Erst im Stechen wird beim CHIO Aachen der Große Preis im Springreiten entschieden. Mit Simone Blum und Daniel Deußer sind zwei deutsche Reiter ganz nah am Sieg, doch letztendlich ist ein anderer um eine Winzigkeit vorn.
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"Das ist auf jeden Fall der beste Sieg von allen, da muss ich gar nicht lange nachdenken", sagte Kent Farrington, der strahlende Sieger des Großen Preises von Aachen, nach dem bislang größten Erfolg seiner zuvor schon beeindruckenden Karriere. Der 38-Jährige hat zahlreiche Große Preise gewonnen, erklärte nun aber dennoch: "Aachen ist das beste Turnier und setzt die Standards in unserem Sport. Hier sind die besten Reiter auf ihren besten Pferden. Der CHIO in Aachen ist eine der prestigeträchtigsten Veranstaltungen. In der Siegerliste findet sich die Weltelite des Reitsports wieder. Ich bin sehr stolz, ein Teil davon zu sein."
Gerade einmal 37 Hundertstelsekunden betrug am Ende im Stechen der Vorsprung des US-Amerikaners vor dem zweitplatzierten Deutschen Daniel Deußer. Auf dem dritten Rang landete der Brite Ben Maher, Vierte wurde Simone Blum aus Deutschland. Pech hatte der Belgier Jerome Guery, der im entscheidenden Durchgang sehr schnell unterwegs war, dessen Pferd dann aber bei einer engen Wendung fast ausrutschte und das anschließende Hindernis verweigerte. Er wurde nur Sechster. So war am Ende Farrington der glückliche aber verdiente Sieger. Neben der Ehre des Sieges, einem schönen Silberpokal und einer teuren Uhr vom Hauptsponsor nahm er außerdem ein Preisgeld von 330.000 Euro mit nach Hause.
Starke Blum, Ehning und Ahlmann patzen
Fünf Frauen und 35 Männer hatten sich während der CHIO-Woche für das Teilnehmerfeld der 40 besten Springreiter qualifiziert, die im Großen Preis reiten dürfen - darunter sieben deutsche Paare. Der erste Durchgang führte auf 585 Metern über 14 Hindernisse mit insgesamt 18 Sprüngen. Darragh Kenny aus Irland schaffte als zehnter Starter auf Babalou die erste Nullrunde. Der Schweizer Martin Fuchs auf Clooney, Kevin Staut aus Frankreich auf Urhelia, die US-Amerikaner Farrington auf Gazelle und McLain Ward auf HH Azur, Guery auf Quel Homme de Hus und Maher auf Explosion taten es ihm nach.
Auch zwei deutsche Teilnehmer blieben fehlerfrei: Weltmeisterin Simone Blum auf Alice und Deußer auf Scuderia 1918 Tobago Z, der als letzter Reiter des ersten Umlaufs die schnellste Zeit hinlegte. Vorjahressieger Marcus Ehning auf Funky Fred und Christian Ahlmann auf Clintrexo Z scheiterten wie schon am Donnerstag beim Nationenpreis erst am letzten Hindernis. Beide schieden damit aus, denn nur die 18 besten Reiter erreichten den zweiten Umlauf.
Der etwas kürzere Parcours führte nun über 540 Meter und zwölf Hindernisse mit 15 Sprüngen. Mit Sven Schlüsselburg auf Bud Spencer (zwei Fehlerpunkte) war neben Blum und Deußer ein drittes Paar aus Deutschland dabei. Der 37-Jährige blieb fehlerfrei und setzte sich vorübergehend in Führung. Am Ende belegte er einen guten achten Rang.
Guery schaffte als Erster auch im zweiten Umlauf eine Runde ohne Fehler. Auch bei Kenny, Ward, Farrington, Maher, Blum und Deußer blieben alle Stangen liegen, der Große Preis von Aachen musste im Stechen entschieden werden.
Im Entscheidungsdurchgang (395 Meter, acht Hindernisse, neun Sprünge) hatte dann Farrington die besten Nerven und das schnellste Pferd. Der US-Amerikaner blieb als erster Reiter ein drittes Mal ohne Fehler. Blum und Alice leisteten sich einen Abwurf. Nur Deußer, als letzter Reiter, hätte Farrington noch schlagen können. Der 37-Jährige schaffte zwar seine dritte Nullrunde, doch nachdem er in den Umläufen jeweils der Schnellste gewesen war, ritt er diesmal ein klein wenig zu langsam. Deußer war zwar knapp geschlagen, konnte sich aber mit stolzen 200.000 Euro Preisgeld trösten. Blum bekam als Vierte 100.000 Euro.
