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Politik

Corona-Expertenrat macht sich Sorgen

23. Januar 2022

Wie reagieren auf steigende Corona-Infektionszahlen? Während der Expertenrat der Bundesregierung über verschärfte Gegenmaßnahmen nachdenkt, fordert der Deutsche Städte- und Gemeindebund schon eine "Exitstrategie".

Coronavirus Expertenrat der Bundesregierung und Gesundheitsminister Lauterbach
Videokonferenz des Expertenrates mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach (Archiv)Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Wenn infolge eines weiteren Anstiegs der Inzidenzen in Deutschland eine zu hohe Hospitalisierungsrate erreicht werde, könnten weitergehende Maßnahmen zur Infektionskontrolle künftig notwendig werden, schreibt der Corona-Expertenrat in einer einstimmig verabschiedeten Stellungnahme, die von der Bundesregierung veröffentlicht wurde. Diese Maßnahmen "sollten daher jetzt so vorbereitet werden, dass sie ohne Verzögerung umgesetzt werden können". Zudem fordern die 19 Ratsmitglieder unter Verweis auf das "hochdynamische Infektionsgeschehen" eine "strikte Umsetzung der bisherigen Maßnahmen".

Durch bestehende Kontaktreduktionen und das besonnene Verhalten der Bürger sei der international beobachtete steile Anstieg der Infektionszahlen in Deutschland zunächst verlangsamt worden, glauben die Fachleute. Der Expertenrat erwartet dennoch, in der Spitze könnten auch hierzulande Sieben-Tages-Inzidenzen "von mehreren Tausend regional erreicht werden". Das Ausmaß der Klinikbelastung werde entscheidend von den Inzidenzen bei ungeimpften Erwachsenen und den über 50-Jährigen abhängen. Noch seien diese vergleichsweise niedrig, es seien aber Infektionen in die Gruppe der Älteren getragen worden.

"Gefährdung der medizinischen Versorgung"

Durch die Ausbreitung der Omikron-Virusvariante sei mit "sehr vielen" neuen Corona-Patienten in den Krankenhäusern zu rechnen, so die Einschätzung des Expertenrates. Zusammen mit dem Ausfall infizierten Personals werde es zumindest regional zu einer Einschränkung der Gesundheitsversorgung kommen, heißt es in einer Passage, die mit "Gefährdung der medizinischen Versorgung" überschrieben ist. Härtere Corona-Maßnahmen waren bisher stets mit der Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems begründet worden.

Der Expertenrat befürchtet, dass viele leere Krankenhausbetten bald wieder belegt sein könntenBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Die Hospitalisierungsrate in Deutschland hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) zuletzt auf 3,77 beziffert. Auf dem Höhepunkt der zweiten Pandemiewelle lag der Wert über 15. Er gibt an, wie viele Menschen pro 100.000 Einwohner in einer Woche mit einer Corona-Infektion ins Krankenhaus gebracht werden. Die Zahl der binnen eines Tages registrierten Neuinfektionen wurde vom RKI am Sonntagmorgen mit gut 85.000 angegeben (Inzidenz 806,8 / Vortag: 772,7 / Vorwoche: 515,7). Omikron gilt zwar als hochansteckend, führt im Schnitt zu weniger dramatischen Krankheitsverläufen.

"Licht am Ende des Tunnels"

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert derweil von Bund und Ländern, einen Corona-Lockerungsplan nach Stufen zu entwickeln. Es müsse "bereits jetzt eine Exitstrategie vorbereitet werden", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "In den Nachbarländern können wir verfolgen, dass die Pandemie irgendwann ihren Höhepunkt erreicht haben wird und dann die Zahlen drastisch und schnell wieder sinken."

Gerd Landsberg möchte einen Stufenplan für eine Lockerung der Corona-MaßnahmenBild: Felix Zahn/photothek/picture alliance

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach schätze, dass dieser Punkt in Deutschland etwa Mitte Februar erreicht sein werde, so Landsberg weiter. "Deshalb wäre es klug, bereits jetzt festzulegen, wann welche Beschränkungen in welcher Reihenfolge unter welchen Voraussetzungen zurückgefahren werden können. Das wäre zugleich ein wichtiges Hoffnungssignal an die Bevölkerung, dass es Licht am Ende des Tunnels gibt."

Der Handelsverband Deutschland (HDE) appellierte an Lauterbach, die 2G-Zugangsbeschränkungen für den Einzelhandel abzuschaffen. Es sei an der Zeit, die Regel bundesweit auf den Prüfstand zu stellen, betonte HDE-Präsident Josef Sanktjohanser in einem Brief an den Minister. Die Infektionszahlen aus Schleswig-Holstein, wo 2G gilt, und Niedersachsen, wo 2G aufgehoben ist, belegten, dass es "keine erkennbaren Auswirkungen" auf das Infektionsgeschehen gebe. Die Auswirkungen von 2G auf die betroffenen Geschäfte seien dagegen groß, klagte Sanktjohanser. Der Nicht-Lebensmittel-Handel leide unter Umsatzrückgängen von bis zu 30 Prozent. "Es geht um das Überleben tausender Geschäfte."

wa/ack (afp, rtr, dpa)

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