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Gesellschaft

Zwei CIVIS-Preise für "Masel Tov Cocktail"

Helena Kaschel
2. Oktober 2020

Sechs Produktionen aus Film, Fernsehen, Radio und Internet sind in Köln mit dem europäischen CIVIS-Medienpreis für Integration und kulturelle Vielfalt prämiert worden. Ein Film über jüdische Identitätssuche stach heraus.

Deutschland Verleihung des CIVIS Medienpreises in Köln
Wegen der Corona-Pandemie fand die Preisvergabe in einem TV-Studio in Köln stattBild: Ben Knabe/WDR

Ein Fernsehstudio ohne großes Publikum, Würdigungen per Videobotschaft: Wie so vieles andere auch stand die Verleihung des europäischen CIVIS-Medienpreises für Integration und kulturelle Vielfalt in diesem Jahr unter besonderen Vorzeichen. Wegen der Corona-Pandemie wurden die einzelnen Auszeichnungen statt wie üblich im Rahmen einer Gala im Auswärtigen Amt in Berlin während einer neu konzipierten Fernsehsendung vergeben, deren Aufzeichnung live ins Netz gestreamt wurde.

Mit dem CIVIS-Medienpreis werden Radio-, TV- und Online-Beiträge ausgezeichnet, die das friedliche Zusammenleben in der europäischen Einwanderungsgesellschaft fördern. Hinzu kommt der CIVIS Kinopreis, ein Publikumspreis. Wie wichtig die Auszeichnung sei, hätten die vergangenen zwölf Monate bewiesen, sagte Moderatorin Aminata Belli - und verwies unter anderem auf die Anschläge von Hanau und Halle.

Preisverleihung in Pandemie-Zeiten: Aminata Belli führte durch die SendungBild: Ben Knabe/WDR

Ähnlich äußerten sich der ARD-Vorsitzende sowie die Intendanten und Generaldirektoren des Österreichischen Rundfunks, der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft, der Deutschen Welle, des Slowenischen Radios und Fernsehens und des Deutschlandradios in einem Grußwort. Rassismus, Antisemitismus und Extremismus seien "auch in Zeiten der Pandemie kein Problem unter anderen; sondern sie stellen die Grundlagen unseres Gemeinwesens auf die Probe. Aus dumpfer Abwehr des vermeintlich Fremden haben sich systematische Versuche entwickelt, die humane Verankerung der europäischen Gesellschaften zu kappen." Der Preis setze "ein starkes und publikumswirksames Zeichen gegen diese Entwicklung".

 "Leuchtturmprojekt gegen Antisemitismus"

Ein Preisträger stand bereits vor der Verleihung fest: Der junge Filmemacher Arkadij Khaet erhielt für "Masel Tov Cocktail" den Young C. Award. Die Jury lobte den an der Filmakademie Baden-Württemberg entstandenen Kurzfilm von SWR und Arte, der in Deutschland spielt und von der Identitätssuche des jüdischen Schülers Dmitrij handelt, als "außerordentlich gelungene Inszenierung". Der Film spiele gekonnt mit Klischees, entlarve Stereotype und sei im besten Sinne provokativ. "Wir wollten etwas schaffen, was ermächtigend ist und was Spaß macht", sagte Khaet.

Erhielt gleich zwei Auszeichnungen: Der Regisseur und Drehbuchautor Arkadij KhaetBild: Ben Knabe/WDR

Mit "Masel Tov Cocktail" beeindruckte er die Jury so sehr, dass sie die Produktion zusätzlich mit dem mit 15.000 Euro dotierten CIVIS Top Award auszeichnete. Der Film sei "ein im besten Sinne unbequemes Leuchtturmprojekt gegen Antisemitismus", lobte die Schauspielerin Iris Berben in ihrer Laudatio.

Europas dunkle Seite

Den CIVIS-Preis in der Kategorie Video/Information erhielt die Journalistin Anna Tillack für die Reportage "Die Bettler aus der Walachei". Die Koproduktion von Arte und BR begleitet Roma aus Rumänien, die in Deutschland betteln. In gerade einmal einer halben Stunde zeige sie, "wie groß der Unterschied zwischen Arm und Reich in der EU ist, welche verheerenden Folgen Diskriminierung hat und wie falsch Verallgemeinerungen sein können", sagte der Rapper MoTrip in seiner Laudatio.

In der Kategorie Video/Unterhaltung gewannen Christel Gonnard und Pauline Rocafull mit "Classe Unique" von France Télévisions und France 3, einem Drama, in dem der Bürgermeister eines französischen Dorfes einige Flüchtlingsfamilien aufnimmt - und damit die Dorfgemeinschaft spaltet.

Der Publikumspreis CIVIS Cinema Award, der einen in deutschen Kinos gelaufenen europäischen Film auszeichnet, ging an die Regisseurin Caroline Link und den Produzenten Jochen Laube für den bereits mehrfach ausgezeichneten Film "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl". Der auf dem gleichnamigen Roman von Judith Kerr basierende Film erzählt die Geschichte der Flucht einer jüdischen Familie vor den Nazis.

In der Kategorie Audio/Lange Programme machte "Der Tod des Soumayla Sacko" von Franziska Dorau das Rennen, ein Feature über den Fall eines Bauern aus Mali, der in Italien als Erntehelfer arbeitete und 2018 erschossen wurde. Die Jury beschrieb die Produktion als "ganz und gar fesselnde Geschichte über Sklaverei mitten in Europa".

Als beste Produktion in der Kategorie kurze Programme wertete sie "Zittau - mitten in Europa aber nicht mitten in der EU" (SRF) von Peter Voegeli - eine Radio-Reportage über die an Tschechien und Polen grenzende sächsische AfD-Hochburg Zittau.

"Echte Diskussion mit großem Erkenntnisgewinn"

Eine lobende Erwähnung erhielt der Moderator und Journalist Jaafar Abdul Karim für eine Ausgabe des DW-Formats JaafarTalk. In der Sendung diskutierten die Aktivistin Malak Awad und der AfD-Vorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus, Georg Pazderski über das Thema "Sind Flüchtlinge und Migranten in Deutschland integriert?". "Journalistisch hochprofessionell befragt der Moderator seine Gäste so hartnäckig wie nötig und so verbindlich wie möglich", begründete die Jury ihre Entscheidung. "Er schafft es auf diese Weise, eine echte Diskussion mit großem Erkenntnisgewinn in Gang zu setzen, die zugleich informativ und kurzweilig ist."

Freute sich über die lobende Erwähnung der CIVIS-Jury: DW-Moderator Jaafar Abdul KarimBild: Ben Knabe/WDR

Das JafaarTalk-Team freue sich sehr, "dass genau diese Episode ausgezeichnet wird, weil wir in unserer Sendung den Dialog unterstützen und Menschen zusammenbringen wollen, die normalerweise übereinander und nicht miteinander sprechen", sagte Abdul Karim im Vorfeld der Verleihung.

Für den diesjährigen Preis hatten sich nach CIVIS-Angaben mehr als 900 Programme aus 22 EU-Ländern und der Schweiz beworben. Die seit 1988 jährlich vergebene Auszeichnung, zu deren Medienpartnern die Deutsche Welle gehört, wird von der ARD - vertreten durch den WDR - gemeinsam mit der Freudenberg-Stiftung ausgeschrieben. Die Preise in den einzelnen Kategorien sind insgesamt mit mehr als 20.000 Euro dotiert. Am Sonntag, dem 4. Oktober, wird die Preisverleihung um 23:35 Uhr in der ARD/DasErste übertragen.

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