Erfolge für deutsche Reiterinnen
Der Große Preis in der Dressur ging wie schon in den beiden Jahren zuvor an Isabell Werth, die diesmal auf ihrer Stute Bella Rose ritt und den Traumwert von 90,450 erzielte. An ihrem 50. Geburtstag siegte Werth vor ihrer Teamkollegin Dorothee Schneider auf Showtime (89,660) und Jessica von Bredow-Werndl auf Dalera (87,595). Werth feierte insgesamt bereits den 13. Sieg beim Großen Dressurpreis von Aachen. Am Samstag war die Entscheidung im Nationenpreis ebenfalls zu Gunsten der Deutschen ausgefallen. Die Equipe mit Werth, Schneider, von Bredow-Werndl sowie Helen Langehanenberg auf Damsey gewann mit dem komfortablen Vorsprung von 32 Punkten vor der Equipe Dänemarks auf Platz zwei. Dritter wurde die US-Equipe. Es war der 38. Sieg im Nationenpreis für Deutschland seit er 1977 zum ersten Mal ausgetragen wurde.
In der Vielseitigkeit hatte sich ebenfalls am Samstag Ingrid Klimke auf Hale Bob vor ihrem Teamkollegen Michael Jung auf Chipmunk und dem Australier Christopher Burton durchgesetzt. Die deutsche Buschreiter-Equipe lag auch in der Teamwertung ganz vorne. Neuseeland und Australien belegten die Ränge zwei und drei.
Insgesamt gehen die deutschen Reiter also gut vorbereitet in die Europameisterschaften, die vom 19. bis zum 25. August in Rotterdam ausgetragen werden.
Berühmte Sieger des CHIO in Aachen
Alle Siegerinnen und Sieger im Großen Preis von Aachen haben im Springreiten Bedeutendes geschafft. Einige stechen heraus - wegen ihrer Persönlichkeit, der Vielzahl ihrer Erfolge oder der Art und Weise ihres Sieges.
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Hans Günter Winkler und Piero d'Inzeo
Hier reichen sich zwei Ausnahmereiter die Hände, die insgesamt sieben Siege beim Großen Preis von Aachen feiern dürfen: Hans Günter Winkler (l.) triumphiert dreimal (1954, 1957, 1969). Seinen zweiten Sieg erringt er auf dem Rücken der Wunderstute Halla. Der Italiener Piero D'Inzeo (r.) darf sogar viermal beim bedeutendsten Spring-Wettbewerb der Welt jubeln (1952, 1959, 1961, 1965).
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Nick Skelton
Der Einzige, der wie D'Inzeo vier Große Preise in Aachen gewinnen kann, ist der Brite Nick Skelton. Bemerkenswert: Nach seinen ersten drei Erfolgen (1982, 1987, 1988) dauert es 25 Jahre bis zum vierten Titel. Dazwischen liegt ein Sturz im Jahr 2001, bei dem sich Skelton einen doppelten Bruch des obersten Halswirbels zuzieht. Gegen den Rat der Ärzte setzt er seine Karriere fort.
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Fritz Thiedemann
Fritz Thiedemann ist neben Hans Günter Winkler Deutschlands bester Springreiter der Nachkriegszeit. Eng verbunden sind seine Erfolge mit seinem besten Pferd, Meteor, ursprünglich ein landwirtschaftliches Nutzpferd. 1955 triumphieren Thiedemann und Meteor gemeinsam beim Großen Preis. Mit anderen Pferden gelingen Thiedemann zwei weitere Erfolge in Aachen (1951 und 1953).
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Alwin Schockemöhle
Ebenfalls auf drei verschiedenen Pferden reitet Alwin Schockemöhle zu seinen drei Siegen in Aachen (1962, 1968 und 1969). Schockemöhle ist nach seiner aktiven Zeit als Trainer tätig, unter anderem als Equipe-Chef der deutschen Springreiter. Mit Thomas Frühmann, Gert Wiltfang und Franke Sloothaak entdeckt und fördert er drei Reiter, die später ebenfalls den Großen Preis in Aachen gewinnen können.
