Die chinesische Raumstation Tiangong 1 trudelt unkontrolliert durchs Weltall. Nach Schätzungen von Experten wird sie voraussichtlich in wenigen Tagen auf die Erde stürzen. Wann und wo genau ist allerdings unbekannt.
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Es wurde lange darüber spekuliert, ob die Chinesen ihre 8,5 Tonnen schwere Raumstation Tiangong 1, zu deutsch "Himmelspalast", noch im Griff haben. 2016 beendete China das Rätselraten mit einer offiziellen Bestätigung: Wir haben die Kontrolle über Tiangong 1 tatsächlich verloren. Zwischen Oktober 2017 und April 2018 werde die Raumstation abstürzen, teilte die chinesische Raumfahrtagentur CNSA der UN in einer Stellungnahme kurz darauf mit. Jetzt steht fest: Der Absturz steht unmittelbar bevor. Experten der Europäischen Raumfahrtagentur ESA rechnen ab Karfreitag damit.
Ein Großteil der Tiangong 1 wird beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglühen. Je nach Bauart der Raumstation überstehen allerdings etwa 10 Prozent der Gesamtmasse den Fall durch die Atmosphäre. Im Falle Tiangong 1 heißt das: Trümmer von insgesamt etwa 850 Kilogramm Gewicht könnten vom Himmel fallen.
Wann genau die Trümmer aufschlagen werden, können Experten erst direkt vor dem Absturz bestimmen. "Drei bis vier Tage vorher können wir den genauen Tag eingrenzen, am Tag selbst dann im besten Fall den Zeitpunkt bis auf einige Stunden bestimmen", sagte Holger Krag von der Europäischen Raumfahrtagentur ESA am Mittwoch.
Auch wie groß die Einzelteile sein werden, lässt sich kaum vorhersagen. Die Raumfahrtagentur CNSA beobachte die Raumstation, um deren Wiedereintritt in die Atmosphäre möglichst genau vorhersagen zu können. Anschließend werde die Öffentlichkeit informiert. Dass Trümmerteile auf Deutschland, Österreich oder die Schweiz fallen, schließt die ESA aus.
Warum? Reine Spekulation!
Über die Gründe für den Kontrollverlust der 2011 in Betrieb genommenen Raumstation lässt sich nur spekulieren, woran sich das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) nicht beteiligen will. Was auf der Tiangong 1 passiert sei, darüber hätte man keine Informationen. Die Chinesen hätten sich beim International Astronautical Congress in Adelaide Ende September 2017 in Schweigen gehüllt.
Sicher ist, der Himmelspalast wird stetig langsamer und verlässt dabei seine eigentlich Umlaufbahn in Richtung Erde. Das alleine ist für Raumstationen nicht ungewöhnlich, sondern eher normal. Deswegen werden sie - zum Beispiel auch die ISS - regelmäßig beschleunigt und so zurück auf ihre Bahnen befördert.
Bei der Tiangong 1 ist das aber gar nicht mehr möglich. Sie sinkt - laut CNSA - durchschnittlich 160 Meter am Tag. Mittlerweile ist sie auf unter 250 Kilometer abgesackt. Auf dieser Höhe ist die Atmosphäre dichter, was die Zersetzung der Raumstation beschleunigt.
Eine Gefahr besteht durch die herabfallenden Trümmer laut Experten aber nicht. "Die Wahrscheinlichkeit von einem Trümmerteil verletzt zu werden, ist so hoch wie die Möglichkeit von einem Blitz zweimal in einem Jahr getroffen zu werden", sagte Krag.
Chinas ehrgeiziges Raumfahrtprogramm
China ist seiner eigenen Raumstation einen Schritt näher. Am Donnerstag ist das Raumlabor Tiangong-2 ins Weltall gestartet, das später als Modul für einen permanenten Außenposten im All genutzt werden soll.
Bild: picture alliance/ZUMA Press/J. Zhenhua
3, 2, 1…Tiangong-2 unterwegs ins Weltall
Pünktlich zum chinesischen Mondfest machte sich am Donnerstag das chinesische Raumlabor Tiangong-2 auf die Reise ins All. Dabei werden wichtige Systeme einer künftigen Raumstation wie Lebenserhaltung und Energieversorgung getestet. Das Labor ist circa 9 Meter lang und wiegt 13 Tonnen. Es hat zwei Module: ein Wohn- und Arbeitsmodul sowie ein Energiemodul mit Solarpanels.
Bild: picture alliance/dpa/A. Xin
Modernste Trägerrakete
Die Rakete vom Typ "Langer Marsch 2F" brachte den "Himmelspalast" von der Wüste Gobi in der nordwestchinesischen Provinz Gansu ins All. Das war der 12. Start der knapp 500 Tonnen schweren Trägerrakete. Vor knapp drei Jahren brachte sie bei der Mission "Shenzhou-10" erfolgreich drei chinesische Astronauten ins Weltall.
Bild: picture-alliance/Photoshot/Y. Zhiyuan
Ehrgeiziges Raumfahrtprogramm
Für Oktober ist eine weitere bemannte Mission (Shenzhou-11) mit zwei Astronauten geplant, die an das Raumlabor andocken und dort rund 30 Tage arbeiten sollen. Im April 2017 soll dann das erste Frachtschiff Tianzhou-1 folgen, um das Raumlabor wieder aufzutanken und Nachschub zu liefern.
Bild: Reuters
"Höher, mehr, länger"
Der Start vom Tiangong-2 habe enorme Symbolbedeutung, sagte Wu Ping von der chinesischen Raumfahrtbehörde. Der zweite Himmelspalast werde höher, mehr und länger arbeiten als sein Vorgängermodell.
Das Raumlabor Tiangong-2 dient der Vorbereitung für den Bau und Betrieb einer chinesischen Raumstation, die für 2022 geplant ist. Sollte die Internationale Raumstation (ISS, hier auf dem Foto) wie vorgesehen 2024 ihren Dienst einstellen, wäre China danach die einzige Nation mit einem permanenten Außenposten im All.
Bild: Reuters/NASA
Marsrover "Made in China"
Im letzten Monat hat China erstmals Bilder von Fahrzeugen veröffentlicht, mit denen es im Jahr 2020 den Mars erkunden will. Bisher existieren aber nur Computersimulationen, die einen sechsrädrigen Rover sowie ein dazugehöriges Landefahrzeug zeigen. Das ferngesteuerte Fahrzeug soll während einer dreimonatigen Mission im Jahr 2020 Bodenproben nehmen und nach Spuren von Wasser suchen.
Bild: SASTIND
Der Vorgänger
Das erste chinesische Raumlabor Tiangong-1 war im September 2011 gestartet. Es hatte seinen Betrieb im März eingestellt und soll 2017 in der Atmosphäre verglühen.
Bild: picture-alliance/dpa
Erste Andockmanöver an Tiangong-1
Drei Raumschiffe hatten an Tiangong-1 angedockt. 2011 konnte die unbemannte Mission Shenzhou-8 (Foto) mit einem Abstand von 11 Tagen zweimal an Tiangong-1 ankoppeln. Zuletzt hatten 2013 drei weitere Astronauten zwölf Tage im Raumlabor verbracht.