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Politik

Chinesische Corona-Bloggerin muss in Haft

28. Dezember 2020

Ihre Videos hatten in sozialen Netzwerken für Aufsehen gesorgt. Zhang Zhan stellte das Vorgehen der Behörden nach dem Auftreten von SARS-CoV-2 in Frage.

Polizisten behindern Kameraleute vor dem Gerichtsgebäude in Shanghai
Hand auf dem Objektiv: Polizisten behindern Kameraleute vor dem Gerichtsgebäude in ShanghaiBild: LEO RAMIREZ/AFP/Getty Images

Eine chinesische Journalistin, die über die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in der Millionenmetropole Wuhan berichtet hatte, ist zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Urteil gegen Zhang Zhan erging bei einem kurzen Gerichtstermin in Shanghai, wie einer ihrer Verteidiger mitteilte.

Die 37-Jährige wurde schuldig gesprochen, mit ihren Berichten "Streit geschürt und Unruhe gestiftet" zu haben. Die bekannte Bloggerin und frühere Rechtsanwältin hatte die Reaktion der Behörden auf SARS-CoV-2 kritisch beleuchtet. Im Mai wurde sie festgenommen, im Juni trat sie in einen Hungerstreik. Nach Angaben ihrer Anwälte ist ihr Gesundheitszustand "extrem schlecht".

Rigorose Abschottung

Das Coronavirus war Ende 2019 in Wuhan erstmals beim Menschen festgestellt worden. Innerhalb weniger Wochen verbreitete es sich massiv. Im Januar riegelten die Behörden zunächst die Millionenmetropole, später die gesamte Provinz Hubei ab. Inzwischen ist der Erreger in der ganzen Welt verbreitet.

In China konnte das Virus durch rigorose Abschottungs- und Quarantänemaßnahmen weitgehend zurückgedrängt werden. Die Führung des Landes rühmt ihren Kampf gegen das Virus seit Monaten als Erfolgsgeschichte. Kritische Stimmen werden zum Schweigen gebracht. Außer Zhang nahm die Polizei mindestens drei weitere Blogger fest, die die Ereignisse in Wuhan aufgegriffen hatten.

Ihre Videos wurden in sozialen Netzwerken vielfach geteilt: Zhang Zhan (Archivbild)Bild: YOUTUBE/AFP

Der Organisation Reporter ohne Grenzen zufolge gehört China zu den Ländern mit den meisten Journalisten und Bloggern im Gefängnis. In der Rangliste zur globalen Pressefreiheit liegt das Land auf einem der hintersten Plätze. Die politische Führung behindert auch ausländische Journalisten in ihrer Arbeit: Immer wieder werden Korrespondenten wegen kritischer Berichterstattung ausgewiesen.

Einhellige Kritik am Urteil

Die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet kritisierte die "Unterdrückung der Meinungsfreiheit" in China und forderte Zhangs Freilassung. Bachelet zeigte sich "sehr besorgt" über die Verurteilung Zhangs. Sie wies darauf hin, dass das UN-Menschenrechtskommissariat das ganze Jahr über mit der Führung in Peking über diesen Fall in Verbindung gestanden habe.

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler hat sich "schockiert über die Vielzahl von Urteilen gegen Rechtsanwälte, Journalisten und Oppositionelle in China in den vergangenen Tagen" geäußert. "Abermals zeigt sich, dass mit vagen Rechtsbegriffen Freiheitsrechte eingeschränkt werden sollen", sagte Kofler in Berlin. Sie appellierte an die chinesische Parteiführung, "die Menschenrechte ihrer Bürger und die relevanten völkerrechtlichen Verpflichtungen zu respektieren". Politisch Verfolgte und zu Unrecht verurteilte Personen müssten freigelassen werden.

Die Aufrechterhaltung des Urteils gegen den Bürgerrechtsanwalt Yu Wensheng wegen "Anstiftung zum Umsturz" sei ein schwerer Rückschlag für Rechtsstaatlichkeit in der Volksrepublik, so Kofler weiter. Auch stehe das chinesische Vorgehen gegen die Bloggerin, Journalistin und ehemalige Anwältin Zhang Zhan und weitere Bürgerjournalisten wie Chen Qiushi, Fang Bin und Li Zehua in eklatantem Gegensatz zur Transparenz, die China etwa im Zusammenhang mit der bevorstehenden Aufklärungsmission der Weltgesundheitsorganisation (WHO) versprochen habe.

DJV: willkürliches Urteil

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) bezeichnete das Urteil als "willkürliches Unrechtsurteil". "Zhang Zhan hat das gemacht, was Journalisten in aller Welt tun: recherchieren und kritisch berichten, was Sache ist", erklärte in Berlin der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.

Ihre Videos aus dem chinesischen Corona-Epizentrum hätten der Weltöffentlichkeit die Kehrseite der Pekinger Staatspropaganda gezeigt. Zudem forderte Überall von den chinesischen Behörden Aufklärung darüber, was mit den anderen festgesetzten Bloggern geschehen sei: "Für sie gilt das gleiche wie für Zhang Zhan: keine Haft, keine Verfolgung, keine Schikanen. Journalismus ist kein Verbrechen."

"Ihr 'Verbrechen' war die Flucht aus einer Tyrannei"

Unterdessen riefen die USA die Regierung in Peking auf, unverzüglich mehrere Menschen freizulassen, die nach einem Fluchtversuch inhaftiert worden sind. Deren sogenanntes Verbrechen habe darin bestanden, einer "Tyrannei" entfliehen zu wollen, erklärte die US-Botschaft in der Volksrepublik. Die zwölf Personen waren in chinesischen Gewässern festgenommen worden, nachdem sie versucht hatten, von der Sonderverwaltungszone Hongkong nach Taiwan zu gelangen.

jj/as/kle (dpa, afp, kna)

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