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China auf Einkaufstour in Deutschland

Andreas Landwehr, dpa24. August 2012

Die Gelegenheit für finanzkräftige Investoren aus China ist günstig. Der Euro ist schwach, Unternehmen sind vergleichsweise billig. Das Interesse an "Made in Germany" ist groß - so wie jetzt beim Staplerhersteller Kion.

Ein Gabelstapler der zur Kion-Gruppe gehörenden Marke Still transportiert Reifen (undatiertes Firmen-Handout). Der chinesische Baumaschinenproduzent Shandong Heavy Industry hat sein Interesse an einem Einstieg beim Wiesbadener Gabelstaplerhersteller Kion bestätigt. Mit einem angeblichen Kaufpreis zwischen 700 und 800 Millionen Euro wäre es die bislang größte Investition aus China in Deutschland, wie das «Handelsblatt» und das «Manager Magazin» berichten (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Es könnte die bislang größte chinesische Investition in Deutschland werden. Am Hauptsitz der Shandong Heavy Industry Group in der Provinzhauptstadt Jinan in Ostchina ist Nervosität und Zurückhaltung zu spüren. Das Interesse an einem Einstieg beim deutschen Gabelstaplerhersteller Kion in Wiesbaden ist offensichtlich. Auch fehlt es nicht am Geld in den Kassen des großen chinesischen aumaschinenproduzenten, der mächtig vom Bauboom in China profitiert. Aber wo die Verhandlungen stehen, wollte in der Investitionsabteilung des Staatskonzerns am Freitag niemand sagen.

Die zuständigen Leute, die Details wüssten, seien eben "alle in Deutschland", sagte ein Mitarbeiter der Deutschen Presse-Agentur. Von einem möglichen Kaufpreis von 700 oder 800 Millionen Euro berichten das "Handelsblatt" und das "Manager Magazin". Verhandelt werde mit den Besitzern Kohlberg Kravis Roberts (KKR) und Goldman Sachs. Im Gespräch sei eine Kapitalerhöhung, die den Chinesen einen Anteil von 25 Prozent an dem Unternehmen sichern würde, das zu den weltweit führenden Herstellern von Stapelfahrzeugen gehört.

Made in Germanny gefragt

So wie Shandong Heavy Industry gehen immer mehr chinesische Großkonzerne auf Einkaufstour. Technologie "Made in Germany" ist in China gefragt. Der Wechselkurs des Euros fällt, der Yuan gewinnt an Kaufkraft. Da sinken die Kaufpreise - deutsche Unternehmen werden zum Schnäppchen. Die europäische Schuldenkrise hat den Börsenwert großer Unternehmen in der EU um viele Milliarden schrumpfen lassen. So hat Shandong Heavy Industry im Januar die Kontrolle über den weltgrößten Hersteller von Luxusjachten, die angeschlagene Ferretti-Gruppe in Italien, übernommen. Dahinter steckt die erklärte Strategie, den chinesischen Staatskonzern bis 2015 zu einem der 500 größten Unternehmen der Welt zu machen.

Die Bundesregierung heißt chinesische Investitionen in Deutschland "willkommen", wie Kanzlerin Angela Merkel immer wieder betont. Nächste Woche reist Merkel mit einer ranghohen Wirtschaftsdelegation zum zweiten Mal in diesem Jahr nach China. Zum ersten Mal überhaupt hat sie sogar einen Großteil ihres Kabinetts dabei - sieben Minister, darunter Wirtschaftsminister Philipp Rösler, Finanzminister Wolfgang Schäuble und Außenminister Guido Westerwelle.

Investitionen verdreifacht

Es ist ein weltweiter Trend: Die angekündigten Übernahmen und Beteiligungen durch chinesische Investoren im Ausland haben sich im ersten Halbjahr 2012 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 23,9 Milliarden US-Dollar verdreifacht, berichten die Unternehmensberater von PricewaterhouseCoopers (PwC). Begehrt sind Unternehmen im Energie- und Rohstoffsektor. In Deutschland rücken besonders auch Maschinenbauer oder Autozulieferer ins Visier.

Letztes Beispiel war im März die Übernahme der schwäbischen Traditionsmarke Putzmeister durch den chinesischen Baumaschinenriesen Sany. Der weltweit führende Betonpumpenspezialist wurde für 360 Millionen Euro verkauft. Soviel hatte bis dahin noch kein Investor aus China in Deutschland hingeblättert. Zuvor hatte der chinesische Computerhersteller Lenovo den Aldi-IT-Lieferanten Medion übernommen, um seinen Marktzugang in Europa auszubauen. Auch Autozulieferer wie Kiekert, Weltmarktführer für Schließsysteme, sowie KSM Castings, Preh, Sellner oder Saargummi sind inzwischen in chinesischen Händen.

Keine Übernahmewelle

Von einer Übernahmewelle wollen deutsche Wirtschaftsführer aber nicht reden. Chinesische Investitionen in Deutschland sind bislang auch eher gering. Aber Tendenz steigend. China ist längst nicht mehr "verlängerte Werkbank" der Welt, sondern sucht die Innovationskraft und das Know-How deutscher Unternehmen für den nächsten Schritt. Auch bewahren die Chinesen die Eigenständigkeit der Unternehmen, die sich wiederum auf die Finanzkraft der neuen Eigentümer stützen können.

Eine künftige Kooperation mit Shandong Heavy Industry könnte auch dem Gabelstaplerhersteller Kion auf dem Wachstumsmarkt in China neue Chancen öffnen. Bis 2015 will der chinesische Baumaschinenriese seinen Umsatz von etwa 120 Milliarden im vergangenen Jahr auf 200 Milliarden Yuan, umgerechnet 25 Milliarden Euro, steigern.

Andreas Landwehr, dpa