Church of England beruft erste Frau an die Spitze
3. Oktober 2025
Die anglikanische Kirche in England hat erstmals eine Frau zu ihrem geistlichen Oberhaupt berufen. Zur neuen Erzbischöfin von Canterbury wird Sarah Mullally, wie die Kirche mitteilte. Mit ihrem Amtsantritt wird die 63-Jährige auch zur obersten geistlichen Autorität aller anglikanischen Kirchen weltweit - einer der größten protestantischen Gemeinschaften. Formales Oberhaupt der Church of England ist König Charles III., der der Berufung zuvor zugestimmt hatte.
Mullally folgt auf Justin Welby, der vor knapp einem Jahr wegen seiner Rolle bei der verschleppten Aufarbeitung eines Missbrauchsskandals den Rücktritt angekündigt hatte. Vorübergehend führte Stephen Cottrell, der scheidende Erzbischof von York, die Geschäfte - auch er sieht sich Rücktrittsforderungen im Zusammenhang mit einem weiteren historischen Missbrauchsfall gegenüber. Das Auswahlverfahren für Welbys Nachfolge zog sich über Monate hin.
Progressive Einstellung zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften
"Ich weiß, dass dies eine riesige Verantwortung ist, aber ich gehe ihr mit einem Gefühl des Friedens entgegen und vertraue auf Gott, dass er mich trägt, wie er es immer getan hat", erklärte Mullally in einer Mitteilung.
Sie ist nach 105 Männern die erste Inhaberin des Bischofsamts von Canterbury und soll im Januar offiziell mit einer feierlichen Zeremonie in das Amt eingeführt werden. Mullally gilt als progressiv bei Fragen der kirchlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, lehnt jedoch das von der Labour-Regierung geplante Gesetz zur aktiven Sterbehilfe ab, das derzeit im Parlament beraten wird.
Die gebürtige Londonerin ist verheiratet und hat zwei Kinder. Vor ihrem Eintritt in die Kirche arbeitete sie als Krankenschwester für Krebspatienten. 2018 wurde sie Bischöfin von London - das zweithöchste Amt innerhalb der anglikanischen Kirche.
Frauen machen ein Drittel der anglikanischen Geistlichen in England aus
Die Berufung Mullallys markiert einen historischen Wendepunkt. Genau ein Dritteljahrhundert nach der Öffnung des Priesteramts für Frauen erreicht erstmals eine Frau die Spitze der Kirche von England. Im November 1992 hatte die Generalsynode mit knapper Mehrheit die Zulassung beschlossen - ein Schritt, der damals beinahe zur Spaltung der Kirche führte. Viele Geistliche wanderten damals zum Katholizismus ab.
Heute gilt die Entscheidung als unumkehrbar: Inzwischen ist rund ein Drittel aller anglikanischen Geistlichen in England weiblich. Seit 2014 dürfen Frauen auch das Bischofsamt bekleiden.
pgr/haz (dpa, afp, kna)