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Herr der Diebe

4. August 2010

Für viele ist sie eine Art Popstar: die Schriftstellerin Cornelia Funke. Ihre Bücher erscheinen in 37 Sprachen, in mehr als 40 Ländern. Den internationalen Durchbruch schaffte sie 2002 mit dem Buch "Herr der Diebe".

Ausschnitt aus dem Buchcover Cornelia Funke: Herr der Diebe
Ausschnitt aus dem BuchcoverBild: Cecilie Dressler Verlag

Die Geschichte beginnt im Büro des Detektivs Victor Getz in Venedig. Er bekommt den Auftrag zwei Kinder zu suchen: den zwölfjährigen Prosper und seinen fünf Jahre alten Bruder Bo. Die beiden waren abgehauen, um ihrer schrecklichen Tante zu entkommen. Ihr Flucht führt sie nach Venedig - eine Stadt, von der ihnen ihre gestorbene Mutter oft erzählt hat: ein magischer Ort, voller Wunder… Doch als die Kinder in Venedig ankommen, zeigt sich die Stadt von einer ganz anderen Seite.

Ein feuchter Wind strich ihnen entgegen, als sie die Stufen am Bahnhof hinabstiegen, Seite an Seite, in viel zu dünnen Sachen, mit nichts als einem Rucksack und einer kleinen Tasche. Prospers Taschengeld war schnell aufgebraucht, und schon nach der zweiten Nacht auf den feuchten Gassen begann Bo zu husten - so furchtbar, dass Prosper ihn an der Hand nahm und sich auf die Suche nach dem nächsten Polizisten machte. "Scusi", wollte er sagen, mit den paar Brocken Italienisch, die er damals konnte, "wir sind weggelaufen, aber mein Bruder ist krank. Würden Sie meine Tante anrufen, damit sie ihn abholt?"

Bild: Dressler

Doch bevor es so weit kommt, treffen Prosper und Bo auf eine Kinderbande, der sie sich anschließen. Sie kommen unter in einem verlassenen Kino, wo sie Geborgenheit und Freundschaft finden.

Der Anführer der Bande ist Scipio, der "Herr der Diebe". Er ist der Sohn eines reichen Venezianers, der sich nichts sehnlicher wünscht, als endlich erwachsen zu sein, weil er den Ansprüchen seines Vaters nicht gerecht werden kann. Er versorgt die Kinder, indem er wertvolle Schmuckstücke aus seinem Elternhaus entwendet, die die anderen dann auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Für sie ist Scipio ihr Held, von seiner Herkunft wissen sie nichts. Alles scheint gut - bis Victor Getz die Spur der Kinder aufnimmt und ein merkwürdiger Auftrag die Geschichte ins Phantastische dreht.

Zusage aus Hollywood

Funke & die Kinderbande: 2005 wurde 'Herr der Diebe' verfilmt.Bild: picture-alliance/KPA

Mit "Herr der Diebe" gelang Cornelia Funke 2002 der internationale Durchbruch. In dem Jahr erschien das Buch zum ersten Mal auf Englisch. Die Probeübersetzung hatte die Autorin selbst bei ihrem Cousin in Auftrag gegeben. Und das nicht nur mit Hinblick auf den Buchmarkt, sondern auch und vor allem aus einem sehr "sentimentalen" Grund, wie sie einmal in einem Interview sagte: "Ich bin ein Junkie des englischen Wortes. Ich liebe es auch, auf Englisch laut zu lesen. Und meine eigene Geschichte einmal auf Englisch zu hören, das wollte ich schon immer."

Inzwischen schreibt Cornelia Funke manchmal sogar auf Englisch. Vor einigen Jahren zog sie mit ihrer Familie nach Los Angeles in die USA, unter anderem um bei der Verfilmung ihrer Bücher mitzuwirken. Angekommen in Hollywood - viele Autoren können davon nur träumen. Und auch Cornelia Funke ist zufrieden mit ihrer Situation, denn was wünsche man sich mehr, sagt sie, als Geschichten zu erzählen, die in den verschiedensten Kulturkreisen funktionierten. Von der Resonanz in England und den USA war sie dennoch zunächst überrascht. "Der Enthusiasmus, dem ich da begegnet bin, der ist so unglaublich, dass es mich schon fast ein bisschen beschämt."

Weltweiter Erfolg

Doch nicht nur in England und Amerika, auch in Japan, Brasilien oder Russland sind die Bücher von Cornelia Funke beliebt. Der Roman "Herr der Diebe" wurde in 41 Sprachen übersetzt, weltweit verkaufte sich die Geschichte, die zum Ende hin immer phantastischer wird, mehr als drei Millionen Mal. Und das nicht nur an Kinder – sehr zur Freude der Autorin, die gern betont, dass sie "für alle" erzählt und den Anspruch hat, dass ihre Geschichten zeitlos sind. Sie thematisiert Probleme, "die alle Menschen schon immer bedrückt haben" – egal wo, egal wann.

In "Herr der Diebe" ist dieses Problem das Erwachsenwerden. Während die "Großen" davon träumen, wieder Kind zu sein, stellt auch der zwölfjährige Prosper sich vor, wie es wäre endlich erwachsen zu sein. Seine Tante könnte ihm dann nichts mehr anhaben. Trotzdem steigt er nicht auf das magische Karussell, um das sich die Geschichte letzten Endes dreht. Ein Ritt auf dem geflügelten Löwen hätte gereicht und aus dem Kind wäre in wenigen Minuten ein Erwachsener geworden. Und dann? Dann hätte er vielleicht irgendwann davon geträumt, wie es wäre wieder ein Kind zu sein...


Autorin: Petra Lambeck
Redaktion: Gabriela Schaaf


Cornelia Funke: Herr der Diebe. Cecilie Dressler Verlag. 391 Seiten. 17,90 Euro.

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