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Paul Schockemöhle
Alwin Schockemöhles jüngster Bruder Paul tritt 1974 in Aachen in dessen Fußstapfen. 1979 und 1984 folgen zwei weitere Titel beim Großen Preis. Den letzten Erfolg in Aachen feiert Paul Schockemöhle auf seinem Paradepferd Deister, wegen seiner vielen Erfolge auch "Der springende Geldschrank" genannt. Schockemöhle arbeitet heute erfolgreich als Züchter, Pferdehändler und Speditionsunternehmer.
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Nelson Pessoa
Neben seinen beeindruckenden sieben Siegen beim Deutschen Derby in Hamburg gewinnt Nelson Pessoa auch zweimal den Großen Preis von Aachen. Er ist 1964 der erste Südamerikaner, dem dies gelingt. 1972 folgt der zweite Triumph. 1994 macht es Nelson Pessoas Sohn Rodrigo seinem Vater nach und trägt sich ebenfalls in die Siegerliste des Großen Preises von Aachen ein.
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Ludger Beerbaum
Ludger Beerbaum, einer der erfolgreichsten deutschen Reiter, steht beim Großen Preis von Aachen dreimal ganz oben auf dem Siegertreppchen. Mit Goldfever gelingen ihm 2002 und 2003 zwei Siege in Folge. 1996 gewinnt er mit seinem besten Pferd, der Stute Ratina Z, die bis heute als eines der erfolgreichsten Springpferde aller Zeiten gilt.
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Jean-Claude Van Geenberghe
Jean-Claude Van Geenberghe hat in den 90er Jahren seine große Zeit. 1993 und 1995 ist der Belgier in Aachen der Beste. Später wechselt Van Geenberghe die Nation und startet für die Ukraine. 2009 verstirbt er mit nur 46 Jahren während eines Reit-Events in Donezk auf ungeklärte Weise. Er steigt mit Herzschmerzen vom Pferd, bekommt ein Schmerzmittel und Ruhe verordnet und ist kurze Zeit später tot.
Bild: picture-alliance/dpa/Sven Simon
Janne Friederike Meyer
Janne Friederike Meyer ist 2011 erst die fünfte Frau, der ein Erfolg beim Großen Preis von Aachen gelingt. Allerdings reitet kein Reiter und keine Reiterin so spektakulär zum Sieg wie die damals 30-Jährige: Schon über dem letzten Sprung reißt Meyer siegesgewiss die Arme hoch und landet freihändig. Ihr Wallach Cellagon Lambrasco trägt sie im Galopp zu ihrem größten Sieg über die Ziellinie.
Bild: picture-alliance/dpa/Eibner-Pressefoto
Scott Brash
Den Großen Preis von Aachen und den großen Jackpot einer Nobeluhren-Marke sichert sich Scott Brash beim CHIO 2015. Der Schotte setzt sich auf Hello Sanctos im Stechen mit knappem Vorsprung durch. Da er zuvor schon in Genf gewonnen hat, erhält er einen Bonus von 500.000 Euro. Später gewinnt er in Calgary auch die dritte Station des "Rolex Grand Slam" und ist um eine weitere Million Euro reicher.
Bild: Getty Images/Bongarts/Ch. Koepsel
Philipp Weishaupt
Mit ihm hat niemand gerechnet: 2016 düpiert Philipp Weishaupt die Konkurrenz, dabei ist er als 40. Reiter gerade noch in das Starterfeld beim Großen Preis hineingerutscht. Er muss als Erster starten, ist am Ende aber mit nur zwei Fehlern wegen Zeitüberschreitung der Beste. Doppeltes Glück für ihn, denn kurz vor dem Wettbewerb macht er seiner Verlobten einen Heiratsantrag, und sie sagt: "Ja!"
Bild: picture-alliance/dpa/U. Anspach
Marcus Ehning
"Es hat genau der Richtige gewonnen", mit diesem Satz kommentiert der für seinen trockenen Humor bekannte Marcus Ehning seinen Erfolg beim Großen Preis von Aachen 2018. Zuvor bei der Siegerehrung ist Ehning aber nicht ganz so cool. Schließlich ist es der zweite Titel für den 44-Jährigen, der 2006 auf der Stute Küchengirl schon einmal gewinnen konnte. 2023 gewinnt er auf Stargold ein drittes Mal.