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Politik

Angela Merkel beschwört europäische Einheit

23. April 2020

In ihrer Regierungserklärung hat Bundeskanzlerin Merkel die Deutschen in der Corona-Krise gelobt - und zu weiterer Disziplin aufgefordert. Zugleich betonte sie, dass Europa die Pandemie nur gemeinsam besiegen kann.

Angela Merkel Rede an die Nation zur Corona-Krise Berlin Bundestag
Bild: Reuters/A. Schmidt

"Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft", betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrer Rede im Bundestag.Deutschland könne es nur gut gehen, wenn es auch den EU-Partnern gut gehe. Deshalb drängte sie auf den schnellen Einsatz der EU-Hilfen für die besonders vom Coronavirus betroffenen EU-Staaten. Sie hoffe, dass die Mittel für das schon beschlossene Hilfspaket mit einem Volumen von mehr als 500 Milliarden Euro bereits ab dem 1. Juni verfügbar seien.

Hinsichtlich etwaiger weiterer Hilfen fügte Merkel hinzu, dass die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem am Nachmittag beginnenden Gipfel sicher noch keine Entscheidung treffen würden. Deutschland werde sich aber solidarisch verhalten und befürworten, den EU-Haushalt deutlich zu erhöhen. Dabei könne sie sich vorstellen, die deutschen Beiträge für einen längeren Zeitraum "signifikant" zu erhöhen.

Merkel sprach auch von einem zweijährigen Konjunkturprogramm, um die Wirtschaft in der EU wieder anzukurbeln. Zugleich wies sie Forderungen nach Eurobonds, also Gemeinschaftsanleihen der Euro-Staaten, als nicht hilfreich zurück. Selbst wenn es dafür eine Bereitschaft geben sollte, würde es Jahre dauern, bis die gesetzlichen Bedingungen dafür geschaffen würden. Man müsse aber schnell handeln.

Damit trat Merkel wie zuvor Finanzminister Olaf Scholz (SPD) erneut Forderungen Italiens und anderer Staaten nach Eurobonds entgegen. Bei dem Gipfel werde es vor allem um die Größe des geplanten Wiederaufbau-Fonds gehen. Die strittige Finanzierung werde dann wohl erst später in einem zweiten Schritt geklärt. Laut Insidern ist vor allem die Frage offen, woher die Mittel für den Fonds kommen und wie sie dann ausgezahlt werden sollen.

Lockerung der Beschränkungen "zu forsch"

Kanzlerin Merkel betonte, die EU brauche zudem eine Debatte über ihre künftige Aufstellung. Wichtig sei die Beantwortung der Fragen, wo die EU mehr Kompetenzen und Fähigkeiten benötige. Dabei nannte sie die Bereiche Migration, Klima und Außenpolitik. Zudem befürwortete Merkel die Rückverlagerung von Produktionskapazitäten für medizinische Schutzausrüstung nach Europa. Es sei nicht gut, nur von einem Land abhängig zu sein, sagte sie in Anspielung auf China.

Zuvor hatte Merkel die deutsche Bevölkerung für die Disziplin und die Unterstützung gelobt, mit der sie die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie mitgetragen habe. Doch man sei weiterhin erst am Anfang der Krise, für eine Entwarnung sei es viel zu früh, betonte die Kanzlerin. Die Lockerung der Ausgangsbeschränkungen durch einige Bundesländer kritisierte sie als "zu forsch".

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian LindnerBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Lindner: Über "Gesundheit und Freiheit" sprechen 

Von der Opposition wurde sie dafür angegangen. FDP-Chef Christian Lindner sagte, die Zeit der "großen Einmütigkeit" zwischen Regierung und Opposition im Parlament sei nun vorbei. Die Liberalen hätten die Beschlüsse zum sogenannten Lockdown mitgetragen, das Land sei jetzt aber weiter. Es sei an der Zeit, darüber zu sprechen, wie "Gesundheit und Freiheit" besser miteinander zu vereinbaren seien.

Die Grünen verlangten von der Bundesregierung mehr Engagement, um die Voraussetzungen für weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen zu schaffen. Nötig seien eine App zur Nachverfolgung sozialer Kontakte, ausreichende Testkapazitäten und Schutzkleidung sowie eine bessere Ausstattung der Gesundheitsämter, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter. Zu den Diskussionen über eine mögliche Lockerung der Corona-Maßnahmen sagte er, diese müssten "selbstverständlich" geführt werden. Aber diese Debatte solle verantwortungsbewusst und maßvoll sein. "Denn wir sind bei weitem noch nicht so weit, dass wir sagen können, die Probleme sind auch nur ansatzweise gelöst." Es bestehe jederzeit die Gefahr, dass es zu einer weiteren, schlimmeren Corona-Welle komme.

mak/sti (dpa, afp, rtr)