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Clash of Civilizations?

Peter Philipp6. September 2002

Mit den Terroranschlägen am 11. September schienen sich für viele die Prognose von Samuel P. Huntington vom "Kampf der Kulturen" zu erfüllen. Droht nun wirklich diese Auseinandersetzung?

Bild: AP

Der Harvard-Professor Huntington hatte zuerst 1993 in einem Artikel und dann 1996 in einem vielbeachteten Buch unter anderem vorausgesagt, dass es nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Ende der Ost-West-Konfrontation zu einem Zusammenprall des christlichen Abendlandes mit der Islamischen Welt kommen werde: "Clash of Civilizations". Was hätte diese These besser bestätigen können als der Terror von New York und Washington? Die Anschläge wurden nicht nur von den USA als Kriegserklärung radikaler Islamisten empfunden und von George W. Bush mit der Ankündigung eines "Kreuzzuges gegen den Terrorismus" erwidert.

Dem Rest der Welt hinterher

Dass dieser Eindruck entstand – und sich in gewissen Kreisen bis heute hartnäckig hält – hat sicher eine Reihe von Gründen. Wie keine andere Region leidet die islamische Welt unter Armut. Und das trotz ihres punktuell demonstrierten Erdöl-Reichtums. Die wirtschaftlichen und sozialen Probleme von Algerien über den Iran bis nach Indonesien sind immens und damit wächst die Zahl der Ansatzpunkte für Demagogie und Radikalismus. Verschärft wird die Situation auch vielfach durch geringe Informationsfreiheit und das niedrige Bildungsniveau der breiten Massen. So sehr man in der islamischen Welt auch in wenigen Jahrzehnten Fortschritte gemacht hat: Man hinkt dem Rest der Welt in vielen Fällen hinterher. So benutzen in der arabischen Welt bisher gerade einmal 0,6 Prozent der Bevölkerung das Internet, um nur ein Beispiel zu nennen. Und ein starkes Bevölkerungswachstum und zunehmende Arbeitslosigkeit vergrößern die Probleme von Tag zu Tag.

Feindbild USA

Zu einem Schuldigen für die Misere erklären Demagogen den Westen – und da besonders die USA. Ihre Argumentation: Der Westen unterdrücke die muslimische Welt bewusst und behandle sie anders als andere Regionen und Länder - so im Kosovo oder im Nahen Osten. Zumindest den USA wird eine einseitig pro-israelische Haltung nachgesagt. Daher sehen islamistisch beeinflusste Massen in Washington längst ihren Feind, obwohl sie sonst neidisch und fast sehnsüchtig nach dem "American way of life" schielen: Amerikanische Zigaretten, amerikanisches Fast-Food, Autos oder auch TV-Soaps sind auch in der islamischen Welt beliebt. Bisher zumindest, denn es bahnt sich ein Wandel an. So feiert jetzt zum Beispiel in Saudi-Arabien und in Bahrain das Getränk "Zamzam" große Erfolge – die iranische, also auch eine islamische Antwort auf Coca Cola.

Scharfmacher auf beiden Seiten


Zur Zeit der Kuwaitkrise hatte der irakische Staatschef Saddam Hussein versucht, sich als Retter der Palästinenser zu präsentieren. In ähnlicher Weise versuchte Osama Bin Laden als "Rächer der Entrechteten" gegen die USA aufzutreten. Damit erwarb er sich – wie einst Saddam - in weiten Kreisen der islamischen Welt Anerkennung und Bewunderung. Bin Laden nahm dabei billigend in Kauf, dass er das Bild vom vermeintlichen "Kampf der Kulturen" nur noch verschärfte.

Denn demonstrierende Moslems in Pakistan, in Gaza oder in Algier, die Bush-Puppen verbrannten und Osama Bin Laden feierten, halfen sicher nicht, im Westen ein realistischeres und erst recht nicht ein besseres Bild von der islamischen Welt zu vermitteln. Zwar wuchs die Bereitschaft, sich interessiert und verständnisvoll mit dieser islamischen Welt auseinander zu setzen. Die unwissende Mehrheit wurde aber durch Terrorismus, die Drohungen ihrer Hintermänner und durch demonstrierende Massen in ihren Vorurteilen gegen den Islam eher bestärkt. Und es fehlte natürlich auch im Westen nicht an Scharfmachern.


Vom "Kampf der Kulturen" aber ist man dennoch weit entfernt - vorausgesetzt, man lässt sich auf beiden Seiten nicht von den Demagogen und Scharfmachern verleiten und instrumentalisieren. Auf europäischer Ebene zumindest ist man damit bisher erfolgreicher als in den USA und sicher erfolgreicher als in den meisten Ländern der islamischen Welt.

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