Chronologie: Corona in Deutschland
23. Juni 2021Dezember 2019 - Februar 2020: Das Virus breitet sich aus
Am 30. Dezember 2019 meldet China eine bislang unbekannte Lungenkrankheit an die Weltgesundheitsorganisation. Wenig später wird festgestellt: Auslöser ist ein neues Coronavirus - Covid-19. Aus der Befürchtung, dass die Welt vor einer Pandemie steht, wird bald Gewissheit.
Am 27. Januar 2020 ist es soweit: In einer Firma in Starnberg in Bayern mit engen Kontakten nach China wird ein Mitarbeiter positiv getestet. Das Virus breitet sich aus. Die Menschen hören auf, sich die Hand zu geben, sich zu umarmen. Sie bleiben zu Hause und meiden Kontakte. Neue Vokabeln bestimmen das Alltagsleben: Reproduktionszahl, Inzidenz und Quarantäne; Intensivbettenauslastung, Übersterblichkeit und die AHA-Regeln (Abstand, Hygiene, Alltagsmaske).
März - Mai 2020: Der erste Lockdown tritt in Kraft
Am 8. März 2020 stirbt der erste Deutsche an den Folgen von COVID-19. Zwei Tage später werden Infektionen in allen 16 Bundesländern festgestellt. Die Kreisstadt Heinsberg in Nordrhein-Westfalen wird nach einer Karnevalsfeier der erste große Corona-Hotspot in Deutschland. Die Bundesregierung spricht eine weltweite Reisewarnung aus und verbietet Bürgern aus Nicht-EU-Staaten die Einreise. Außenminister Heiko Maas kündigt eine "Luftbrücke" für im Ausland gestrandete Deutsche an.
Bundeskanzlerin Angela Merkel wendet sich am 18. März in einer Fernsehansprache an das Volk. Ihre Worte könnten kaum dramatischer sein: "Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst. Seit der Deutschen Einheit, nein, seit dem Zweiten Weltkrieg gab es keine Herausforderung an unser Land mehr, bei der es so sehr auf unser gemeinsames solidarisches Handeln ankommt."
Den dramatischen Worten folgen wenige Tage später drastische Maßnahmen, und die Menschen lernen eine neue Vokabel kennen: Lockdown. Dieser tritt am 22. März 2020 in Kraft und ist mit zahlreichen Einschränkungen im öffentlichen Leben verbunden. Restaurants und Kinos werden geschlossen, ebenso Schulen und Kitas. Urlaubsreisen werden abgesagt. Besuche in Alters- und Pflegeheimen sind verboten. Schwerkranke und sterbende Menschen dürfen nicht mehr von ihren Angehörigen versorgt werden. Viele Arbeitnehmer machen erste Erfahrungen mit dem Homeoffice.
Die Supermärkte bleiben immerhin geöffnet, für Kunden mit Masken. Die Bundesbürger mutieren zu einem Volk von Hamsterkäufern. Ausgerechnet Toilettenpapier wird zum Verkaufsrenner und daher bald knapp. Manche Produkte müssen rationiert werden, damit alle eine Chance haben, sie zu kaufen.
Die Wirtschaft steht fast komplett still. Bundesfinanzminister Scholz kündigt deshalb am 13. März ein umfassendes Corona-Hilfspaket an: "Das ist die Bazooka, mit der wir das Notwendige jetzt tun." Konkretisiert wird die Aussage wenige Tage später, als der Bundestag die Aufnahme neuer Kredite und Steuererleichterungen in Höhe von insgesamt 156 Milliarden Euro bewilligt. Die erste von mehreren Finanzspritzen.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erreicht vorübergehend Top-Zustimmungswerte. Ende April sagt er im Bundestag prophezeiend: "Wir werden in ein paar Monaten wahrscheinlich viel einander verzeihen müssen." Neue Helden werden geboren: die Supermarkt-Angestellten, Ärzte und Pfleger in den Krankenhäusern. Die Menschen in Deutschland stellen sich auf ihre Balkone und applaudieren diesen Helden jeden Abend in den ersten Pandemie-Monaten. Der Lockdown funktioniert und endet nach sieben Wochen am 4. Mai 2020.
Juni - August 2020: Ein Sommer trügerischer Sorglosigkeit
Die Infektionszahlen sinken weiter; die Deutschen fühlen sich gut aufgehoben bei ihrer Regierung. Das Ausland ist voll des Lobes, rühmt deutsche Effizienz und Klarheit. Tatsächlich ziehen fast alle Bürger mit bei den Einschränkungen. Die sind auch nicht so einschneidend wie etwa in Italien, in Spanien oder Frankreich. Einige wenige Menschen darf man noch treffen; der Bewegungsradius ist aber kaum eingeschränkt.
