitzender des Schifffahrtverbandes Federagenti, sagt im DW-Interview, italienische Reedereien sähen in chinesischen Investitionen ein großes Wachstumspotenzial. "China hat großes Interesse an den Regionen um Genua oder Trieste. Das bedeutet, wenn wir auch in unsere Bahnnetze richtig investieren können, dann sind unsere Häfen nicht nur ein Tor der Chinesen nach Norditalien, sondern auch nach Mitteleuropa wie der Schweiz oder nach Süddeutschland."

In Vado Ligure, wohin bereits seit Jahren chinesisches Geld fließt, könnte der im Ausbau befindliche Hafen ein positives Beispiel für italienische Seidenstraßen-Ambitionen werden. Die Menschen hier sind mehr als zuversichtlich, so wie Vilma Calvini: "Wir haben gar kein Problem mit den Chinesen. Mit ihrem Geld sind sie herzlich willkommen!"

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