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Chinesische Investoren in Deutschland willkommen

Sabine Kinkartz16. Januar 2014

In Berlin ist die erste chinesische Handelskammer in Europa eröffnet worden. Sie soll chinesischen Firmen helfen, die in Deutschland investieren wollen. Zudem soll die Kammer für mehr Transparenz sorgen.

Eröffnung der chinesischen Handelskammer in Berlin mit Sigmar Gabriel (M.) (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Was haben der baden-württembergische Betonpumpenhersteller Putzmeister, der Automobilzulieferer Kiekert und der in Essen ansässige Computer-Hersteller Medion gemeinsam? Es sind deutsche Unternehmen, die entweder chinesische Eigentümer oder Co-Investoren haben. Putzmeister wurde 2012 vom chinesischen Baumaschinenhersteller Sany übernommen. Bei Medion hält der einstige chinesische Konkurrent Lenovo inzwischen fast 90 Prozent der Aktien.

An der Tagesordnung sind chinesische Großeinkäufe in Deutschland dennoch nicht. Die Direktinvestitionen belaufen sich nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums auf gerade einmal eine Milliarde Euro. Umgekehrt haben deutsche Unternehmen inzwischen 39 Milliarden Euro in China investiert. Ein Missverhältnis, das vielen nicht gefällt, auch nicht dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Kequiang. "China wird mehr gesunde und vertrauenswürdige Unternehmen zu Investitionen in Deutschland ermuntern", sagte er bei seinem Berlin-Besuch im Mai 2013 und kündigte die Gründung einer chinesischen Handelskammer (CHDK) in Deutschland an.

Eröffnungsfeier mit Minister

Mehr als 100 Unternehmen haben sich in den vergangenen Monaten bei der Kammer gemeldet. Es ist die erste chinesische Interessensvertretung dieser Art in ganz Europa.

Zu ihren Gründungsmitgliedern gehören mit Air China, dem Maschinenhersteller Autefa Solutions und dem Stahlriesen Baosteel große, auch in Deutschland tätige Konzerne. CHDK-Präsident Chen Fei sagte bei der Eröffnungsfeier, immer mehr chinesische Unternehmen entdeckten Deutschland als Standort. Viele hätten aber noch wenig Erfahrung im Ausland. Die Kammer werde ihnen dabei helfen, sich an die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen.

Pumpen von Putzmeister kamen in Fukushima zum EinsatzBild: picture-alliance/dpa

Deutschland sei für viele chinesische Unternehmen in Europa "ein wichtiger Brückenkopf", ergänzte Chinas Botschafter in Deutschland, Shi Mingde. Die deutsch-chinesische Wirtschaftszusammenarbeit sei schon lange "keine Einbahnstraße mehr, sondern eine Schnellstraße, die in beide Richtungen führt", sagte er mit Blick auf das wachsende chinesische Engagement auf dem deutschen Markt.

China wird für Deutschland immer wichtiger

China kann es sich leisten, im Ausland auf Einkaufstour zu gehen. Pekings Devisenreserven lagen Ende 2013 auf der Rekordhöhe von 2,79 Billionen Euro. Zudem ist die asiatische Supermacht mit einem Handelsvolumen von 145 Milliarden Euro bereits drittwichtigster Wirtschaftspartner Deutschlands, noch vor den USA.

Wie bewusst dies der Bundesregierung ist, machte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel bei der offiziellen Eröffnungsfeier der CHDK an diesem Donnerstag (16.01.2014) im Berliner "Haus der Wirtschaft" deutlich. Es sei sein erster öffentlicher Auftritt im neuen Amt, sagte er. "Besser geht es eigentlich nicht, als es gleich mit einem Thema zu verbinden, das für Deutschland aber auch für China so eine ungeheure Bedeutung hat."

"Chinesische Investoren, die hier Wachstum und Arbeitsplätze schaffen, sind in unserem Lande hochwillkommen", sagte der SPD-Vorsitzende. Gabriel sprach von einem "großartigen Schritt", um die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und China weiterzuentwickeln. "Die Gründung einer Handelskammer unternimmt ja nur, wer sich langfristig in attraktive Zukunftsperspektiven hineinbegeben will und eine gute Zusammenarbeit auf dem Markt erwartet."

China wird immer wichtiger: Bundeswirtschaftsminister Gabriel mit dem chinesischen Botschafter Shi MingdeBild: picture-alliance/dpa

Er versprach, das Bundeswirtschaftsministerium werde für die chinesischen, wie für jedes deutsche Unternehmen Ansprechpartner und Partner sein. "Wir wollen alles dafür tun, dass auch ihre Bedingungen hier am Standort Deutschland so gut wie möglich sind. Nutzen sie uns, als wären wir ihr Ministerium", sagte er an die anwesenden chinesischen Unternehmer und Geschäftsleute gewandt. Potenzial gebe es vor allem in Energie- und Umwelttechnik.

Vorurteile ausräumen

Jenseits aller Lobeshymnen und Glückwünsche ging Gabriel aber auch auf die in Deutschland durchaus vorhandene Skepsis gegenüber einem stärkeren Engagement aus Fernost ein. So befürchten Kritiker, dass asiatische Investoren unter anderem hiesige Arbeits- und Lohnstandards unterlaufen könnten. "Ich weiß, dass es natürlich auch in unserem Land nicht überall völlig ohne Sorgen zugeht, wenn man hört, dass chinesische Unternehmen investieren", so der Bundeswirtschaftminister.

Als Beispiel nannte er die aktuellen Pläne des chinesischen Energieriesen State Grid, der in Berlin den Betrieb des Stromnetzes übernehmen will. In der Hauptstadt läuft in diesem Jahr die Konzession des derzeitigen Netzbetreibers Vattenfall aus. Der geplante Kauf habe eine Diskussion ausgelöst, bei der man annehmen könne, die Sicherheit Deutschlands sei in Gefahr, so der Minister. "Ich bin mit sicher, die Sorgen existieren zu Unrecht."

Man müsse die Präsenz und das Engagement der Chinesen in der Öffentlichkeit wahrnehmbarer machen. Es sei oft nicht bekannt, dass chinesische Investoren Arbeitsplätze sichern würden.

Folklore durfte bei der Eröffnung der chinesischen Handelskammer nicht fehlenBild: picture-alliance/dpa

Mentalitätswechsel nötig

Martin Brudermüller, der China-Sprecher des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (APA), forderte in diesem Zusammenhang auch ein Umdenken bei den Chinesen. "Egal wo Unternehmen ursprünglich herkommen, sie übernehmen eine ganz besondere Verantwortung dafür, an ihren Standorten Wert für die Gesellschaft zu schaffen. Um Vertrauen aufbauen zu können, müssen sie für die Menschen vor Ort präsent und erfahrbar sein." Deutsche Unternehmen in China hätten das auch erkannt und würden sich mit ihren Töchtern vor Ort als verantwortungsvoller Teil der chinesischen Gesellschaft fühlen.

Ziele, Absichten und Pläne chinesischer Investoren in Deutschland seien hingegen leider oft noch wenig transparent, kritisierte Brudermüller. "Aus dieser Unkenntnis entstehen nicht selten Misstrauen, Ängste und Abgrenzungen gegenüber chinesischen Investitionen." Er sei froh, dass mit der Gründung der chinesischen Handelskammer nun das Signal gesetzt werde, sich deutlich aktiver an der öffentlichen Diskussion beteiligen und Ziele und Pläne offener kommunizieren zu wollen.

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