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Deutliche Übersterblichkeit in Deutschland

9. Dezember 2021

In Deutschland sind in den zwölf Monaten nach Pandemie-Beginn über sieben Prozent mehr Menschen gestorben als davor. COVID-19 hat dabei laut Statistischem Bundesamt besonders alte Menschen schwer getroffen.

Weltspiegel 16.04.2021 | Corona | Deutschland Thüringen | SRH Waldklinikum, Intensivstation
Die Corona-Pandemie hat vor allem viele alte Menschen sterben lassenBild: Bodo Schackow/dpa/picture alliance

Übersterblichkeit: Ein furchtbares Wort. Ganz grob beschreibt der Begriff, wie viele Menschen mehr in einem Jahr in einem Land durch außergewöhnliche Umstände ihr Leben lassen. Und das ist dann auch die Hauptaussage der vorläufigen Bilanz des Statistischen Bundesamtes zur Corona-Krise: Die Pandemie hat auch in Deutschland zu einer messbaren Übersterblichkeit geführt. Und ein Ende ist nicht absehbar, wie der Vizepräsident des Wiesbadener Amtes, Christoph Unger, diesen Donnerstag erklärt: "Heute vor zwei Wochen hat das Robert-Koch-Institut die erschütternde Zahl von 100.000 an COVID-19 verstorbenen Menschen in Deutschland verkündet. Es ist viel zu früh für eine Bilanz." 

Sieben Prozent mehr Tote als vor der Pandemie

Aber einen Anstieg der Sterblichkeit kann man im bisherigen Verlauf der Pandemie durchaus verzeichnen. "In den ersten zwölf Monaten der Pandemie von März 2020 bis Februar 2021 war der Anstieg hoch", so Unger. "Es starben 7,5 Prozent oder fast 71.000 Menschen mehr als vor diesem Zeitraum. Und am höchsten lagen diese Sterbefall-Zahlen bislang im Dezember 2020 und im Januar 2021."

Christoph Unger vom Statistischen Bundesamt: "Im ersten Pandemie-Jahr starben über 70.000 Menschen mehr als zuvor"Bild: Uwe Anspach/dpa/picture alliance

Dem Zeitpunkt also der heftigen zweiten Welle der Pandemie, die den Menschen ein Weihnachten voller Kontakt-Beschränkungen bescherte.

Einfluss der Beschränkungen nicht messbar

Überraschend ist das Fazit, das Unger und seine Mitarbeiter über das Auf und Ab von Kontaktverboten, der Schließung von Bars, Kinos, Theatern und Restaurants ziehen: "Die erhöhten Sterbefallzahlen treten trotz der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie auf. Sie lassen nicht ermessen, was ohne oder mit milderen Maßnahmen passiert wäre." Wahrscheinlich, wenn auch nicht exakt zu beziffern, ist aber schon, dass die Fallzahlen ohne die Einschränkungen wesentlich höher gewesen wären. Dass etwa das Tragen von Masken und der Verzicht auf viele soziale Kontakte andere Infektionskrankheiten zurückdrängte, lässt sich sehr wohl beziffern. Unger: "Die Todesursachen-Statistik zeigt, dass die Maßnahmen offensichtlich zu deutlich weniger Todesfällen aufgrund anderer infektiöser Atemwegserkrankungen führten. So starben 2020 rund 3800 Menschen weniger an Seuchenerkrankungen als im Mittel der Jahre 2016 bis 2019." Die alljährliche Grippewelle etwa fiel zum Jahreswechsel 2020 und 2021 so gut wie aus. 

Weit weniger Operationen und Krankenhausaufenthalte

Viel ist in Deutschland und auch in anderen Ländern immer wieder die Rede von der hohen Auslastung der Krankenhäuser, vor allem der Intensivstationen, durch COVID-19-Erkrankte. In der gegenwärtigen heftigen vierten Welle erschrecken bereits Bilder von Transporten schwer Erkrankter per Flugzeug in andere, weniger betroffene Regionen. 

Überlastung der Krankenhäuser wegen Corona: Patienten-Verlegung von München nach Hamburg durch die Bundeswehr.Bild: Peter Kneffel/picture alliance/dpa

Tatsächlich lässt sich die Belastung der Kliniken auch in der Statistik messen: 2020 gab es in Deutschland fast 2,5 Millionen oder rund 13 Prozent weniger Behandlungen im Krankenhaus. So niedrig war diese Zahl zuletzt 2006. Und die Zahl der Operationen sank 2020 sogar um fast zehn Prozent. 

COVID-19: Erkrankung trifft überwiegend alte Menschen

Die Zahlen der Statistik-Behörde untermauern auch die These, dass vor allem ältere Menschen mit Vorerkrankungen schwer von der Pandemie getroffen werden und auch sterben. 70 Prozent der COVID-19-Toten waren 2020 älter als 80 Jahre. Und die meisten von ihnen hatten die typischen Vorerkrankungen dieser Altersgruppe wie Herzleiden, Demenz, Nierenkrankheiten oder Diabetes. Erlagen sie vor der Pandemie Lungenentzündungen oder anderen Infektionen, ist nun häufig das Corona-Virus die Todesursache. 

Kein Anstieg der Selbstmordrate

Dass die Pandemie und ihre Beschränkungen zu vielen psychischen Leiden führen, zu Einsamkeit, Angststörungen, Depressionen und damit einhergehenden schweren Erkrankungen, wird immer wieder von vielen Experten betont.

Mit Depressionen durch Corona

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Überraschend ist hier ein weiterer Befund des Statistischen Bundesamtes, wie Karin Böhm sagt, Leiterin der Abteilung Gesundheit und Soziales in Wiesbaden: "2020 beendeten 9206 Menschen in Deutschland ihr Leben durch einen Suizid. Das ist der zweit-niedrigste Wert seit 1980. Noch niedriger war der Wert bislang nur 2019 mit 9041 Fällen." 

"Deutschland ist mild durch die Pandemie gekommen"

Und trotz aller Dramatik der gegenwärtigen Corona-Entwicklung in Deutschland zieht Felix zur Nieden von der Statistik-Behörde noch ein halbwegs versöhnliches bisheriges Fazit für das Land: "Im internationalen Vergleich kann man schon sagen, dass Deutschland vergleichsweise mild betroffen war von dieser Pandemie. In anderen Ländern waren die Auswirkungen wesentlich deutlicher."

In vielen westeuropäischen Ländern habe man einen Einbruch in der Lebenserwartung im Jahre 2020 gesehen, der seit dem Zweiten Weltkrieg so nicht zu beobachten gewesen sei. In Deutschland sehe man zwar auch Effekte, aber sie seien lange nicht so deutlich gewesen wie in vielen anderen Ländern." So liegen die absoluten Todeszahlen durch das Virus etwa in Großbritannien mit rund 146.000 Fällen und in Italien mit fast 144.000 Fällen deutlich höher als in Deutschland, das aber mehr Einwohner hat als diese beiden Länder. 

 

Die Deutsche Welle berichtet zurückhaltend über das Thema Suizid, da es Hinweise darauf gibt, dass manche Formen der Berichterstattung zu Nachahmungsreaktionen führen können. Sollten Sie selbst Selbstmordgedanken hegen oder in einer emotionalen Notlage stecken, zögern Sie nicht, Hilfe zu suchen. Wo es Hilfe in Ihrem Land gibt, finden Sie unter der Website https://www.befrienders.org/  . In Deutschland hilft Ihnen die Telefonseelsorge unter den kostenfreien Nummern 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222.

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