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Politik

COP26: Den Worten sollen Taten folgen

6. November 2021

Zur Halbzeit der Klimakonferenz in Glasgow haben Demonstranten mit einem globalen Aktionstag den Druck auf die Delegierten erhöht. Rund um den Globus gingen zehntausende Menschen auf die Straße.

Schottland COP26 Demo Glasgow
Mehr Klimagerechtigkeit für Menschen in ärmeren Weltregionen fordern diese Aktivistinnen in GlasgowBild: Alberto Pezzali/AP Photo/picture alliance

Mit weltweiten Protestaktionen haben Demonstranten vor der zweiten Sitzungswoche den Druck auf die Teilnehmer der Weltklimakonferenz (COP26) verstärkt. Trotz strömenden Regens gingen allein am Tagungsort Glasgow tausende Menschen zu Protesten auf die Straße, um weitreichende Klimaschutzmaßnahmen zu fordern.

"Warme Worte sind nicht genug", sagte die schottische Aktivistin Mikaela Loach. Nötig seien "sofortige und ernsthafte Taten". In der zweiten Verhandlungswoche müssten ehrgeizigere Ziele vereinbart werden. Einige Jugendliche machten Unternehmen für die Klimakrise verantwortlich. Andere machten auf Ungerechtigkeiten und die teils prekäre Lage von Landwirten aufmerksam. Die Organisatoren sprachen von mehr als 100.000 Teilnehmern bei dem Protestmarsch in der schottischen Großstadt. Die Polizei teilte zunächst keine Schätzung mit.

Klimasorgen gepaart mit schottischem Nationalbewußtsein: Demo in GlasgowBild: Andrew Milligan/AP/picture alliance

Auch anderswo in der Welt kamen viele tausend Menschen zu Klimademos zusammen, unter anderem in Amsterdam und vielen britischen Städten. "Systemwandel, nicht Klimawandel!", stand auf einem großen Banner an der Spitze eines Protestmarsches in London. Ähnliche Botschaften fanden sich auch anderswo.

Überall riefen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zudem einen der bekanntesten Slogans der Klimabewegung: "Was wollen wir? Klimagerechtigkeit! Wann wollen wir sie? Jetzt!" Mehr als 300 Aktionen waren nach Angaben der Veranstalter für diesen Samstag rund um den Globus geplant.

"Die Ära der Ungerechtigkeit ist vorbei", schrieb die "COP26 Coalition", die ein Netzwerk verschiedener Organisationen und Kampagnen darstellt, auf Twitter. "Wir brauchen Klimaschutz, der für alle von uns funktioniert, nicht nur für die Leute mit dem meisten Geld in der Tasche."

Bereits am Freitag hatten Tausende Jugendliche zur Halbzeit der Konferenz von der Politik den Schutz ihrer Zukunft eingefordert. Aus ihrer Sicht sind die Fortschritte im Kampf gegen die Erderwärmung enttäuschend.

Mit einem Sit-in machten Aktivisten in Seoul auf die Erderwärmung aufmerksamBild: Yonhap/picture alliance

Bei der Weltklimakonferenz verhandeln Vertreter von 197 Nationen noch bis zum 12. November über die weitere Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015. Das Abkommen sieht die Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, idealerweise 1,5 Grad, im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter vor. Experten und die Vereinten Nationen warnen, dass die Erde derzeit auf eine Erwärmung von 2,7 Grad in diesem Jahrhundert zusteuert.

Im Vorfeld der Konferenz hatten zwar viele Staaten, darunter die USA und die EU, schärfere Klimaziele beschlossen. China als weltgrößter Emittent von Treibhausgasen ging aber über bisherige Zusagen nicht hinaus. Als Erfolg gilt aber, dass sich rund 100 Staaten auf eine Kürzung des Methan-Ausstoßes bis 2030 um 30 Prozent verständigt hatten. Methan ist noch deutlich klimaschädlicher als Kohlendioxid. Auch gab es eine Länder-Initiative zum Stopp der Entwaldung und zur Wiederaufforstung.

Die Gruppe Extinction Rebellion entschied sich in Brüssel auch für eine StraßenblockadeBild: Nicolas Maeterlinck/BELGA/dpa/picture alliance

Der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller kritisierte die bisherigen Verhandlungsergebnisse. "Die sich abzeichnenden Beschlüsse reichen nicht aus, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Auch die Unterstützungsangebote für die Entwicklungsländer, selbst wenn sie voll umgesetzt werden, sind absolut unzureichend.

Viele Staaten in Afrika, Asien und Südamerika spüren die Klimakrise bereits heute sehr stark - obwohl diese Länder mit ihren weitaus geringeren Emissionen deutlich weniger zum Klimawandel beigetragen. Aktivisten fordern deshalb, dass reichere Staaten entscheidend mehr für das Klima tun und zudem genügend Geld bereitstellen, damit ärmere Länder mit den Folgen des Klimawandels fertig werden können. 

Auf die klimaschädliche Verwendung fossiler Brennstoffe macht dieser verkleidete Demonstrant in Brasiliens Metropole Sao Paulo aufmerksamBild: Marcelo Chello/AP Photo/picture alliance

Bundesumweltministerin Svenja Schulze äußerte sich hingegen optimistischer. "So viel, wie sich in den letzten Jahren beim Thema Klimaschutz bewegt hat, können wir es schaffen, die 1,5 Grad in Reichweite zu halten", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Der Klimaforscher Michael Mann von der US-Universität Penn State warnte indes davor, die Konferenz vorzeitig abzuschreiben. "Die COP26 hat gerade erst begonnen", schrieb er auf Twitter. Wer die Weltklimakonferenz bereits jetzt für gescheitert erkläre, lasse die "Herzen der Manager der fossilen Brennstoffindustrie vor Freude hüpfen".

Die so genannte Klimagerechtigkeit ist auch den Demonstrierenden in Jakarta ein AnliegenBild: WILLY KURNIAWAN/REUTERS

Klimaexperte Johannes Cullmann, der als UN-Beobachter in Glasgow dabei ist, warnte vor überzogenen Erwartungen. Aufgabe der Klimakonferenz sei nicht, die Menschheit zu retten, sagte der Direktor für Klima und Wasser bei der Genfer Weltorganisation für Meteorologie. Man müsse die Debatte mit politischen Weichenstellungen, neuen Wirtschaftsformen sowie einer Bewusstseinsentwicklung verbinden. Notwendig sei eine kulturelle Wende, so Cullmann. Zur Rettung des Klimas gebe es keine Alternative.

uh/qu (afp, rtr, dpa, kna)

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