Anders als in anderen Ländern hält das Gesundheitssystem stand. Während Merkel bei der weiteren Entwicklung der Pandemie skeptisch bleibt, drängen manche Ministerpräsidenten der Bundesländer auf rasche Lockerungen. Das passiert auch Schritt für Schritt: Schulen öffnen, Restaurants unter Auflagen, die Wirtschaft läuft wieder an.
Am 16. Juni geht die Corona-Warn-App der Bundesregierung an den Start. Sie soll die Kontaktverfolgung von Infizierten ermöglichen und dadurch die Infektionsketten verkürzen. Unterdessen werden die Proteste gegen noch bestehende Corona-Beschränkungen immer heftiger. Die Gruppe "Querdenken" hält sie für eine nicht zumutbare Einschränkung der Freiheitsrechte.
Ende August löst die Polizei in Berlin eine Demonstration mit fast 40.000 Teilnehmern auf, weil die Hygieneauflagen missachtet werden. Die "Querdenker" sind dabei, aber auch extrem rechte Gruppen und sogenannte Reichsbürger. Einige versuchen, die Treppen des Reichstagsgebäudes zu besetzen. Die meisten Deutschen genießen unterdessen einfach den Sommer - wenn auch eingeschränkt mit Auflagen und Masken. Sie sonnen sich in dem trügerischen Gefühl, das Schlimmste überstanden zu haben.
September - November 2020: Zweite Corona-Welle rollt an
Doch zum Herbst baut sich die zweite Welle der Pandemie auf. Die Zahl der Neuinfektionen steigt wieder auf über 1000 täglich. Mitte September sind es schon 2000, am 8. Oktober 4000. Ende September warnt Angela Merkel, wenn nichts unternommen werde, habe Deutschland zu Weihnachten rund 20.000 Infektionen am Tag.
Tatsächlich wird dieser Wert weit früher erreicht. Am 02. November 2020 wird der sogenannte "Lockdown light" ausgerufen. Kontakte sind auf zwei Haushalte begrenzt, Gastronomie und Tourismusbranche müssen wieder schließen, wie im Frühjahr. Aber die Wirtschaft läuft weiter, vorerst bleiben auch die Schulen geöffnet. Der erhoffte "Wellenbrecher-Effekt" noch vor Weihnachten bleibt allerdings aus.
Dezember 2020 - Februar 2021: Hoffnung durch Start der Impfkampagne
Zum Jahreswechsel startet die Impfkampagne in Deutschland mit dem Impfstoff von BioNTech-Pfizer - zwei Wochen später als in Großbritannien. Die EU hatte sich bei der Zulassung des Impfstoffs Zeit gelassen. Aber das Impfen startet schleppend, die Logistik ist schwierig; die Produktion stockt. Deutschland gilt inzwischen schon lange nicht mehr als Erfolgsbeispiel bei der Virusbekämpfung. Längst ist von einer dritten Corona-Welle die Rede.
Am 06. Januar 2021 verkündet die Bundesregierung schließlich den nächsten harten Lockdown. Die Einschränkungen werden noch einmal verschärft und später mehrfach verlängert. Angela Merkel sagt in Berlin: "Diese Pandemie ist eine Jahrhundertkatastrophe im Sinne einer Naturkatastrophe. Die Pandemie wird mit Recht von allen als eine Zumutung empfunden."
März - Juni 2020: Angst vor Delta-Variante überschattet Lockdown-Erfolg
Der Lockdown zeigt Wirkung, die Zahl der Infektionen sinkt zum Sommer immer weiter. Die dritte Pandemie-Welle scheint gebrochen zu sein. Schrittweise werden die Beschränkungen aufgehoben.
Bis zum Herbst, so verspricht es die Regierung, sollen sich alle Deutschen impfen lassen können. Anfang Juni sind rund 50 Prozent der Deutschen mindestens einmal geimpft. Doch noch kann es keine Entwarnung geben. Das Robert-Koch-Institut als Nationale Gesundheitsbehörde weist darauf hin, dass sich die sogenannte Delta-Variante des Coronavirus, die zuerst in Indien festgestellt wurde, auch in Deutschland ausbreitet. Sie gilt nach Experten-Meinung als ansteckender als die bisherigen Virus-Mutationen.