Dracula-Darsteller Christopher Lee ist tot
11. Juni 2015
Meine Erinnerung ist unvollständig, und das ist gut so: Ich war nämlich gerade sechs geworden, da ging die Mutter zum abendlichen Treffen mit Freunden. Meine älteren Geschwister schalteten den Fernseher ein: heimliches Fernsehen zur Primetime! Im Film schlug es Mitternacht. Wie von Geisterhand hob sich der Sargdeckel. Graf Dracula entstieg der Gruft, deren dunkle Kühle und Feuchte mir bedrohlich unter den Schlafanzug krochen. Wie er den nachtschwarzen Umhang über seine Opfer schwang, seine spitzen Zähne blitzten und das - wie ich heute weiß - Theaterblut spritzte: All das hat sich tief in mein Bewusstsein eingebrannt. Noch heute macht mir das Gänsehaut.
Einmal Dracula, immer Bösewicht
Christopher Lee hat Dracula sein markantes Gesicht geliehen, jedenfalls in der Verfilmung des Bram Stoker-Romans. Es wurde ein Welterfolg, der dann an ihm kleben blieb, ein liebes langes Schauspielerleben lang. Da konnte der am 27. Mai 1922 in London geborene Lee in noch so viele Filmrollen schlüpfen, 300 waren es am Ende. Zuletzt spielte er den Zauberer Saruman in "Der Herr der Ringe" und "Der Hobbit" und den Bösewicht Count Dooku in einigen "Star Wars"-Episoden. Er feierte auch als Sänger Erfolge. Aber er war und blieb der bekannteste Vampir der Filmgeschichte - der mit dem unnachahmlich strengen Blick aus rollenden Augen.
Wie erst jetzt durch britische Zeitungen bekannt wurde, starb Christopher Lee schon am vergangenen Sonntag, dem 07.06.2015, in einem Londoner Krankenhaus. Der "Daily Telegraph" veröffentlichte sogar eine Kopie der Sterbeurkunde Lees. Was das jetzt wieder heißt? Als Untoten, soviel kann ich sagen, werde ich ihn nicht vermissen. Aber als Lebenden, der seine bekannteste Rolle perfekt verkörperte: Dracula, den Wanderer zwischen den Welten.